Hamburg. Der Hamburg-Kredit der Stadt half ihm bei der Gründung seiner Werkstatt, deswegen bekam Redeker prominenten Besuch.
An der Werkbank von Marius Redeker ist eine Gitarre an ihrem Hals eingespannt. Ein Handtuch schützt das Musikinstrument vor Beschädigungen durch den Schraubstock. „Das ist eine Reparatur“, erzählt der 33-Jährige seinem prominenten Besucher. „Lohnt sich das?“, fragt Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos). „Auf jeden Fall: Die Gitarre kostet 6000 Euro“, sagt Redeker. Schließlich stamme das gute Stück aus dem Jahr 1939.
Redeker ist Gitarrenbaumeister und damit der einzige mit dem Titel in Hamburg. Er lernte zunächst bei einem Gitarrenbauer in Worpswede und ging anschließend nach Markneukirchen (Sachsen), um Musikinstrumentenbau zu studieren. Vor fünf Jahren eröffnete er seine Werkstatt in Eilbek. Damals wurde er von der Hansestadt gefördert – auch das ein Grund, warum Westhagemann am Donnerstag den Betrieb besucht. Mal schauen, was mit dem Geld passierte.
Hamburg-Kredit wurde 1200-mal vergeben
Seit 2014 gibt es den Hamburg-Kredit Gründung und Nachfolge. Es ist ein gemeinsames Produkt der Hamburgischen Investitions- und Förderbank und der Bürgschaftsgemeinschaft. Das Angebot nahmen in den vergangenen fünf Jahren 1200-mal Existenzgründer an, um sich selbstständig zu machen oder ein Unternehmen zu übernehmen. Die Zahl der Genehmigungen sei enorm gewachsen, sagt Jörg Finnern, Geschäftsführer der Bürgschaftsgemeinschaft. Gut 25 Millionen Euro würden jedes Jahr an Krediten ausgegeben, 1500 Arbeitsplätze würden dadurch jedes Jahr neu geschaffen oder gesichert – das beeindruckt den Wirtschaftssenator. Im Schnitt würden 100.000 Euro Kredit beantragt.
Bei Redeker war es wesentlich weniger. Zuerst ging er zu seiner Hausbank und holte sich ein Angebot ein. Die brachte dann den Hamburg-Kredit ins Spiel. „Der Zinssatz, den ich bezahlen muss, ist wirklich gering“, sagt der Jungunternehmer. Dazu trägt auch bei, dass die Stadt Hamburg jährlich knapp 1,2 Millionen Euro Zinsverbilligung gewährt. Im Klartext: Bei jedem ausgegebenem Kredit sinkt der Zinssatz um einiges – um wie viel, lasse sich aber nicht pauschal sagen. Es hänge von Parametern wie Einstandszins, Risikoprämie, Eigenkapital des Kunden et cetera zusammen.
60 Gitarren baute Redeker bisher
Redeker brauchte das Geld, um Holz zu kaufen. Rund 1,5 Jahre muss es lagern, bevor er es verwenden kann. Für den Bau der Musikinstrumente nutzt er vor allem zwei Sorten: Ostindisches Palisander für die gebogenen Seitenflächen und Alpenfichte für die Decke, also den oberen Teil des Korpus. „Eigentlich kann man jedes Holz verwenden, aber die haben sich durchgesetzt“, sagt Redeker.
60 Gitarren hat er bisher selber gebaut. Zu seinen Kunden gehören Hobbyspieler, Studenten und Profis. Häufig üben sie bis zu acht Stunden pro Tag. „Viele Musiker haben Schulterschmerzen, wenn die Gitarre falsch sitzt“, so Redeker. Westhagemann, der selbst nicht Gitarre spielt, staunt: „Da kann man mal sehen, was man alles beachten muss.“ Körperlichen Problemen beugt Redeker vor, indem er maßgeschneiderte Instrumente fertigt. Für die Musiker wichtig sei aber vor allem der Klang: weich oder hart mit entsprechenden Nuancen dazwischen. Über die Spannung der Decke ließe sich das verändern. Später wird per Mikrofon auf der Decke der Sound getestet. 120 bis 150 Stunden braucht er für die Fertigung einer Gitarre. Mindestens 5000 Euro müssen die Kunden zahlen.
Lackieren macht am meisten Spaß
Der Neubau von Gitarren macht etwa 40 Prozent seines Umsatzes aus. Den Löwenanteil steuern die Reparaturen bei – wie die im Schraubstock eingespannte Gitarre. Die Ränder sollen erneuert werden. „Ich habe versucht, so wenig zu verändern wie möglich“, sagt Redeker. Denn streng genommen handelt es sich nicht um eine Reparatur, sondern um eine Renovierung. Rund sechs Stunden veranschlagt er dafür. 300 Euro muss der Auftraggeber zahlen. Westhagemann nickt und findet den Preis angemessen: „Das ist aber auch Fummelarbeit.“
Er könne von seiner Arbeit leben, reich werde er nicht davon, sagt Redeker, ohne in die Details zu gehen. Wichtig sei, dass ihm die Arbeit Freude mache – und das sieht man ihm an, wie der Senator feststellt. Das Schönste am Bau einer Gitarre sei übrigens nicht die Herstellung des Körpers, so Redeker: „Das Lackieren macht am meisten Spaß. Die Schichten werden immer feiner und feiner – das könnte man fast unendlich verbessern.“