Hamburg. Ladenbetreiber fordern gerechte Verteilung der Corona-Lasten. „Alle zahlen – nur Immobilienbranche hält weiter die Hand auf“.
Laufende Kosten, noch immer kein Überbrückungsgeld auf dem Konto, null Einnahmen und Vermieter, die trotz allem die volle Miete verlangen. Mit dieser Problematik sehen sich gerade viele Einzelhändler in Hamburg und ganz Deutschland konfrontiert. Einzelhändler im Schanzenviertel sagen nun: So geht es nicht weiter. Gemeinsam fordern sie eine gerechtere Risikoverteilung, bei der auch die Vermieter in die Pflicht genommen werden. „Es kann doch nicht sein, dass allein die Händler und die Steuerzahler das Risiko tragen und die Immobilienbranche einfach weiter die Hand aufhalten kann, als wäre nichts passiert“, so Jimmy Blum, Einzelhändler aus der Sternschanze und Mitglied der Vereinigung „Schanzen-Hopping“.
„Die Gewerbetreibenden hier haben schon viel durchgestanden“, sagt Blum. „Regelmäßige Maikrawalle, das Chaos bei G 20 und den ersten Lockdown. Und inzwischen fühlen sich die Geschäftsleute wirklich allein gelassen.“ Insbesondere der sogenannte Lockdown light im November habe viele wütend gemacht. „Das war kein Lockdown light, das war ein Lockdown unfair“, sagt Blum, der das Geschäft „Jimmy Hamburg“ an der Schanzenstraße betreibt. „Unsere Umsätze sind massiv zurückgegangen, und wir hatten keinen Anspruch auf staatliche Hilfe.“
Harter Lockdown im Weihnachtsgeschäft
Der harte Lockdown fiel schließlich mitten in das sonst umsatzstarke Weihnachtsgeschäft. „Seit Mitte Dezember dürfen wir nicht mehr arbeiten und können noch immer nicht das Überbrückungsgeld III beantragen, das im Übrigen auch nur einen Teil der Fixkosten übernimmt.“ Viele Vermieter würden sich darum allerdings nicht kümmern. „Es gibt immer noch zu viele, die trotz allem die volle Mietzahlung verlangen. Wie soll das gehen?“, fragt Blum.
Er und viele weitere „Schanzen-Hopping“-Händler fordern eine Gesetzesgrundlage, auf deren Basis die Vermieter in die Pflicht genommen werden können. „Auf Freiwilligkeit zu setzen bringt einfach nichts.“
Neue Regelung stärkt die Mieter – aber nicht genug
Daran würde auch die im vergangenen Dezember vom Bundestag beschlossene neue Regelung wenig ändern. Durch sie wird die aufgrund der Corona-Pandemie angeordnete Schließung der Geschäfte als ein Umstand gewertet, der zu einer Anpassung des Gewerbemietvertrages führen kann. Die Corona-Pandemie wird somit offiziell als Störung der Geschäftsgrundlage eingestuft. Sollte sich der Mieter darauf berufen, kann er also zum Beispiel eine Stundung oder Minderung der Miete oder auch eine Vertragsanpassung nach Paragraf 313 BGB verlangen.
Masken, Kitas, Homeoffice: Das gilt jetzt in Hamburg
Die Betonung liegt dabei allerdings auf „könnte“. „Grundsätzlich wurde damit zwar die Verhandlungsposition der Gewerbemieter gestärkt, eine echte Rechtssicherheit ist dadurch aber nicht entstanden“, sagt Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg. „Es bleibt bei der Einzelfallentscheidung, und das Hauptrisiko trägt weiter der Mieter.“
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Auch laut Immobilienverband Nord (IVD) hat die Neuregelung zwar formal einen Wandel eingeläutet, in der Praxis habe sich seitdem aber nur wenig geändert. „Wir bleiben unabhängig davon bei der Haltung, dass es immer noch die beste Variante ist, wenn sich Mieter und Vermieter im persönlichen Gespräch einigen und dies schriftlich festhalten“, so IVD-Geschäftsführer Peter Wagner. Man dürfe nicht vergessen, dass auch Vermieter ein Interesse daran haben, das Mietverhältnis weiterhin aufrechtzuerhalten. Eine 50:50-Regelung, bei der der Vermieter in jedem Fall die Hälfte der Mietlast trägt, lehnt er allerdings ab. „Politisch gesehen mag diese Forderung verständlich sein. Wirtschaftlich gesehen ist sie es aber nicht.“
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Jimmy Blum aus der Sternschanze bleibt jedenfalls dabei: „Dieser Paragraf 313 ist ein zahnloser Tiger und Augenwischerei. Denn wenn staatliche Hilfszahlungen geleistet wurden, ist schon nicht mehr von einer unzumutbaren Härte die Rede. Und damit stehen die Chancen auf eine Vertragsanpassung weiterhin schlecht.“ Es brauche nun eine verbindliche Regelung der Politik. Das sei wichtig, um weiter durchhalten zu können und um zu verhindern, dass die Stimmung kippt.
