Hamburg. Zivilfahnder starb nach Festnahme eines Straftäters. Rechtsmediziner Klaus Püschel ist Sachverständiger im Prozess gegen Mahmut H.
Ein Augenzwinkern. Mehr wäre nicht mehr möglich gewesen. Die Verletzungen, die der Hamburger Zielfahnder Klaus-Ulrich H. bei dem Verkehrsunfall anlässlich der Festnahme eines Straftäters davongetragen hat, sind so schwer gewesen, dass der 57-Jährige den Rest seines Lebens in einem bewegungsunfähigen Körper gefangenen gewesen wäre.
Der 57-Jährige habe eine „extrem hohe Querschnittslähmung erlitten, bei der es keine Chance auf Besserung gab“, sagte am Dienstag Rechtsmediziner Klaus Püschel als Sachverständiger in einem Prozess vor dem Schwurgericht.
Anklage lautet Körperverletzung mit Todesfolge
In dem Verfahren muss sich der Angeklagte Mahmut H. wegen Körperverletzung mit Todesfolge verantworten. Der vielfach vorbestrafte 30-Jährige hatte am 25. Februar vergangenen Jahres, als er festgenommen werden sollte, mit einer Luxuslimousine das Einsatzfahrzeug des Hamburger Zielfahnders gerammt. Zuvor hatten als Kaufinteressenten für ein Auto getarnte Zivilfahnder den Verdächtigen in ein Gespräch verwickelt.
Als einer der Beamten durch die Beifahrertür zu Mahmut H. ins Auto sprang, gab dieser laut Anklage plötzlich heftig Gas, vollzog eine enge Wende über die Fahrbahn und kollidierte frontal mit dem Polizei-BMW, in dem der Beamte H. am Steuer saß.
Angeklagter "bedauert Geschehen zutiefst"
Zum Zeitpunkt des Crashs fuhr der Phaethon des Verdächtigen laut einem Sachverständigen-Gutachten Tempo 30, der BMW des späteren Opfers war rund 35 km/h schnell. Zum Prozessauftakt hatte der Angeklagte gesagt, er bedauere das Geschehen zutiefst. „Ich dachte, es sei ein Überfall von Rockern gewesen“, meinte er mit Blick auf die Festnahmesituation.
Schon der Zustand, in dem Zielfahnder Klaus-Ulrich H. kurz nach der Kollision von Rettungskräften aufgefunden wurde, erläuterte Rechtsmediziner Püschel anhand des damaligen Notfallprokolls, habe für einen sogenannten spinalen Schock gesprochen.
Rückenmark des Unfallopfers war gequetscht
Der 57-Jährige sei nicht mehr ansprechbar gewesen, habe nicht geatmet und schlechte Kreislaufwerte gehabt. Er habe wiederbelebt und intubiert werden müssen.
Im Krankenhaus sei festgestellt worden, dass durch den Abbruch und die Verschiebung des sogenannten Zahnfortsatzes am zweiten Halswirbel das Rückenmark des Unfallopfers gequetscht war. Es habe eine große „Zerstörungszone“ gegeben.
Bei einer Operation sei dann die Wirbelsäule mittels Schrauben und Metallplatten fixiert worden, erläuterte der Experte. Doch es habe sich schnell herausgestellt, dass es bezüglich der Rückenmarksschädigung keine Chance auf Besserung gebe.
Zehn Tage nach dem Unfall war Zielfahnder Klaus-Ulrich H. tot
Für den verletzten Polizisten hätte das bedeutet, dass er bis an sein Lebensende in einem „bewegungslosen Zustand“ gewesen wäre und hätte beatmet werden müssen. „Da stellt sich immer die Frage nach der Lebensqualität.“ Schließlich wurde die weitere Behandlung gestoppt. Zehn Tage nach dem verheerenden Unfall war Klaus-Ulrich H. tot.
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Zum Zeitpunkt der Kollision ist der Zielfahnder nicht angeschnallt gewesen. Dies ist Polizisten im Einsatz auch erlaubt, sofern es für die Erfüllung ihrer Aufgaben „dringend geboten ist“, heißt es in der Straßenverkehrsordnung.
57 Jahre alter Polizist war nicht angeschnallt
Doch dass der 57-Jährige keinen Sicherheitsgurt getragen habe, habe das Ausmaß der Verletzungen durch den Aufprall erheblich verstärkt, erläuterte der Rechtsmediziner. Wenn jemand angeschnallt sei, entstehe bei einem Frontalzusammenstoß für den Kopf kein Hochgeschwindigkeitstrauma. So aber, ohne den Halt eines straffen Gurtes, habe der auslösende Airbag den Polizisten „nicht aufgefangen, sondern angestoßen“, so Püschel.
Durch die abrupte Scherbewegung sei eine größere Zerstörung entstanden. Gurt und Airbag gemeinsam könnten normalerweise sehr gut schützen. Wäre Klaus-Ulrich H. angeschnallt gewesen, ist das Fazit des Rechtsmediziners, „wäre hundertprozentig die Verletzung so nicht entstanden“.