Hamburg. CDU fordert Ausdehnung der Angebote auf alle Stadtteile und Umlandgemeinden. Behörde nennt Pläne – verweist aber auch auf Probleme.

Carsharing, Leihräder oder E-Scooter erfreuen sich zwar auch in Hamburg großer Beliebtheit. Und doch hat die sporadische Nutzung von Fahrzeugen, die einem nicht selbst gehören, noch immer einen entscheidenden Haken: In vielen weiter vom Zentrum entfernt gelegenen Stadtteilen stehen sie nicht zur Verfügung – und hier darf man sie auch nicht abstellen. Dasselbe gilt für Umlandgemeinden. Das will die CDU nun ändern und hat dazu einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht.

Danach soll der rot-grüne Senat nun prüfen, durch welche Maßnahmen die „Bedienungsgebiete der Leih- und Sharingangebote für Autos, Fahrräder und Roller bzw. E-Scooter sowie der On-Demand-Shuttle-Dienste“ flächendeckend auch auf die bisher nicht erschlossenen Stadtteile ausgedehnt werden können – und zusätzlich auch auf die Umlandgemeinden.

Auch rechtliche Änderungen sollten in Betracht gezogen werden

Dafür sollten auch rechtliche Änderungen in Betracht gezogen werden. Ziel der CDU laut Antrag: Bis Ende 2022 sollten die Angebote in ganz Hamburg und den angrenzenden Umlandgemeinden flächendeckend zur Verfügung stehen. Um dies zu erreichen, solle der Senat mit den Bezirken und mit den Anbietern sowie „möglichen Projektpartnern“ Gespräche führen.

„Mobilität ist ein Grundbedürfnis, denn sie ermöglicht die Teilhabe am öffentlichen Leben“, sagte CDU-Verkehrspolitiker Richard Seelmaecker. „Und Mobilität verändert sich. Das eigene Auto ist zwar immer noch eines der beliebtesten Verkehrsmittel im städtischen Raum, aber neben einem anwachsenden Radverkehr und dem öffentlichen Nahverkehr erfreut sich insbesondere die sogenannte Shared Mobility aus Leih-Autos und –Fahrrädern, E-Scootern und flexiblen On-Demand-Shuttles einer immer größeren Beliebtheit, letztere auch für die sogenannte letzte Meile bis zur eigenen Haustür.“

Problem der sogenannten „letzten Meile“

Es reiche allerdings nicht aus, wenn es die Angebote nur in den zentralen Stadtteilen gebe, so Seelmaecker. „Die neuen Mobilitätsangebote müssen allen Bürgern zur Verfügung stehen und mit Blick auf die Metropolregion auch darüber hinaus. Moderne Mobilität muss alle erreichen und darf nicht an Stadtteil- oder Landesgrenzen enden, ansonsten wird man beim Thema moderne Mobilität nicht vorankommen.“

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In ihrem Antrag skizziert die CDU das Problem der sogenannten „letzten Meile“, einem Begriff aus der Warenlogistik, der mittlerweile auch für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) genutzt wird. „Ist die Distanz zwischen einer Bahn- bzw. Bushaltestelle und der eigenen Haustür zu weit oder zu beschwerlich, werden die Menschen im Zweifel gleich für den gesamten Weg auf das Auto zurückgreifen“, heißt es in dem CDU-Bürgerschaftsantrag.

Verkehrssenator: „Die Mobilitätswende macht nicht an Stadtgrenzen Halt“

Die Grundfrage sei also: „Wie können wir es den Hamburgern einfacher machen, diese letzte Meile im eigenen Lebensbereich zurückzulegen?“ Eine Antwort sieht die CDU in der Ausweitung der Sharing- und Shuttle-Angebote auf alle Teile der Stadt und das Umland.

Dabei bezieht sich die Fraktion auch auf eine Aussage des grünen Verkehrssenators Anjes Tjarks aus dem vergangenen März. Aus Anlass der Ausweitung des HVV-Gebietes auf den Kreis Steinburg in Schleswig-Holstein hatte Tjarks gesagt: „Die Mobilitätswende macht nicht an Stadtgrenzen Halt. Im Gegenteil: Wenn wir die Mobilitätswende wollen, müssen wir unser Umland mitnehmen.“ Nun müsse man den Senator beim Wort nehmen, so die CDU.