Händler im Schanzenviertel sehen Krise auch als Chance
Insgesamt würden die Händler in der Schanze die Krise als Chance sehen. „Wir gehen alle neue Wege und halten den Kontakt zu unseren Kunden und sind alle bereit dafür, wieder zu öffnen.“ Aber er betont auch: „Wenn der Gesetzgeber keine gerechte Risikoverteilung umsetzt, wird es öde werden in vielen Einkaufsstraßen.“
Hamburgs Corona-Regeln:
Die aktuellen Corona-Regeln für Hamburg im Überblick
- Alle Regeln, die im Rahmen der Eindämmungsverordnung bis zum 10. Januar gelten sollten, werden grundsätzlich bis zum 14. Februar verlängert – ein Großteil des Einzelhandels bleibt geschlossen, bestellte Waren dürfen aber abgeholt werden. "Körpernahe Dienstleistungen" wie Friseure, Nagel-, Massage- und Tattoo-Studios dürfen nicht angeboten werden. Auch Kultur- und Freizeiteinrichtungen bleiben geschlossen, Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit bleibt verboten.
- Kontaktregeln Angehörige eines Haushalts dürfen sich nur noch mit einer weiteren Person treffen. Ausnahmen für Kinder gibt es nicht.
- Die Maskenpflicht wird angepasst: Stoffmasken reichen in den meisten Fällen nicht mehr aus. Stattdessen müssen medizinische Masken (mindestens OP-Masken, auch FFP2- oder KN95-Masken sind möglich) getragen werden. Bis zum 1. Februar gilt eine Übergangsphase, danach werden Verstöße mit Bußgeldern geahndet.
- Kitas und Schulen: Die Präsenzpflicht an den Schulen bleibt aufgehoben, stattdessen soll so weit wie möglich Distanzunterricht gegeben werden. Kinder sollen – wann immer möglich – zu Hause betreut werden. Die Kitas wechseln in die "erweiterte Notbetreuung". Die privat organisierte Kinderbetreuung in Kleingruppen bleibt gestattet.
- Arbeitgeber sind angehalten, so weit wie möglich ein Arbeiten von zu Hause aus zu ermöglichen. Zusätzlich soll eine neue Bundesverordnung Arbeitgeber dazu verpflichten, Homeoffice anzubieten, so weit das möglich ist. Betriebskantinen dürfen nur öffnen, wenn sie für den Arbeitsablauf zwingend erforderlich sind.
- Sollte die Sieben-Tage-Inzidenz auf einen Wert über 200 steigen, müsste eine Ausgangsbeschränkung erlassen werden, die den Bewegungsradius auf 15 Kilometer rund um den Wohnort einschränkt. Wie genau diese Regel in Hamburg angewandt würde, ist noch nicht bekannt – der Senat will darüber entscheiden, sollte sich die Inzidenz dem Grenzwert annähern.
- Senioren- und Pflegeeinrichtungen sollen mehrmals pro Woche Personal und Besucher testen. Das war in Hamburg schon verpflichtend und gilt nun bundesweit.
- Zwei-Test-Strategie bei Reiserückkehrern aus Risikogebieten: Ein Corona-Test direkt nach der Einreise ist verpflichtend, die zehntägige Quarantäne kann frühestens fünf Tage nach der Einreise durch einen weiteren Test verkürzt werden. Die Kosten für die Tests werden nicht übernommen.