Hamburg. Pfusch am Bau? Protokoll zeigt: Kosten für Sanierung des historischen Uni-Gebäudes steigen, auch Wände kontaminiert.

Der Pferdestall heißt Pferdestall, weil hier einst Stallungen waren. Der Boden trägt schweren Gussasphalt in sich – und den Stoff, den das Umweltbundesamt als „krebsverdächtig“ einstuft: Naphthalin. Zwei von vier Stockwerken des historischen Gebäudes der Universität Hamburg am Allendeplatz neben dem Abaton-Kino sind derzeit gesperrt.

Hier soll das seit Jahren aus dem Boden ausdünstende Naphthalin unschädlich gemacht, soll der Belag versiegelt werden. Doch mittlerweile hat sich herausgestellt, dass das Ausmaß der Umweltbelastung sowie der Umfang der Sanierung viel größer sind als befürchtet. Das hat möglicherweise auch mit Pfusch zu tun. Denn eine anfänglich gestartete Reparatur des Bodens wurde offenbar nicht fachgerecht durchgeführt. Eine Sicherheitsfolie löste sich nach Angaben von Mitarbeitern wieder ab.

Uni Hamburg: Beseitigt Sanierung nicht den Schadstoff Naphthalin?

In einem Protokoll zur Sanierung, das dem Abendblatt vorliegt, heißt es jetzt: Es habe zwei Probesanierungen gegeben. Die seien nicht erfolgreich gewesen. Auch sei eine „Freimessung“ der Belastung fehlgeschlagen. Das bisherige Sanierungskonzept sei „nicht zielführend im Sinne der Erreichung von gesundheitlich unbedenklichen Luftschadstoffgrenzwerten“ in Räumen und Fluren. Es gehe jetzt um „mögliche Modifikationen des Projektauftrages“.

Fast sieben Jahre nach der ersten Entdeckung von möglichen Schadstoffen und fünf Jahre, nachdem polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe gemessen wurden, ist das ein Schlag ins Kontor für die ausquartierten Wissenschaftler, Mitarbeiter und Studenten. Schon jetzt ist klar, dass sie entweder ihre angemieteten Räume weiter nutzen oder ein weiteres Mal umziehen müssen. Das Protokoll spricht von einer „weiterlaufenden Ersatzunterbringung“.

Pferdestall: Kosten können um 30 Prozent steigen

Die Kosten steigen durch den „weitaus größeren“ Sanierungsbedarf auch: Man schätze „grob“ 30 Prozent zusätzlich. Ob das reicht? Es geht buchstäblich um die Substanz. Die Arbeiter müssen jetzt auch den Brand- und den Denkmalschutz mitdenken. Einzelne Schlackewände, so heißt es nun, könnten ebenso kontaminiert sein. Wenn sie ersetzt werden müssen, widerspräche das dem Denkmalschutz – und der komplizierten Statik. Tragende Wände lassen sich nicht einfach einreißen, wenn im vierten Stock eine Bibliothek tonnenschwer auf dem Gesamtkonstrukt ruht. Zwischenzeitlich entsprach das Gebäude ohnehin nicht den Brandschutzvorgaben, heißt es an einer Stelle lapidar. Ende Januar soll klar sein, wie die Sanierer vorgehen wollen.

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Das Papier über den Pferdestall kursierte bereits in den Behörden. Die Uni teilte dem Abendblatt mit, man müsse gegebenenfalls umplanen, wenn die Sanierung länger dauere. „Seitens der UHH ist beim Sanierungsträger eine bauliche Lösung mit möglichst geringem Einfluss auf die Arbeitsmöglichkeiten der Mitarbeiter angefragt. Da sich die Art und der Umfang der Sanierung noch in Abstimmung befindet, liegt hierzu noch kein konkreter Vorschlag vor.“

Uni Hamburg: Zweites Gutachten zur Schadstoffbelastung

Die Wissenschaftsbehörde erklärte, schon bei der Auftragsvergabe sei klar gewesen, „dass das Gebäude auch in anderen Bereichen sanierungsbedürftig ist“. Wegen der umfangreichen Arbeiten habe man beschlossen, ein Zweitgutachten zur Schadstoffbelastung einzuholen. Man sei mit der Uni und den Planern fortlaufend im Gespräch.

Wie man ein öffentliches Gebäude aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts vom Naphthalin befreit, haben Experten des Ingenieurtechnischen Verbandes für Altlastenmanagement und Flächenrecycling in einer Fachzeitschrift vor zehn Jahren im Detail als Blaupause dokumentiert. Die damals in Berlin erfolgreich eingesetzte Spezialfolie ist eine Hamburger Erfindung.