Hamburg. Freude über Rückkehr zum Präsenzunterricht. Für die Schüler zu Hause sehen Lehrer aber Probleme. Schon 26 Infektionen gemeldet.

Die einen lernen zu Hause, die anderen im Klassenraum – wieder andere sind in der Notbetreuung: Mit dem Wechselunterricht für Hamburgs Grundschüler und einige Klassenstufen der weiterführenden Schulen hat sich der Alltag vieler Schüler und Lehrer in dieser Woche stark verändert. Die Herausforderung, alle im Blick zu haben, ist groß – und die Verunsicherung angesichts der Überschreitung des Inzidenzwertes von 100 ebenfalls.

Auch die Schulen bleiben in diesen Tagen nicht vom Infektionsgeschehen verschont: Laut Schulbehörde wurden am Dienstag insgesamt 26 Corona-Neuinfektionen an 15 Schulen gemeldet, wobei 21 Schülerinnen und Schüler und fünf Schulbeschäftigte betroffen sind.

Noch überwiegt der Optimismus

An einer Grundschule im Hamburger Norden überwiegt derzeit noch der Optimismus. „Es fühlt sich gut an gerade“, erzählt der Schuldirektor, der sich nicht namentlich äußern möchte. „Wir Lehrer waren froh, die Kinder wieder in der Schule zu sehen – und die Kinder haben sich auch sehr gefreut.“

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Bisher seien im Schnitt nur etwa zwei Kinder pro Klasse in der Notbetreuung. Die jüngsten von ihnen werden in einer eigenen Gruppe von Erzieherinnen betreut. Die älteren nehmen durchgängig am Präsenzunterricht teil, was bisher kein Problem sei, da es eben erst um sehr wenige notbetreute Schüler gehe.

Dabei habe er mit einer höheren Zahl von Kindern in der Notbetreuung gerechnet, sagt der Schulleiter. Aus der Elternschaft sei zu hören, dass einige Eltern aus Sorge vor Corona-Infektionen in der Schule darauf verzichteten, ihr Kind in die dauerhafte Notbetreuung zu geben und es vorerst bei möglichst wenigen Tagen in der Schule belassen wollten.

Viele Schüler seien auf sich gestellt

Laut Schulbehörde nehmen hamburgweit aktuell rund 9.000 von 180.000 Schülerinnen und Schülern an der Notbetreuung an staatlichen Schulen teil. Dabei entscheide jede Schule selbst, in welcher Form diese Betreuung stattfinden kann. „Klar ist aber, dass die Coronaregeln dabei in jedem Fall beachtet werden müssen“, sagt Behördensprecher Peter Albrecht.

Hamburg kündigt Corona-Notbremse an:

Mit gemischten Gefühlen sieht den Neustart des Präsenzunterrichts Matthias Greite, Direktor der Irena-Sendler-Stadtteilschule in Wellingsbüttel. Dass soziale Miteinander tue den Schülern natürlich sehr gut, sagt er. Zumindest für die Stufen neun und zehn befürchtet Greite allerdings eine Verschlechterung des Lernens gegenüber dem reinen Distanzunterricht, solange ein Wechsel zwischen Präsenz und Homeschooling praktiziert werde.

Im durchgängigen Distanzunterricht sei zuvor eine intensive Betreuung der Schüler möglich gewesen, sagt Greite. Nun seien die Lehrer jedoch hauptsächlich im Präsenzunterricht gebunden – mit der Folge, dass die Schüler der Stufen neun und zehn zumindest an den Tagen, an denen sie zu Hause lernten, weitestgehend auf sich gestellt seien.

Wird der Wechselunterricht wieder gestoppt?

Anders sei das nur in der Jahrgangsstufe 13: Weil die Schüler in diesem Alter eigenständig genug seien, um Onlineübertragungen des Unterrichts gut mitzuverfolgen, werde der Präsenzunterricht zeitgleich gestreamt, so dass die Schüler zu Hause den Unterricht inhaltlich so erleben, als säßen sie im Klassenzimmer. Bisher sind an der Irena-Sendler-Schule keine Schüler der Klassenstufen neun, zehn und 13 in der Notbetreuung, sondern nur etwa 20 Schüler pro Tag aus den Stufen fünf bis acht.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Eine Frage, die sich im Moment viele stellen: Werden die aktuelle Regelungen Bestand haben oder ist es eine Frage der Zeit, bis der Wechselunterricht wieder gestoppt werden wird? Mathias Morgenroth-Marwedel, Leiter der Stadtteilschule Blankenese, sagt: „Über uns schwebt wie ein Damoklesschwert die Aussicht, dass sich dieser Zustand nicht lange erhalten lassen könnte.“

Verantwortliche befürchten Nachteile durch Wechselunterricht

In seiner Rolle als Sprecher der Vereinigung der Schulleiter an Hamburger Stadtteilschulen fordert er, die Schulbehörde müsse die Belastungen durch die Pandemie für die Schüler langfristig berücksichtigen.

Es sei sehr zu begrüßen, dass die erste Schulabschlussprüfung am Ende der Stufe neun in diesem Schuljahr entfalle, dass die Prüfungsmenge für den mittleren Schulabschluss nach Stufe zehn halbiert werde und es auch für die Abiturienten Erleichterungen gebe. „Diese Erleichterungen sollten allerdings für die kommenden drei Jahre festgeschrieben werden“, sagt Morgenroth-Marwedel.

Auch Christian Gefert, Vorsitzender der Vereinigung der Leitungen Hamburger Gymnasien und Studienseminare, befürchtet Nachteile durch den Wechselunterricht: „Wenn man ehrlich ist, dann bedeutet mehr Wechselunterricht, dass es für die Jahrgänge, die zu Hause bleiben, schwerer wird, weil sie dabei weniger begleitet werden können.“

Großer Druck, auf anstehende Klassenarbeiten hinzuarbeiten

Außerdem zeige sich in diesen Tagen, dass der Druck, auf anstehende Klassenarbeiten hinzuarbeiten, groß sei. „Das wird noch schwierig werden“, sagt Gefert. Wie die Corona-Selbsttests für Schüler im Präsenzunterricht von kommender Woche an genau vonstatten gehen sollen, sei ebenfalls noch nicht an allen Schulen klar.

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Dafür laufe gerade die Vorbereitung, heißt es von der Schulbehörde. „Ziel ist es, dass sich zunächst alle an den Schulen beschäftigten Personen ab der ersten Schulwoche zwei Mal in jeder Woche selbst testen und sich mit der Testdurchführung vertraut machen“, sagt Behördensprecher Peter Albrecht. „Ab dem 22. März sollen sich dann auch alle am Präsenzunterricht teilnehmenden Schülerinnen und Schüler einmal in der Woche in der Schule selbst testen.“