Hamburg. Der Erste Bürgermeister will bei Bund-Länder-Beratungen für eine konsequente Umsetzung der „Notbremse“ plädieren.

Am Freitag hatte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) die Notbremse gezogen und die meisten jüngst beschlossenen Öffnungsschritte in der Hansestadt wieder zurückgenommen, weil die Inzidenz zum dritten Mal hintereinander über 100 lag. „Wir sind in der dritten Welle“, hatte Tschentscher erklärt – und hinzugefügt: „Sie ist nicht nur da, sie ist auch stark.“

Stark ist nach Ansicht des Bürgermeisters allerdings auch das Engagement der vielen Helfer im zentralen  Impfzentrum. Um deren Einsatz zu würdigen und sich über die Lage vor Ort zu informieren, stand Tschentscher am Sonntag von 13 bis 20 Uhr dem Personal in den Messehallen zur Seite. Eine Schicht lang arbeitete der gelernte Laborarzt mit und bereitete dabei etwa 100 Spritzen mit Impfdosen für Hamburger vor, denen an diesem Tag Vakzine gegen das Virus injiziert wurden.

Bürgermeister Tschentscher besucht Impfzentrum

„Hier bleibt kein Impfstoff liegen“, sagte Tschentscher, als er am Sonntagnachmittag kurz vor die Presse trat. „Alles wird unmittelbar eingesetzt.“ Die gesamte Logistik laufe „wie am Schnürchen“, erklärte der Bürgermeister und dankte den vielen Helfen vor Ort. Am Sonntag wurden in den Messehallen mehr 4000 Impfdosen gespritzt – bis zu 7000 Dosen pro Tag seien möglich, wenn die Länder von April erheblich mehr Vakzine erhielten, wie es der Bund angekündigt habe, sagte Tschentscher.

Mit Stand Freitag hatten in Hamburg 167.855 Menschen eine Corona-Erstimpfung erhalten, 76.805 hatten auch eine Zweitimpfung bekommen, wie die Gesundheitsbehörde mitteilte. Von kommender Woche an sollen fachärztliche Schwerpunktpraxen in Hamburg bestimmte Patienten gegen Corona impfen, hieß es am Sonntag von der Kassenärztlichen Vereinigung. Nach Ostern könnte es bei den Hausärzten losgehen.

Tschentscher: dritte Welle nicht zu stark werden lassen

Mit Blick auf die Ministerpräsidentenrunde (MPK) heute mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte Tschentscher, seine „dringende Empfehlung“ sei, vorerst „keine weiteren Öffnungsschritte“ zu beschließen.

Er werde für eine „konsequente Umsetzung der Regelungen zur Notbremse“ plädieren, sagte Tschentscher und sprach von einer „gemeinsamen Verantwortung“, die dritte Corona-Welle nicht zu stark werden zu lassen. „Ich erwarte, dass alle den Ernst der Lage erkennen.“ Ein wichtiges Thema bei den Beratungen sei, wie sich das Schnelltest-Konzept verbessern lasse.

Am Sonntag sank die Inzidenz leicht

Am Sonntag lag die die Zahl der bestätigen Neuinfektionen in Hamburg pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche zum fünften Mal in Folge über 100. Gegenüber Freitag (108,6) stieg der Wert am Sonnabend auf 115,3. Die Gesundheitsbehörde meldete 336 Neuinfektionen – 126 Fälle mehr als vor einer Woche.

Am Sonntag kamen 140 Fälle hinzu, 24 weniger als sieben Tage zuvor. Die Inzidenz sank damit am Sonntag leicht auf 114. Die Zahl der Corona-Toten in Hamburg nahm laut Robert-Koch-Institut am Wochenende um fünf auf 1348 zu. Mit Stand Freitag wurden auf Intensivstationen der Hamburger Krankenhäuser 90 Corona-Patienten behandelt, 76 von ihnen sind aus Hamburg.

