Themen: Jahrelange Straßensperrungen für U5 +++ Baustelle bringt Radfahrer in Gefahr +++ Letztes Urteil gegen die NS-Täter?
Des Senators Tunnelmanie
Der öffentliche Nahverkehr soll unter die Erde verbannt werden, damit oben die Autos freie Fahrt haben. Aber der Mensch ist nun mal keine Rohrpost. Es ist mehr als fraglich, ob er für einen vielleicht um Minuten schnelleren Transport von A nach B erst einmal bis zu 35 Meter in die Tiefe klettert, um dann in einem Tunnel zwei oder drei Kilometer weit zu fahren, um am Ende wieder beschwerlich – gerade für ältere Passagiere – an die Erdoberfläche zu gelangen über häufig nicht funktionierende Rolltreppen und Aufzüge. Eine Straßenbahn mit barrierefreiem, ebenerdigem Einstieg ist da deutlich komfortabler, und man kann aus dem Fenster sehen. Aber das darf in Hamburg nicht gesagt werden. Die Tunnelmanie des Verkehrssenators geht leider noch weiter. Er ist ein eifriger Befürworter des Projekts „Verbindungsbahnentlastungstunnel (VET)“, das die S-Bahn von Langenfelde an bis östlich des Hauptbahnhofs in einen sehr tiefen Tunnel verbannen will. Auch dort sind riesige offene Baugruben mit bis zu 50 Tiefe für die Stationen erforderlich. Dieser VET soll mehr oder minder zeitgleich mit der U5 realisiert werden. Damit wäre die Innenstadt, insbesondere das gesamte Gebiet um den Hauptbahnhof für mehr als zehn Jahre eine einzige Baugrube, der Hachmannplatz abgesperrt und der Hauptbahnhof nur von einer Seite her zugänglich. Nicht nur die Fußgänger und Radfahrer, sondern ganz besonders der Autoverkehr wird unter diesen riesigen Baugruben leiden. Das betrifft besonders die Pendler und den Wirtschaftsverkehr. Die Behinderungen werden so massiv sein, dass nicht nur die Handelskammer von einer massiven Gefährdung des Wirtschaftsstandorts Hamburg redet. Und das für Projekte, deren Finanzierung angesichts der gegenwärtigen Haushaltslage alles andere als gesichert sind.
Jutta Wallmann
50 Jahre zu spät
Die ständigen „Wasserstandsmeldungen“ zum Bau der U5 machen das Projekt nicht besser. Die U5 kommt 50 Jahre zu spät, ist verkehrlich keine optimale Lösung und viel zu teuer. Für 15 bis 20 Milliarden Euro könnte man z. B. in ganz Deutschland mehr als 1000 Kilometer Straßenbahnen aus oder neu bauen, in Hamburg würden auf jeden Fall mehr als 25 Kilometer Schiene möglich sein. Die einseitige Fixierung auf ein über 100 Jahre altes U-Bahn-System mit nicht optimalen Parametern (z. B. Kleinprofil) ist eben nicht alternativlos. Der Begriff „Schnellbahn“ übrigens, für die S-Bahn zutreffend, ist bei der U-Bahn eher ein Marketing-Gag. Die Erreichbarkeit (Treppen/Lifte/Tunnel) ist insbesondere für Menschen mit eingeschränkter Mobilität oft beschwerlich und umständlich, insbesondere wenn man längere Wege zurücklegen oder auch noch mit dem Bus zur nächsten U-Bahn-Haltestelle fahren muss. Die sogenannte Gesamtreisezeit von A nach B ist bei Bus/U-Bahn eben nicht kürzer als z. B. mit direkten Straßenbahnverbindungen, was man übrigens in alten Hamburger Fahrplänen nachlesen kann.
Jens Ode, Pro Stadtbahn Hamburg
Finde den Fehler
Der Bürgermeister und sein Vorgänger wollten keine Straßenbahn, weil das jahrelange Baustellen und Verkehrsbehinderungen bedeutet hätte, so deren Aussage. Finde den Fehler.
