Hamburg. Das umstrittene Versuchslabor LPT durfte den Betrieb wiederaufnehmen. Nun will Senatorin Anna Gallina die Auflagen verschärfen.

Hamburgs Verbraucherschutzbehörde will die Auflagen für Tierversuche verschärfen. Dazu soll eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat eingebracht werden. Vorgesehen ist, dass Versuche, die langandauernde und nicht zu lindernde Schmerzen bei den Tieren verursachen, nicht mehr durchgeführt werden. Labors und Tierhaltungen sollen mindestens einmal pro Jahr unangekündigt kontrolliert werden.

Die Einrichtungen sollen ferner dazu verpflichtet werden, in Alternativen zu Tierversuchen zu investieren oder eine Abgabe dafür zu zahlen. Geplant ist, dass Tierschutzbeauftragte künftig ohne Ausnahme über ein abgeschlossenes veterinärmedizinisches Studium verfügen müssen.

"Tierversuche lassen sich derzeit nicht in jedem Fall vermeiden"

Der Gesetzentwurf räumt aber auch ein: „Tierversuche lassen sich zur Bearbeitung wissenschaftlicher Fragen in der Medizin derzeit nicht in jedem Fall vermeiden.“ Verbraucherschutzsenatorin Anna Gallina (Grüne) betonte jedoch: „Wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen, um Tierversuche zu vermeiden.“ Besonders wichtig sei, die Tierversuchseinrichtungen stärker in die Pflicht nehmen.

Tausende Demonstranten gingen im November 2019 auf die Straße, um gegen das Tierversuchslabor LPT zu protestieren.
Tausende Demonstranten gingen im November 2019 auf die Straße, um gegen das Tierversuchslabor LPT zu protestieren. © Marc Hasse | Unbekannt

Die Initiative des Hamburger Senats soll nächste Woche dem Bundesrat übermittelt werden. Noch haben sich keine anderen Länder angeschlossen, es gebe aber erste positive Signale von einigen Landesregierungen, hieß es.

Initiative: Corona-Krise zeige Relevanz von Tierversuchen

Die Initiative „Tierversuche verstehen“, hinter der alle großen Wissenschaftsorganisationen Deutschlands stehen, kritisierte den Hamburger Vorstoß. „Gerade in der aktuellen Corona-Krise zeigt sich, wie wichtig verantwortungsbewusste Tierversuche bei der Verbindung von bestmöglicher Forschung mit bestmöglichem Tierschutz sind“, sagte der Sprecher der Initiative, Stefan Treue.

„Verbesserungsmöglichkeiten gibt es natürlich immer, diese liegen aber nicht in mehr bürokratischem Aufwand und teurem Aktionismus, der die Wissenschaft behindert, ohne den Tierschutz zu verbessern.“

Die meisten Versuche sind nach Angaben der Initiative mit nur geringen Belastungen für die Tiere verbunden. Versuche, die den Tieren besonders schwere und lang andauernde Schmerzen zufügen, seien nach einer EU-Richtlinie nur in Ausnahmefällen auf besonderen Antrag möglich. Wissenschaftler in Deutschland hätten von dieser seit 2013 bestehenden Möglichkeit noch keinen Gebrauch gemacht.

Tierversuche für neue Bereiche der Biomedizin unerlässlich

Als besonders enttäuschend bezeichnete es der Göttinger Neurowissenschaftler, dass der Antrag aus Hamburg kein Verständnis dafür zeige, warum Tierversuche gerade für neue Bereiche der biomedizinischen Forschung unerlässlich seien.

Nach Angaben der Initiative wiederholt der Vorstoß wesentliche Teile eines Referentenentwurfs, den bereits das Bundeslandwirtschaftsministeriums zur Novellierung des Tierschutzgesetzes vorgelegt hat. Voraussichtlich im Herbst solle ein überarbeiteter Entwurf ins Bundeskabinett und dann in den Bundestag eingebracht werden, hieß es.

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Im vergangenen Februar hatte die damalige, noch SPD-geführte Hamburger Verbraucherschutzbehörde das Tierversuchslabor LPT im Stadtteil Neugraben schließen lassen. Tierversuchsgegner warfen dem Unternehmen Rechtsbrüche vor.

Das Oberverwaltungsgericht entschied Mitte Juli, dass die Widersprüche von LPT aufschiebende Wirkung haben. Daraufhin erlaubte Gallinas Behörde dem Labor die Wiederaufnahme des Betriebs unter strengen Auflagen.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stade gegen LPT in Neugraben und einer Zweigstelle im Neu Wulmstorfer Ortsteil Mienenbüttel (Kreis Harburg) dauern an, wie ein Sprecher der Behörde am vergangenen Donnerstag sagte.