Hamburg. Gitarren, Pianos, Schlagzeuge: JustMusic an der Feldstraße war mehr als nur ein Geschäft – es war Rock 'n' Roll.
Für manch einen mag es einfach ein Laden sein, der schließt. Doch für alle, die auch nur im entferntesten Sinne etwas mit Musik(machen) zu tun haben, dürfte es um mehr gehen. Mit dem Instrumenten- und Musikzubehör-Geschäft JustMusic schließt an diesem Wochenende der größte Anbieter Hamburgs.
JustMusic liegt direkt im Feldstraßenbunker am Heiligengeistfeld. Auf rund 3600 Quadratmetern Verkaufsfläche wurde hier alles angeboten, was Musiker so brauchen. Schlagzeuge, ausgefallene Percussions vom Didgeridoo bis zum Rasselei, Keyboards, Pianos, Gitarren, Bässe, Zubehör vom Drumstick und Plektron bis zum Highend-Studioequipment.
Musikgeschäft JustMusic: Ein Herz für Stammkunden
Das Herz des Geschäftes aber waren seine Verkäufer, die sich nach Angaben vieler Kunden einfach richtig gut auskannten mit denen man auch mal so herrlich „rumnerden“ konnte.
So beschreibt es zumindest Stammkunde Arnd Geise. „Ich hab im selben Gebäude gearbeitet und war häufig dort. Manchmal, weil ich wirklich etwas brauchte, viele andere Male aber auch einfach zum Quatschen, Kaffee trinken und Instrumente ausprobieren.“ Auf die Mitarbeiter lässt er nichts kommen: „Die waren immer ehrlich und haben auch mal von einem Kauf abgeraten, wenn sie nicht überzeugt von dem Produkt waren.“
Gegründet in den 70er-Jahren
Das Geschäft wurde ursprünglich in den 1970er-Jahren unter dem Namen Amptown-Electroacustic gegründet. Anfang der 2000er schloss es sich der JustMusic Gruppe an, zu der es seither gehört. Im vergangenen Jahr mehrten sich dann die Gerüchte, nach denen eine oder mehrere Filialen geschlossen werden sollten. Dennoch glaubten viele Mitarbeiter, dass der Standort in der Hansestadt nicht betroffen sein würde.
Für große Teile der Musikerszene dürfte die Schließung ein Thema sein. „Das war auch ein Ort, an dem man Gleichgesinnte getroffen hat und da wurde auch mal zwischen Tür und Angel ein Gig abgemacht“, sagt Geise. Auch die Reparaturabteilung würde vielen nun fehlen. „Das waren so Typen, die man sonst nicht so oft trifft“, so der 50-Jährige.
Arbeit als Rock'n Roll
Einer dieser „Nerds“ ist Raphael Burgess. Der Bassist war sechseinhalb Jahre lang Verkäufer in der Bassabteilung bei JustMusic. Er sagt: „Dort zu arbeiten, das war schon Rock‘n Roll. Da gab es nicht nur Beratung, sondern eben auch mal ein Klönschnack und einen Kaffee“
Burgess kann sich noch gut daran erinnern, wie er uns seine Kollegen im vergangenen Spätsommer von der Schließung erfahren haben. „Wir hatten das nicht für möglich gehalten. Wir dachten, dass die Achse Berlin Hamburg nicht angetastet werden würde.“ Doch es kam anders. Neben Hamburg schließen auch die Standorte Dortmund und München.
Konzentration auf die Hauptstadt und Onlineshop
Das Unternehmen wolle sich nach eigenem Bekunden auf den JustMusic FlagShipStore in Berlin und den Webshop fokussieren, der künftig weiter ausgebaut werden soll.
Für Burgess selbst sei alles gut ausgegangen. „Ziemlich genau zwei Minuten, nachdem ich die Kündigung von JustMusic im September bekommen hatte, hab ich die Zusage von No.1 Guitar im Phoenixhof Altona bekommen.“ Die Zeit bis zur tatsächlichen Schließung sei „unwirklich“ gewesen, was natürlich auch durch den Lockdown bedingt war, aber auch dadurch, dass Mitarbeiter, die zum Teil seit 30 oder 40 Jahren mit Liebe Instrumente verkauft haben, zuletzt „Paletten verwaltet“ hätten.
Kein Musikinstrument klingt gleich
Zur Unternehmensentscheidung selbst möchte sich Burgess nicht äußern. Nur so viel: „Alles, was mit Schwingungen bei akustischen Instrumenten zu tun hat, eignet sich unbedingt aus meiner Sicht nicht für den Onlineverkauf. Das Instrument muss man wirklich fühlen, da selbst zwei Gitarren desselben Modells unterschiedlich klingen können.“ Anders als bei rein elektronischen Geräten oder Kabeln. „Das muss man nicht zwangsläufig vor Ort testen.“
Aber Burgess glaubt auch: „Viele der bestehenden Läden werden auf die Schließung in dem Sinne reagieren, als dass sie sich weiter spezialisieren und das Angebot erweitern werden.“
Tränen bei den Mitarbeitern
Das hofft auch Frank Elwart, der ehemalige Leiter der Gitarrenabteilung, der seit 40 Jahren in der Branche tätig ist. „Und viele unserer Kunden können sich auch nicht vorstellen, online zu kaufen. Da gab es bei dem einen oder anderen schon feuchte Augen, als sie von der Schließung erfuhren.“
Und auch der Belegschaft – 30 bis 40 Mitarbeiter insgesamt – sei das alles ganz schön aufs Gemüt geschlagen. „Viele wissen nicht, wo sie unterkommen sollen. Der Markt ist ja überschaubar in Hamburg.“ Zudem hätten viele große Hoffnungen in die Zukunft des Standortes gehabt. „Mit dem Dachgarten wären sicher noch mehr Touristen und damit auch noch mehr Kunden zu uns gekommen.“
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Gegen die Konkurrenz der Webshops wettern will Elwart trotz allem nicht. „So ist die Welt eben. Das kann man nicht ändern.“ Es sei nun wichtig, neue Ideen zu entwickeln und neue Orte zu schaffen, an denen die Szene zusammenkommt.“ Bis dahin aber würde sich definitiv eine Lücke auftun in Hamburg. Denn: „Ich glaube, jetzt gibt es in der Stadt eigentlich keinen Platz mehr, wo ein aufgebautes Schlagzeug steht und man einfach mal draufhauen und verzaubert werden kann.“