 Carsharing ist ein relevanter Teil der Mobilitätswende

Die Verkehrsbehörde gibt den Christdemokraten grundsätzlich recht. „Moderne Mobilitätsangebote wie Carsharing, Ridepooling oder E-Roller werden im zukünftigen Mobilitätsmix eine immer stärkere Rolle spielen“, sagte Behördensprecher Dennis Heinert auf Abendblatt-Anfrage. „Sie machen den Verkehr leiser, effizienter und sauberer und sind daher ein relevanter Teil der Mobilitätswende. Damit diese zum Erfolg wird, brauchen wir attraktive Mobilitätsangebote auch in der äußeren Stadt und im Umland. Um dies zu erreichen, hat die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende eine Vielzahl an Projekten gestartet bzw. ausgebaut, die besonders diesen Gebieten zugute kommen.“

Als Beispiele nennt die Behörde die HVV Switch App, die nicht nur die besten Verbindungen mit dem ÖPNV anzeigt, sondern auch alternative Routen mit Mietwagen, Taxi, Moia oder Fahrrad vorschlägt – und einen nahtlosen Übergang zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln erleichtern soll.

StadtRad-Angebot weiter ausbauen

Auch solle das StadtRad-Angebot für Leihräder bis 2023 noch weiter ausgebaut werden. Derzeit umfasse das System bereits etwa 3300 Räder und 20 Lastenpedelecs an 259 Stationen. Zielwerte seien nun 4500 Räder, 70 Lastenpedelecs und mehr als 350 Stationen.

„Angestrebt wird eine Vollabdeckung des Hamburger Stadtgebiets einschließlich der äußeren Stadtteile in Abhängigkeit vom Nachfragepotenzial und die Anbindung der noch fehlenden Stadtteilzentren sowie S- und U-Bahn-Haltestellen“, so die Verkehrsbehörde. Die nächsten neuen Stationen werde es in Finkenwerder, am Volksparkstadion, in Wellingsbüttel, Lohbrügge, Neuallermöhe und Neugraben-Fischbek geben.

Iokis Geschäftsgebiet kürzlich auf Kreis Stormarn erweitert

Als weiteres Beispiel dafür, wie der Senat das Problem der „letzten Meile“ angehe, sei Ioki, ein von VHH und Deutscher Bahn gemeinsam betriebener Shuttle-Service, „der Tag und Nacht auf Anforderung im Rahmen einer Sammelfahrt zum einen Fahrgäste mit E-Fahrzeugen in den Stadtteilen Lurup und Osdorf von der Haustür zu einer Haltestelle bringt – oder umgekehrt und zum anderen mit dieselgetriebenen Fahrzeugen die Verbindung zwischen zahlreichen Haltestellen im Industriegebiet Billbrook mit den nächstgelegenen Schnellbahnstationen herstellt“.

Iokis Geschäftsgebiet sei erst kürzlich auf den Kreis Stormarn erweitert worden. Im Kreis Lauenburg gebe es mit dem Projekt TaBuLa-LOG zudem einen „autonomen, elektrischen Shuttlebus, der sich seit Oktober 2019 im öffentlichen Fahrgastbetrieb befindet“. Ein ähnliches Projekt werde derzeit in Bergedorf aufgebaut.

Senat ist nicht sonderlich optimistisch

Allerdings ist man im Senat offenbar gleichwohl nicht sonderlich optimistisch, was die schnelle Ausdehnung der Sharing-Gebiete auf das gesamte Hamburger Stadtgebiet angeht. Bei den rein privaten Anbietern könne die Stadt keinen direkten Einfluss auf die Geschäftsgebiete nehmen, hieß es aus der Verkehrsbehörde. Hier entschieden „die Unternehmen nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten“. Gleichwohl versuche die Behörde die Anbieter in den Gesprächen stets zu überzeugen, „diese Gebiete möglichst groß zu fassen“. Teilweise gelinge dies über Kooperationen mit städtischen Anbietern.