AstraZeneca wird wieder gespritzt: Impflinge teilweise besorgt

Einige Besucherinnen des Impfzen­trums, in dem nun auch wieder der Impfstoff von AstraZeneca gespritzt wird, äußerten sich auf Nachfrage besorgt mit Blick auf mögliche Nebenwirkungen. Die veröffentlichten Informationen hätten für Verunsicherung gesorgt, hieß es. 

Eine 26 Jahre alte Lehrerin hätte sich vor dem vorübergehenden Stopp des Vakzins mit AstraZeneca impfen lassen, sagte sie. Nun empfände sie es als Benachteiligung, wenn sie diesen Impfstoff bekäme. Andere Besucher des Impfzen­trums zeigten sich  pragmatisch. „Die einzige Lösung ist impfen. Umso schneller ist die Corona-Pandemie mit ihren Einschränkungen vorbei“, sagte Bente Mensen (24), die als Honorarkraft an einer Hamburger Schule arbeitet.

Die "Notbremse"-Maßnahmen ab 20. März:

  • Private Zusammenkünfte mit Freunden, Verwandten und Bekannten sind auf den eigenen Hausstand und maximal eine weitere Person begrenzt. Kinder unter 14 Jahren werden dabei nicht mitgezählt. Alle nicht zwingend notwendigen Kontakte sollen unterbleiben.
  • Die Ausübung von Sport im Freien ist ebenfalls nur mit einer weiteren haushaltsfremden Person erlaubt. Davon ausgenommen sind Kinder unter 14 Jahren, die im Freien allerdings nur noch mit höchstens zehn statt wie zuletzt 20 Personen Sport treiben können.
  • Die Öffnung des Einzelhandels mit vorheriger Terminbuchung (Click & Meet) wird zurückgenommen. Möglich bleibt eine Bestellung der Ware im Internet mit kontaktloser Abholung (Click & Collect).
  • Museen, die musealen Teile von Gedenkstätten, Galerien, Ausstellungshäuser, zoologische Gärten, Ausstellungen sowie Tierparks müssen wieder schließen.
  • Buchhandlungen, Blumengeschäfte und Gartenmärkte sowie Friseure und körpernahe Dienstleistungsbetriebe dürfen mit entsprechenden Hygienekonzepten geöffnet bleiben.
  • Schließungen in Schulen und Kitas sollen weiterhin vermieden werden.

Schnelltests an Schulen starten

Nach der Rückkehr zu strengeren Corona-Einschränkungen startet Hamburg am Montag mit flächendeckenden Schnelltests an den Schulen. Künftig sollen alle Schüler, die am Präsenzunterricht teilnehmen, einmal pro Woche und das Schulpersonal dreimal pro Woche getestet werden – zunächst hatte die Schulbehörde für das Schulpersonal zwei Tests pro Woche angekündigt.

Insgesamt seien bisher etwa 480.000 Selbst-Schnelltests an die Hamburger Schulen ausgeliefert worden, teilte die Schulbehörde mit. Pilotversuche in der vergangenen Woche mit mehr als 20.000 Selbsttestungen bei Schulbeschäftigten hätten gezeigt, dass der Test auch von Laien einfach und unkompliziert anwendbar sei.

Auch die Schüler-Selbsttests an zehn Pilotschulen, darunter sechs Grundschulen, seien erfolgreich abgelaufen. Bei den Selbsttests müsse ein Wattestäbchen in den vorderen Nasenbereich gesteckt werden. Anschließend werde mit einer Testflüssigkeit geprüft, ob eine Infektion vorliege.

Corona-Notbremse: Termin-Shopping ist wieder verboten

Seit Sonnabend dürfen Geschäfte ihre Waren nur noch zum Abholen bereitstellen; Termin-Shopping ist nicht mehr erlaubt. Museen, Galerien, Zoos und botanische Gärten mussten schließen. Strengere Regeln gelten auch bei privaten Kontakten: So darf sich ein Haushalt nur mit einer weiteren Person treffen. Die Beschränkungen gelten nicht für Kinder unter 14 Jahren. Sie dürfen zudem in Gruppen bis zu zehn Jungen und Mädchen im Freien Sport betreiben.

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