Hamburg. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen. Senat stellt sich wegen weiter steigender Inzidenz auf neue Maßnahmen ein.

Endlich wird er geimpft. Es fehlen nur noch wenige Schritte, bis Arved Martens hier im Hamburger Impfzentrum in den Messehallen an der Reihe ist. Ursprünglich sollte der 24-Jährige mit dem AstraZeneca-Impfstoff gegen Corona geschützt werden.

Weil die Schutzimpfungen mit diesem Vakzin aber vorerst abgesagt sind, hat er am Montagabend um 21 Uhr eine E-Mail vom Impfzentrum mit der Mitteilung erhalten, dass er seinen Impftermin auf jeden Fall wahrnehmen könne und stattdessen mit Biontech gegen Corona geimpft werde.

Teilweiser Stopp der Corona-Impfungen wirft viele Fragen auf

Genau wie der des Rettungssanitäters der Feuerwehr Hamburg können alle bestehenden Impftermine wahrgenommen werden. Statt AstraZeneca werden nun Biontech und Moderna verimpft. Das hatten die Sozialbehörde und das Impfzentrum gemeinsam kurzfristig festgelegt.

Arved Martens ist es ohnehin egal, mit welchem Vakzin er geschützt wird, er macht sich keine großen Sorgen. „Meine Kollegen wurden mit AstraZenenca geimpft und haben alle keine Probleme. Ich freue mich einfach über den Schutz gegen Corona.“Gleichwohl wirft der Stopp der Impfungen mit einem der drei derzeit verfügbaren Impfstoffe viele Fragen auf. Das Abendblatt beantwortet sie hier:


Kam der Stopp für AstraZeneca für die Experten überraschend
?
„Das kam nicht aus heiterem Himmel, nachdem der Impfstoff auch in anderen Ländern bereits ausgesetzt worden war“, sagt Walter Plassmann, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hamburg und Betreiber des Impfzentrums. Er vertraut den Experten, die diesen Stopp empfohlen hatten. „Astra hatte ohnehin nicht den besten Ruf. Wir müssen das Vertrauen in den Impfstoff nun erhöhen.“ Die Impfreaktionen seien doch deutlich höher als bei Biontech.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick



Wie lange reicht der Impfstoff in Hamburg jetzt noch aus?
Zwei Wochen
lang könne weiter wie bislang geimpft werden, der Puffer sei groß genug, weil die Termine zwischen Erst- und Zweitimpfung weiter auseinandergelegt werden und so Impfstoff vorrätig ist. Im schlimmsten Fall, so Plassmann, verringerten sich die täglichen Schutzimpfungen in den Messehallen auf das Anfangsniveau. Dann werden wieder lediglich 2000 Menschen am Tag geimpft (1000 davon erhalten die Zweitimpfungen) statt wie in den vergangenen Wochen bis zu 5000 Menschen täglich.

 

Werden ähnliche Probleme mit Biontech und Moderna erwartet?
Das glaubt Plassmann nicht. „In Israel wurde damit auf breiter Front geimpft, da läuft es. Moderna und Biontech haben dieselbe Bauart.“

Was passiert mit den rund 47.000 Hamburgern, die bereits eine Erstimpfung mit AstraZeneca erhalten haben?
Laut Senatssprecherin Julia Offen wurden die ersten Impfungen mit diesem Impfstoff in der sechsten Kalender­woche verabreicht. Da zwischen erster und zweiter Impfung zwölf Wochen liegen, stünden diese erst Anfang Mai an. Bis dahin hoffe man, dass der Impfstoff wieder verfügbar sei.
 

Hamburg kündigt Corona-Notbremse an:

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Wie hoch war der Anteil des AstraZeneca-Impfstoffs in Hamburg bisher?
Hamburg hat bisher mit AstraZeneca, Biontech­ und Moderna geimpft. Von den 227.150 bisher insgesamt in Hamburg eingegangenen Dosen aller Impfstoffe seien 47.039 von AstraZeneca gewesen so, die Senatssprecherin. Das entspricht gut 20 Prozent. Die meisten Dosen hat bisher Biontech geliefert.

Welche Lieferungen werden in naher Zukunft erwartet?
Biontech liefert laut Senat derzeit verlässlich 23.500 Dosen pro Woche. Moderna liefert zweiwöchentlich, Ende dieser Woche werden 9600 Dosen erwartet, zwei Wochen danach sollen dann 14.400 in Hamburg eingehen.

