Hamburg. Der Präsident hatte eine Konferenz mit 1300 Teilnehmern nach Verfassungsschutz-Hinweisen untersagt. Was der AStA nun plant.

Die einen sprechen von einer internationalen Konferenz mit 1300 Teilnehmern, darunter auch der weltweit bekannte Intellektuelle Noam Chomsky. Die anderen warnen vor der Veranstaltung an diesem Osterwochenende in Hamburg, die aufgrund ihrer Nähe zur PKK Bestrebungen gegen die Demokratie aufweise. Wie passt das zusammen?

Klar ist schon einmal eines: Die für dieses Wochenende ursprünglich an der Universität Hamburg geplante vierte Konferenz der Reihe „Die kapitalistische Moderne herausfordern – Wir wollen unsere Welt zurück“ hatte ein juristisches Vorspiel und schlägt hohe Wellen.

Gericht weist Eilantrag des AStA gegen Universität Hamburg ab

Die Universität hatte die Genehmigung der Veranstaltung am 28. März widerrufen. Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) kündigte für Donnerstag eine Protestkundgebung vor dem Haupteingang an und reichte Klage ein. Doch das Verwaltungsgericht wies den Eilantrag am Donnerstag ab.

Der Widerrufsbescheid sei aller Voraussicht rechtmäßig, erklärte das Gericht. Die Universität sei zu Recht von einer drohenden Verletzung der öffentlichen Sicherheit ausgegangen, weil im Zuge der Veranstaltung werbende Inhalte für die PKK zu erwarten seien.

Verfassungsschutz gab Universität Hamburg Hinweis

Gegen den Beschluss könne der AStA Beschwerde beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht erheben.

Ursprünglich hatten die Studierenden die Erlaubnis, das Audimax am Osterwochenende für die Konferenz zu nutzen. Das bestätigten AStA und Uni-Sprecher Alexander Lemonakis. Dann schaltete sich der Hamburger Verfassungsschutz plötzlich ein und gab der Uni einen Hinweis.

Verfassungsschutz informiert Uni-Leitung über PKK-nahe Gruppierungen

„Nachdem die Universität Hamburg nähere Informationen zum Hintergrund der Veranstaltung, zum Kooperationspartner und zu einzelnen Inhalten erhalten hat, wurde die Genehmigung widerrufen“, heißt es in einer Stellungnahme der Uni zum Vorfall, der Wellen schlägt.

Die Uni sei vom Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg darüber informiert worden, dass die Veranstaltung namentlich vom „Network for an Alternative Quest“ durchgeführt wird. Nach Information des Landesamtes für Verfassungsschutz sind dem Netzwerk mehrere PKK-nahe Gruppierungen zuzurechnen, heißt es in der Erklärung weiter.

„PKK-Propaganda-Veranstaltung“? AStA weist Vorwürfe als substanzlos zurück

Der AStA weit das zurück. Die Anschuldigungen des Verfassungsschutzes, wonach es sich um eine „PKK-Propaganda-Veranstaltung“ handle, seien substanzlos, so die Studentenschaft in einer Pressemitteilung. Klar ist, dass zur Konferenz unter anderem Ebru Günay erwartet wurde. Sie ist Mitglied der türkischen Opposition und verteidigte einst PKK-Gründungsmitglied Abdullah Öcalan.

Auf Abendblatt-Anfrage räumte Luise Dechow vom AStA ein, dass es bei der Konferenz auch um die Philosophien von Öcalan gehen soll. Allerdings handle es sich um einen kleinen Teil der Veranstaltung und es finde eine kritische Auseinandersetzung damit statt, so Dechow. Die ganze Veranstaltung darauf zu reduzieren, bewertet sie als Strategie. Genauso wie die späte Absage.

Was besonders erstaunt: Es war nicht das erste Mal, dass die Konferenz in Räumen der Uni abgehalten wurde. Und auch gar nicht das erste Mal, das es um die PKK dabei ging. Wie es in einer Stellungnahme der Uni heißt, seien bereits 2017 PKK-Unterstützer als Referenten aufgetreten und Videobotschaften von aktiven PKK-Kämpfern, führenden Funktionären der PKK und von zum Teil bewaffneten PKK-Teilorganisationen gezeigt worden.

Als Beispiel wird auf die 20-minütige Rede von Mustafa Karasu (Gründungsmitglied der PKK) hingewiesen, die ins Audimax übertragen wurde. Laut Dechow habe es bis vor einigen Tagen nie Kritik daran gegeben. Ein Sprecher der Uni räumt ein, dass man erst durch den kurzfristigen Hinweis des Verfassungsschutzes von den Vorkommnissen 2017 erfahren habe. Wäre das früher bekannt gewesen, wären diese Veranstaltungen ebenfalls nicht genehmigt worden.

Verfassungsschutz Hamburg: „Beobachtung von Bestrebungen gegen die Demokratie“

Vom Verfassungsschutz heißt es auf Abendblatt-Anfrage: Eine Rückschau auf frühere Konferenzen und verschiedene Veröffentlichungen dazu ließen erkennen, dass es sich auch bei der aktuellen Konferenz um eine Veranstaltung aus dem PKK-Unterstützungsumfeld handele. „Wir haben die Universität im Rahmen unserer Aufgabe, der Beobachtung von Bestrebungen gegen die Demokratie, über die PKK-Nähe der Veranstalter informiert. Die PKK ist Beobachtungsobjekt der Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern“, sagte Sprecher Marco Haase.

„Das politisch motivierte Vorgehen des Verfassungsschutzes und des Uni-Präsidiums ist undemokratisch und ein eklatanter Verstoß gegen die Wissenschaftsfreiheit“, kritisiert Dechow. Die AStA bekommt dabei auch prominente Rückendeckung. Einem Aufruf des AStA zur Verteidigung der Wissenschaftsfreiheit hätten sich demnach 350 Personen und Organisationen angeschlossen, darunter WissenschaftlerInnen wie Chomsky, David Harvey, Silvia Federici sowie Hamburger ProfessorInnen.

Präsident der Uni Universität Hamburg Prof. Dr. Hauke Heekeren.
Präsident der Uni Universität Hamburg Prof. Dr. Hauke Heekeren. © UHH/Lux | PATRICK LUX

Prof. Dr. Hauke Heekeren, Präsident der Universität Hamburg, äußert sich dagegen so: „Hochschulen sind als staatliche Institutionen verpflichtet, das Gebot der politischen Neutralität einzuhalten. Sie agieren und kommunizieren auf Basis unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung, keineswegs im Interesse einer Partei oder einer partikularen Weltanschauung. Die Wissenschaftsfreiheit ist dabei das höchste Gut von Universitäten, und die Universität Hamburg besitzt dazu einen eigenen „Kodex Wissenschaftsfreiheit“.“

Trotz der Entscheidung des Verwaltungsgerichts soll die Veranstaltung an diesem Osterwochenende in Hamburg stattfinden. Kurzfristig wurden mit dem Bürgerhaus Wilhelmsburg alternative Räumlichkeiten gefunden.