Geesthacht. Landeselternbeirat präsentiert Ergebnis: Homeschooling ist aus Sicht vieler eine kurzfristige Notlösung. 14.000 Betroffene machten mit.
Verbessert, aber in wichtigen Punkten noch mit Luft nach oben, so lässt sich das Ergebnis einer Umfrage des Landeselternbeirates (LEB) zum Thema Homeschooling an Gymnasien zusammenfassen. Der Einschätzung zugrunde liegen die Antworten von gut 14.000 Betroffenen, Eltern wie Schülern. Wo viele Befragte klare Fortschritte an den Inhalten bestätigen, gibt es aber auch deutliche Kritik an der am meisten verwendeten Online-Lernplattform IServ.
Die funktioniere nur, wenn die Videokonferenzfunktion ausgeschaltet werde, so häufig geäußerte Klagen. Positiv bewertet die Mehrzahl der Befragten (72 Prozent), dass die Schulen regelmäßig Video- und Audio-Konferenzen im Distanzlernen einsetzen, wobei die Bandbreite auseinandergeht: Manche Gymnasien nutzten sie nur in einigen Fächern, andere sogar in allen.
Umfrage zum Thema Homeschooling - Ergebnisse vorgestellt
Erfreulich sei, „dass Distanzlernen im Januar deutlich mehr Schulfächer umfasst als im April 2020“, heißt es im Bericht des Landeselternbeirats unter dem Vorsitz von Claudia Pick (Flintbek) und Dr. Thomas Hillmann (Geesthacht).
Kritik gibt es an der Methodik: „Das Stellen von Aufgaben aus Schulbüchern, Arbeitsblättern oder Workbooks – zudem oftmals mit langen Rückmeldezeiten durch die Lehrkräfte – bildet vielfach immer noch den wesentlichen Unterricht.“ Etwa 70 Prozent der Befragten bemängelten dies. „Hier besteht dringender Entwicklungsbedarf.“
Viele beklagen, es hätte keine Rückmeldung der Lehrer gegeben
Den sehen Eltern wie Schüler besonders im Hinblick auf Reaktionen von Lehrern zu den gelösten Aufgabenstellungen. Kaum ein Drittel der Befragten habe regelmäßig Rückmeldungen binnen Tagesfrist bestätigt, gut ein Drittel beklagen dagegen, dass regelmäßig gar keine Rückmeldungen erfolgen. Aus Sicht des LEB also nachvollziehbar, dass „gerade mal ein Viertel der Befragten glaubt, dass Distanzunterricht den Präsenzunterricht für einen Monat oder länger zur Not ersetzen kann“. Gut ein Drittel sei der Auffassung, „dass Distanzunterricht als Ersatz gar nicht oder nur wenige Tage möglich ist“.
Eine Mischung aus Wechselunterricht an Schulen und Homeschooling schneidet deutlich besser ab: Etwa 40 Prozent der Befragten „hielten dies für die Dauer von einem Monat oder länger für möglich“, nur 20 Prozent für gar nicht oder nur für wenige Tage.
"Distanzunterricht für Drittklässler funktioniert nicht"
Ohne massive Unterstützung der Eltern drohen viele Kinder auf der Strecke zu bleiben, fürchten Betroffene wie Marketingexpertin Sandra Guiard und Sebastian Weichel, selbst Lehrer am Otto-Hahn-Gymnasium. In beiden Familien leben zwei Kinder, die entweder Grundschule und Gymnasium oder Kita und Grundschule besuchen.
„Die Anbindung an die Schulen ist deutlich besser geworden“, sagt Guiard. Dabei hätte es zunächst viele Tränen gegeben: „Wir haben unsere Kinder aus Überzeugung digitalarm aufwachsen lassen, da mussten wir viel unterstützen.“ Wo sich die elfjährige Tochter inzwischen gut selbst organisiere, brauche der achtjährige Sohn weiter viel Hilfe und Motivation. „Distanzunterricht für Drittklässler funktioniert nicht.“
"Das Schuljahr ist ein verlorenes Jahr"
Wenn jetzt eine Vielzahl an Klassenarbeiten angekündigt werde, verstärke dies noch den Stress, so Guiard: „Die Noten sind nicht die der Schüler, sondern der Eltern, die die Kinder zu Hause betreut haben.“
Wie Sandra Guiard kennt Sebastian Weichel den Dauerstress von Kindern, Eltern und Lehrern. „Je länger Schulschließungen dauern, desto schwerer fällt es, Kinder zu motivieren.“ Ein Wechsel der Methoden, um den Unterricht vielseitig zu gestalten, funktioniert im Homeschooling kaum. Hinzu komme, dass Probleme, die im Präsenzunterricht rasch erkannt und abgestellt werden könnten, online häufig schwer zu klären seien. „Die Hauptlast des Homeschooling tragen in den Familien zudem meist die Frauen, das ist bei uns nicht anders.“
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Ein anderer Vater mit einem Grundschüler und einem Gymnasiasten mahnt: „Es wäre ein Katastrophe, wenn wegen wieder steigender Corona-Zahlen erneut Schulen geschlossen würden. Notfalls müssen Schüler und Lehrer zweimal die Woche getestet werden.“ Sandra Guiard denkt einen Schritt weiter. Das Schuljahr sei ein verlorenes Jahr: „Am besten wäre, alle Schüler würden es wiederholen. Die Frage ist, wie sich dies organisieren lassen würde.“