 

Was bedeutet all das für Personen, die einen bestätigten Impftermin haben?
„Der vereinbarte Termin gilt. Wer einen Impftermin hat, soll sich zum angegebenen Termin mit der Bestätigung im Impfzentrum einfinden“, so die Sozialbehörde. Unabhängig von der Angabe auf der Terminbestätigung werde ein anderer Impfstoff verabreicht, in der Regel entweder von Biontech oder Moderna. Gegebenenfalls müsse daher das Datum für die zweite Impfung angepasst werden. Hierfür finde beim Check-out im Impfzentrum selbst eine neue Terminvereinbarung statt.

Was bedeutet das für Berechtigte, die einen Termin vereinbaren wollen?
„Derzeit können unabhängig von Berechtigung oder Dringlichkeit keine neuen Termine vergeben werden. Einzige Ausnahme sind Personen im Alter von über 80 Jahren. Sie gehören aufgrund ihres Alters der höchsten Priorisierungsgruppe an. Für diese stehen in begrenztem Umfang Impftermine zur telefonischen Buchung unter 116 117 bereit.“


Wer ist aktuell berechtigt, eine Schutzimpfung in Anspruch zu nehmen?
Menschen im Alter von über 80 Jahren, Beschäftigte bei ambulanten Pflegediensten, niedergelassene Ärzte und Zahnärzte sowie deren Praxispersonal, Beschäftigte im Rettungsdienst und Krankentransportbereich, Beschäftigte im öffentlichen Gesundheitsdienst und in den vom ÖGD beauftragten Testzen­tren und Apotheken, Hebammen, Trage-, Still- und Laktationsberaterinnen, Logopädinnen und Logopäden, psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten, Beschäftigte in der Hamburger Kindertages­betreuung, Tagespflegepersonal (Tagesmütter und Tagesväter), Personal von Grundschulen, Sonderschulen und Förderschulen, Vollzugspersonal von Justizvollzugsanstalten.

Wie viele Hamburgerinnen und Hamburger wurden bereits geimpft?
Laut Senat haben bisher 155.380 Menschen in der Hansestadt eine Erstimpfung bekommen, das entspreche einer Impfquote von 8,4 Prozent. 71.770 davon haben bereits die Zweitimpfung erhalten. Das entspreche einem Anteil von 3,9 Prozent an der Bevölkerung.

Wie schätzt der Hamburger Senat die aktuelle Entwicklung der Infektionslage ein?
Der Senat bewertet die Lage als „kritisch“. Infektionszahlen und Inzidenz stiegen zuletzt kontinuierlich – ebenso die Zahl der Corona-Klinikpatienten. Da der sogenannte R-Wert im Wochenmittel derzeit bei 1,13 liegt, muss von einem weiteren Anstieg der Zahlen ausgegangen werden. Der R-Wert gibt an, wie viele Menschen jeder Infizierte im Durchschnitt ansteckt. Liegt er über eins nehmen die Zahlen zu.

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Was passiert, wenn in Hamburg eine 7-Tage-Inzidenz von 100 erreicht wird?
Wenn dieser zwischen Bund und Ländern vereinbarte Schwellenwert an drei Tagen in Folge erreicht oder überschritten wird, greift die „Notbremse“. Hamburg wird dann die kürzlich verfügten Lockerungen bei Kontaktbeschränkungen wieder zurücknehmen. Statt des Termin-Shoppings wird es erneut in vielen Geschäften nur möglich sein, nach dem Prinzip „Click&Collect“ einzukaufen (ausgenommen Geschäfte des täglichen Bedarfs). Museen und Galerien werden wieder schließen, und auch für Sport im Freien wird es laut Senatssprecherin wieder Einschränkungen geben.

Was passiert mit Kitas und Schulen?
Diese sollen auch bei einem Anstieg der Inzidenz über 100 wie bisher teilweise geöffnet bleiben, so der Senat – denn es gebe hier eine Teststrategie und zudem Wechselunterricht mit verkleinerten Klassengruppen. Was bei einem Anstieg weit über 100 passiere, habe man bisher noch nicht beraten.

Welche Inzidenz gilt – die des RKI oder der höhere Hamburger Wert?
Der Senat richtet sich jetzt nach dem eigenen Hamburger Wert, der in der Regel höher liegt als der des Robert-Koch-Instituts (RKI). Begründung: Der Hamburger Wert sei aktueller.