Hamburg. Besonders in Harburg gab es zu Silvester Ausschreitungen. HVV-Busse wurden zerstört, Fahrer angegriffen. Die Polizei ermittelt.

Es ist eine unfassbare Lust an Randale, die zum Jahreswechsel – der in weiten Teilen Hamburgs friedlich und mit viel buntem Feuerwerk gefeiert wurde – vor allem die Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr schockiert. Feuerwehrsprecher Jan Ole Unger nannte es „erschreckend“, in welcher Art und Weise Menschen während der Silvesternacht mit Pyrotechnik „aggressiv angegangen und regelrecht beschossen wurden“.

Auch Polizisten waren Ziel solcher Attacken. „Bei diesem Jahreswechsel war so ein Verhalten extrem auffällig“, sagte Polizeisprecherin Sandra Levgrün.

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Am Montag bat die Polizei via Twitter um Hinweise zu mehreren Vorfällen und Angriffen rund um die Silvesternacht. So ist etwa in Billstedt ein 32-Jähriger durch eine Silvesterrakete schwer am Bein verletzt worden. Der "Schütze" konnte jedoch entkommen. Auch zu einer Massenschlägerei am U-Bahnhof Dehnhaide um 3 Uhr sowie zu einem schweren Verkehrsunfall auf dem Friedrich-Ebert-Damm gegen 15 Uhr am Neujahrstag werden Zeugen gesucht.

Silvester 2022: Jede Menge Randale in Hamburg

Besonders der Hamburger Süden tat sich in der Silvesternacht negativ hervor. Der Harburger Ring war, wie in der Vergangenheit mehrfach, zuletzt zu Halloween, Treffpunkt von Krawallmachern, die Einsatzkräfte angriffen, aber sich auch untereinander mit Pyrotechnik beschossen. „Ab 23 Uhr bewarfen sich dort etwa 30 Personen gegenseitig mit Feuerwerkskörpern.

Am Hafenrand, vor allem an den Landungsbrücken, gab es ein hohes Besucheraufkommen. Hier hielten sich in der Spitze bis zu 15.000 Personen auf.
Am Hafenrand, vor allem an den Landungsbrücken, gab es ein hohes Besucheraufkommen. Hier hielten sich in der Spitze bis zu 15.000 Personen auf. © dpa | Marcus Brandt

Es wurden immer wieder auch Gegenstände wie Mülleimer, oder E-Scooter auf die Fahrbahn gezogen. Polizeibeamte wurden während des Einsatzes mit Feuerwerkskörpern und Flaschen beworfen“, so Polizeisprecherin Levgrün. Ein 17-Jähriger, der Polizisten mit Böllern bewarf, wurde in Gewahrsam genommen und später seinem Vater übergeben.

Randalierer attackieren Busse mit Feuerwerk

Im Stadtteil Hausbruch zwangen laut Polizei Hamburg geschätzte 15 bis 20 Jugendliche und Heranwachsende um 00.45 Uhr Busfahrer durch massive Attacken mit Feuerwerkskörpern zum Halten. Dann bedrohten sie die Fahrer unter anderem mit Schreckschusswaffen oder blendeten sie mit Laserpointern.

"Durch die Angriffe wurden die Busse zum Teil nicht unerheblich beschädigt", teilte Polizeisprecher Sören Zimbal am Dienstag zu den Vorfällen am Stubbenhof Ecke Neuwiedenthaler Straße mit. Unter anderem seien Scheiben zu Bruch gegangen, Geschosse verursachten Brandschäden an der Verkleidung der Busse.

Busfahrer mit Laserpointer geblendet

"Einer der Busfahrer klagte über Augenschmerzen, ein Rettungswagen transportierte ihn zur Behandlung in ein Krankenhaus. Die beiden anderen Fahrer wurden seitens des HVV-eigenen Kriseninterventionsteams beziehungsweise durch den Betriebslenkungsservice betreut", so Zimbal. In einem der Busse habe ein Ehepaar mit einem Kleinkind gesessen. Alle Fahrgäste seien aber körperlich unversehrt geblieben.

Die Polizei rückte an. Und sah sich im nahen Stubbenhof aggressiven Randalierern gegenüber, die schon vorher Einsatzkräfte der Feuerwehr, die einen brennenden Müllcontainer löschen wollten, mit Feuerwerk attackiert hatten. Auch einen Streifenwagen bewarfen die Randalierer mit Feuerwerk. Hier haben die Beamten aus einer Gruppe von 30 jungen Menschen einen 16-Jährigen festgenommen, der sich als besonders aggressiv hervortat. Der Jugendliche hatte "unberechtigt mehrfach mit einer Schreckschusswaffe in die Luft" geschossen, heißt es von der Polizei.

Polizei Hamburg sucht Zeugen nach Silvester-Angriffen

Bei der Festnahme und noch auf der Dienststelle habe der Teenager erheblichen Widerstand geleistet. Die übrigen Personen erhielten Platzverweise. "Beim Erblicken der Funkstreifenwagen hatten sich zuvor bereits geschätzt 15 bis 20 dunkel gekleidete Personen fluchtartig in verschiedene Richtungen entfernt", schildert Polizeisprecher Zimbal weiter. Am S-Bahnhof Heimfeld entglasten Krawallmacher gezielt die Wartehäuschen der beiden Bushaltestellen und eine Telefonzelle.