Andreas Kaluzny
Absurdes Urteil
Die Härte, die der Bundesgerichtshof nun auf den letzten Metern der strafrichterlichen Befassung mit dem NS-Unrecht zeigt, ist meines Erachtens verfehlt. Die Grenzen verschwimmen. Was ist z. B. mit den Reichsbahnern, die die Züge voller Menschen in die Lager brachten und die Züge ohne Menschen von dort weg? Was ist z. B. mit den Landwirten aus der Region, die die SS-Wachmannschaften mit den notwendigen Lebensmitteln versorgten? Alles Kriminelle? Und ein Gesetz, das im Falle einer Verurteilung die Richter zwingt, gegen einen alten Menschen Jugendstrafe zu verhängen, halte ich, mit Verlaub, schlicht für absurd.
Martin Weise
Auf den Punkt gebracht
Endlich einmal ein Minister, der die Dinge auf den Punkt bringt, der nicht herumlaviert. Klimawandel ist jetzt, und leider gehört dem Klimawandel die Zukunft. Und wer nicht kann deichen, muss weichen. So hieß das schon immer an der Nordseeküste.
Helgo Klatt
Ein Mysterium
Herr Goldschmidt zeigt in diesem Interview wieder das Schreckensszenario grüner Klimapolitik. Wir können nicht mehr alle Küsten schützen, weil dies dem Steuerzahler nicht zuzumuten wäre. Deshalb will er den Küstenschutz neu denken. Da das Geld vom Bund nicht reicht, muss die Schuldenbremse reformiert werden. Hier gäbe es auch andere Möglichkeiten. Das GEG seines Parteifreundes und Ministerkollegen Robert Habeck spart bis 2030 ca. 54 Millionen Tonnen CO₂ ein (das ist die CO₂-Menge, die China an ca. zwei Tagen emittiert) und kostet den Bürger bis 2030 ca. 19 Milliarden Euro. Es handelt sich also um eine sehr teure und vollkommen ineffektive Maßnahme für den Klimaschutz. Bei einem durchschnittlichen Förderanteil von zehn Prozent wären dies 1, 9 Milliarden zusätzlich für den Küstenschutz, wenn Herr Goldschmidt seinen Parteifreund Habeck von dessen unsinniger Gesetzesmaßnahme abbringen würde. Die Schuldenbremse müsste dann nicht angetastet werden, denn dafür, dass die Steuermittel effizient und effektiv verwendet werden, ist sie da. Verantwortlich für den steigenden Meeresspiegel macht Herr Goldschmidt außerdem Verkehrsminister Wissing, weil der noch kein Tempolimit auf deutschen Autobahnen erlassen hat. Seriös hört sich das alles nicht an, denn CO₂ ist ein weltweites Problem, ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen würde bestenfalls 5,4 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr einsparen, China hat im Jahr 2022 11,4 Milliarden Tonnen CO₂ emittiert, es ist kaum anzunehmen, dass ein Tempolimit, das dem CO₂-Ausstoß Chinas von ca. sechs Stunden entspricht, irgendeinen Einfluss auf den Wasserstand der Ostsee hat. Herr Goldschmidt gibt die Erhöhung des Meeresspiegels der Ostsee mit ca. 20 cm an. Was er verschweigt, ist, dass diese Erhöhung innerhalb der letzten 100 Jahre stattfand. (Siehe Institut für Küstenschutz, Helmholtz-Zentrum, Klimawandel in Deutschland.) Woher Herr Goldschmidt die 80 cm Erhöhung des mittleren Wasserstandes der Ostsee bis zum Ende dieses Jahrhunderts hernimmt, wird sein Mysterium bleiben.
Heiko Ahrendts
Effektiv durch Absprachen
14. August: „Hitzebus mit Wasser für Obdachlose unterwegs“
Es ist den ehrenamtlichen Helfern hoch anzurechnen, dass sie sich für die Obdachlosen in unserer Stadt einsetzen. Es könnte aber viel mehr viel sinnvoller geholfen werden, wenn sich die zahlreichen mobilen und stationären Organisationen und privaten Gruppen in Hamburg, die auf dem Feld der Obdachlosenhilfe aktiv sind, absprechen würden: Koordination von Fahrtrouten, Zeiten, Standorten, Angeboten, Ausgabe von Schlafsäcken usw. Das findet aber leider so gut wie gar nicht statt. So geht viel Geld und Energie verloren, das/die dringend auf der Straße benötigt wird oder bei der Schaffung kleinerer dezentraler Übernachtungsmöglichkeiten helfen könnte! Das darin begründete (teilweise) Überangebot an Essen und Getränken für die obdachlosen Mitbürger verschafft den Helfern zwar ein gutes Gefühl, ist aber m. E. nicht zielführend.
Stefan Schulz
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