Hamburg. Bei der Versammlung trafen sich zu Silvester 130 Menschen – auch die danach erkrankte Katharina Fegebank. Die Kritik am Treffen wächst.

Der mit dem Coronavirus infizierten Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) geht es den Umständen entsprechend gut. Sie zeige zwar deutliche Krankheitszeichen, die Symptome seien aber insgesamt mild, hieß es aus ihrem Umfeld. Sie sei noch nicht geboostert gewesen, weil sie erst spät die Zweitimpfung erhalten habe.

Vier Tage vor ihrem positiven Test hatte Fegebank zu Silvester die Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns (VEEK) in der Handelskammer besucht, zu der rund 130 Prominente aus Politik und Wirtschaft gekommen waren. Die Kammer hat jetzt auf Abendblatt-Anfrage eingeräumt, dass eine weitere infizierte Person bei der Veranstaltung anwesend war.

Weiterer Corona-Fall nach Handelskammer-Veranstaltung

„Zwei Tage nach der Veranstaltung hat uns eine Person über einen positiven PCR-Test informiert“, so Kammersprecherin Kendra Schmidt. „Das Gesundheitsamt ist durch die Handelskammer informiert worden und hat über Maßnahmen zu entscheiden.“ Nach fünf Tagen sei die Kammer von Fegebank über ihren positiven PCR-Test informiert worden.

„Jeder Bezug zwischen der Infektionsursache und der Teilnahme an der Veranstaltung“ sei „spekulativ“, so Schmidt. Man habe zeigen wollen, „wie wirtschaftliches Leben auch unter verantwortungsvoller Einhaltung der Corona-Verordnung möglich ist“.

Kritik an Handelskammer-Veranstaltung wächst

Mittlerweile wächst die Kritik daran, dass die Kammer in dieser Lage eine so große Veranstaltung in Präsenz ausgerichtet hat – während sich privat nur zehn Personen treffen dürfen. Die Veranstaltung sei als 2G-plus-Veranstaltung rechtlich nicht zu beanstanden, hieß es aus dem Rathaus.

Allerdings hätte die Kammer angesichts der hochansteckenden Omikron-Variante, die teilweise den Impfschutz aushebele, auch verzichten können. Schließlich sagten aus Verantwortungsgefühl auch andere Institutionen Veranstaltungen ab. Gäste monierten zudem, dass sie in der Kammer Schulter an Schulter sitzen mussten.

Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD), die Silvester neben Fegebank saß, sagte: „Die Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns hat eine fünfhundertjährige Geschichte, mit Höhen und Tiefen; das mag jeder unterschiedlich einordnen.“ Es sei „eine Frage des gegenseitigen Respekts, daran teilzunehmen“, so Veit. Es habe auch „keine Zweifel an der Einhaltung der Corona-Vorgaben“ gegeben. Allerdings fügte die Präsidentin hinzu: „Wir als Parlament gehen angesichts der Pandemie weit vorsichtiger miteinander um und tagen mit Abstand zwischen Trennwänden.“

VEEK-Vorstand stellt Corona-Maßnahmen infrage

Der frühere Handelskammer-Vizepräses André Mücke sagte: „Für eine Präsenzveranstaltung in Pandemiezeiten sollte es sehr wichtige Gründe geben.“ Ob diese „ein solch wichtiger Grund ist, müssen die Veranstalter entscheiden“, so Mücke. „Ich persönlich bin nicht erschienen, weil ich aus Gründen des Infektionsschutzes und der Vorbildfunktion kein gutes Gefühl gehabt hätte.“

Grünen-Fraktionschefin Jennifer Jasberg äußerte sich ähnlich. „Man kann das formal nicht kritisieren“, sagte sie. „Aber für mich persönlich war so eine Veranstaltung zu diesem Zeitpunkt nicht angemessen, daher habe ich abgesagt.“

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Linken-Gesundheitspolitiker Deniz Celik sagte, die Veranstaltung sei regelkonform gewesen. "Aber das heißt ja nicht, dass sowas klug ist", so Celik. "Angesichts der aktuellen Infektionsdynamik wäre es vernünftiger, auf eine größere Veranstaltung wie diesen Neujahrsempfang zu verzichten. Ein Blick auf die Inzidenzen sollte zeigen: Im Moment ist es sicher sinnvoller, auf digitale Formate auszuweichen."

Der Hamburger FDP-Chef Michael Kruse dagegen kritisierte die Politik. „Für Bürgermeister Tschentscher und seinen Senat muss der gleiche Maßstab wie für alle anderen Menschen und Betriebe gelten: Kontakte sollten auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Da passt es nicht, dass einige Senatsmitglieder zusammen bei größeren Veranstaltungen aufgetreten sind, während Bürger und Betriebe mit großen Einschränkungen leben müssen.“ Aus der Politik hieß es, eine Absage führender Politiker hätte aus der Wirtschaft als Affront gewertet werden können. Das Ganze sei eine „Pflichtveranstaltung“.

VEEK-Vorstand Gunter Mengers hatte bei seiner Rede in der Kammer bereits deutlich gemacht, dass er nicht viel von den Maßnahmen der Corona-Politik hält. „Es wird offensichtlich akzeptiert, was die Medien berichten, und die wenn auch mitunter nicht nachvollziehbaren Auflagen und Bestimmungen werden als vermeintlich sinnvoll hingenommen“, sagte Mengers. „Kaum jemand mag sich den immer deutlicheren widersprüchlichen Erkenntnissen und der Zahlenakrobatik entgegenstellen.“