An der S-Bahn-Haltestelle Heimfeld haben Randalierer Scheiben einer Telefonzelle zerstört.
An der S-Bahn-Haltestelle Heimfeld haben Randalierer Scheiben einer Telefonzelle zerstört. © André Zand-Vakili | Unbekannt

Noch in der Silvesternacht hat der Kriminaldauerdienst die Ermittlungen zu den Ereignissen in Hausbruch aufgenommen. Die Kripo in Harburg übernimmt und bittet nun Zeugen, die Beobachtungen gemacht haben und Hinweise zu den Tätern geben können, sich unter 4286-56789 beim Hinweistelefon der Polizei Hamburg oder bei einer Polizeidienststelle zu melden.

Polizisten mit Böllern beworfen: Auch nördlich der Elbe wurde randaliert

Aber auch nördlich der Elbe wurde randaliert. 15 Menschen, die sich auf dem Dach des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie in der Bernhard-Nocht-Straße aufhielten, verhielten sich gegenüber anrückenden Beamten aggressiv. Ein Polizist bekam aus der Gruppe heraus einen Schlag auf den Kopf. In der Schanzenstraße wurde ein Peterwagen während einer Einsatzfahrt von Pyrotechnik oder einem Wurfgeschoss getroffen.

Eine Seitenscheibe zersprang. Auf dem Kiez nahmen Einsatzkräfte einen 22-Jährigen fest, der eine Feuerwerksbatterie in Richtung eines Peterwagens hielt. Das Einsatzfahrzeug der Davidwache wurde wie von einer Geschosssalve getroffen. Die Beamten blieben unverletzt.

Silvester Hamburg: Feuerwehrleute mit Pyrotechnik beschossen

Im Vörn Brook in Schnelsen erlitt ein Feuerwehrmann eine Brandverletzung am Bein, als er und seine Kollegen beim Löschen von Müllcontainern mit Vogelschreck beschossen wurden. Am Astweg gerieten Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Eidelstedt beim Löschen unter Beschuss.

In Niendorf griff ein Randalierer einen Notarzt und einen Notfallsanitäter an. Der Angreifer wurde überwältigt und der Polizei übergeben. Auf Finkenwerder beschossen Unbekannte einen Feuerwehrmann, der mit dem Motorrad auf dem Weg zur Wache war, mit einer Leuchtkugel, die knapp vorbeiging.

Vor dem U-Bahnhof Dehnhaide kam es in der Silvesternacht zum Streit, ein Mann musste nach einer Messerattacke notoperiert werden
Vor dem U-Bahnhof Dehnhaide kam es in der Silvesternacht zum Streit, ein Mann musste nach einer Messerattacke notoperiert werden © dpa | Steven Hutchings

„Was soll das?“, fragt Feuerwehrsprecher Unger. „Wir kommen als Feuerwehr, als Rettungsdienst, um Feuer zu löschen, um Menschen zu retten, und werden dann beschossen. Dass man zu Silvester mal einen Böller abbekommt oder es einen Querschläger gibt, das passiert. Aber dass man so gezielt angegriffen wird, haben wir so noch nicht erlebt. Die Übergriffe auf Einsatzkräfte waren extrem.“

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Auch die Mordkommission hat schon ihren ersten Fall des Jahres

Auch die Mordkommission hat bereits ihren ersten Fall des Jahres. An der Straße Dehnhaide in Barmbek erlitt ein 36-Jähriger mehrere Stichverletzungen, nachdem er und sein Bruder mit einer Personengruppe in Streit geraten war. Die Täter flüchteten.

Schwere, „klassische“ Böllerverletzungen blieben dagegen die Ausnahme. Fabian Peterson, Sprecher der Immanuel Albertinen Diakonie, sprach von einer „üblichen Silvesternacht“. Schwerwiegende Böllerverletzungen habe man nicht behandeln müssen. Im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) gab es nach Angaben vom Sprecherin Saskia Lemm „ein erwartet reges Patientenaufkommen“. Die behandelten Verletzungen stammten ihren Angaben zufolge etwa zur Hälfte von Schlägereien, zur Hälfte waren sie von Feuerwerkskörpern verursacht.

Mitarbeiter der Stadtreinigung waren bereits von 2 Uhr in der Nacht an im Einsatz, um die Überreste der Böller und Raketen wegzuschaffen
Mitarbeiter der Stadtreinigung waren bereits von 2 Uhr in der Nacht an im Einsatz, um die Überreste der Böller und Raketen wegzuschaffen © dpa | Marcus Brandt

Arbeitsreich startete 2023 auch für die Stadtreinigung, die ab 2 Uhr mit 80 Mitarbeitern im Einsatz war und 15 Tonnen Glasscherben, Flaschen, Kartonagen und Böllermüll beseitigen musste.

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