Hamburg. Der Hochstapler Mike Wappler steht ab Montag erneut vor Gericht. Auch eine Hamburger Polizistin muss sich verantworten.

Er ist ein Blender. Ein Hochstapler. Ein mehrfach verurteilter Betrüger. Einer, der sogar mit seinen Straftaten prahlt, als habe er Großartiges geleistet. Wenn jemand seine Memoiren unter dem Titel veröffentlicht: „Milliarden Mike – Ich habe sie alle abgezockt“, sollte eigentlich jeder davor gewarnt sein, sich mit diesem Mann auf Geschäfte einzulassen. Denn letztlich profitiert von allem, was Peter Mike Wappler anfasst, vor allem einer: Er selbst.

Es ist eine sehr zweifelhafte Gabe, die dem heute 65-Jährigen immer wieder viel Geld eingebracht hat – aber auch etliche Jahre im Knast. Derzeit sitzt er in Berlin ein. Kommt jetzt eine weitere Haftstrafe hinzu? Am Montag steht Peter Mike Wappler erneut vor Gericht.

„Milliarden Mike“: Norddeutscher Betrüger über seinen Erfolg

Die Bezeichnung „Milliarden Mike“, die Wappler seit geraumer Zeit gleichsam als Künstlernamen trägt, spricht Bände. Ein Namens-Zusatz, in dem nur die schnöde „Million“ auftaucht, hätte für sein Geltungsbedürfnis wohl nicht gereicht. Bei ihm muss es immer mehr sein, die angeblichen Milliarden, die angeblich schicksten Autos, die eventuell schönsten Frauen. Wapplers Hang zu Protz und Pomp ist legendär. Ebenso sein Talent, anderen Leuten Dinge anzudrehen, die es gar nicht gibt.

Wie kommt dieser Mann, der nach eigenem Bekunden nur sehr rudimentär lesen gelernt hat und so gut wie gar nicht schreiben kann, mit seiner Masche immer wieder zu Geld? In einem Gespräch mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ erklärte Wappler seinen Erfolg so: Er könne andere Menschen blenden und ihnen eine „schöne Story einreden. Die Gier macht diese Leute blind.“

Betrüger wegen Bestechung in Hamburg angeklagt

Seine Opfer seien häufig gelangweilte Millionäre, denen verkaufe er dann „Abenteuer. Schillernden Figuren wie mir begegnen sie nie.“ Da tauche dann „so ein Paradiesvogel wie ich auf, und ich lade diese Menschen ein“. Durch ihn sähen diese Personen „eine ganz andere Welt“.

Die Frau, die sich zuletzt mit Wapp­ler auf eine zutiefst unglückselige Geschäftsbeziehung eingelassen haben soll, gehört indes eher nicht zu jener Gruppe Menschen, die Wappler als sein bevorzugtes Klientel bezeichnet, also den vom ereignislosen Alltag angeödeten Reichen. Sie ist vielmehr jemand, die in finanziellen Nöten gewesen sein soll: eine Polizeibeamtin. Die 45-Jährige muss sich von Montag an gemeinsam mit Peter Mike Wappler vor dem Landgericht Hamburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft der Hamburgerin Bestechlichkeit vor, Wappler ist wegen Bestechung angeklagt.

Abfragen in polizeiinternen Computersystemen

Es geht um zehn Fälle zwischen Februar 2018 und April 2019. In dieser Zeit sollen der mehrfach verurteilte Betrüger und die Polizeibeamtin übereingekommen sein, dass die Ermittlerin für ihn Abfragen in polizeiinternen Computersystemen tätigt. Dabei habe sie Informationen über Wappler selbst sowie über andere Personen, die für den Hochstapler von Interesse waren, abgefragt, heißt es. Laut Staatsanwaltschaft sollte die Polizeibeamtin für die heiklen Informationen jeweils 200 Euro erhalten, teilweise auch nur 100 Euro. Insgesamt habe die 45-Jährige mindestens 500 Euro von Wappler empfangen, so die Anklage.

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Für Bestechlichkeit sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor. Zudem könnte der Polizistin der Verlust ihres Beamtenstatus drohen. Wappler wiederum müsste im Fall einer Verurteilung erneut mit einer Gefängnisstrafe rechnen.

Hochstapler betrog Hamburger um Millionen

18 Jahre soll Wappler bislang insgesamt im Knast verbracht haben. In den allermeisten Fällen wurde er wegen Betruges und Hehlerei verurteilt. Seine „Spezialität“ waren sogenannte Luftgeschäfte, also Deals, bei denen er mit Dingen wie Immobilien, Schmuck und Antiquitäten handelte, die es gar nicht gab oder nicht in seinem Eigentum waren.

Der Hochstapler hat unter anderem deshalb viele Jahre im Gefängnis gesessen, weil er einen Hamburger um fast sechs Millionen Euro geprellt hat. Zuletzt kam im November 2019 zu den insgesamt 18 Jahren hinter Gitter eine Verurteilung zu weiteren dreieinhalb Jahren Freiheitsstrafe wegen schweren Betrugs hinzu.

Hochstapler führte Geschäftsleute hinters Licht

In diesem Fall gaukelte der Hochstapler mit einem Komplizen zwei Geschäftsleuten vor, er könne für sie hohe Bargeldbeträge von ihren Schuldnern eintreiben. Bei einem Treffen mit einem ersten Opfer behauptete er, er verfüge über 20 Männer – wohl mit dem Hinweis, diese könnten bei einem nicht zahlungswilligen Schuldner der Forderung den nötigen Nachdruck verleihen. Schließlich beteuerte er gegenüber seinem Auftraggeber, er habe die gewünschten 1,3 Millionen Euro eingetrieben. Allein: Es gebe da ein Problem. Der Rechtsanwalt, der das Geld verwalte, sei überraschend gestorben, und das Geld befinde sich nun über dunkle Kanäle auf dem Weg nach Russland.

Der geprellte Geschäftsmann zahlte noch mehr, um seine 1,3 Millionen zurückzuerhalten. Insgesamt erleichterte Wappler das Opfer um 300.000 Euro – ohne dass dieses eine Gegenleistung erhielt.

„Milliarden Mike": Einmal täuschte er seinen Tod vor

Ein zweiter Geschäftsmann wurde um mehr als 90.000 Euro betrogen. Auch ihm gaukelte Wappler vor, die fehlenden 1,7 Millionen Euro seien von ihm eingetrieben worden. Zur Übergabe wurde der Geschäftsmann zum Hotel Atlantic bestellt. Dort tischte man ihm die Story auf, dass der Rechtsanwalt, bei dem das Geld verwahrt werde, einen Unfall erlitten habe und nun im Koma liege. „Sie haben das wie ein Unternehmer perfektionistisch gehandhabt: Hoffnung wecken, wo keine Hoffnung mehr war“, sagte damals der Richter an die Adresse von Milliarden Mike. „Dabei sind Sie gnadenlos mit Ihren Opfern umgegangen.“

Das Repertoire an Räuberpistolen ist bei Wappler offenbar schier unerschöpflich. Einmal, so heißt es in dem Gespräch des 65-Jährigen mit der „Zeit“, habe er nach einer Betrügerei seinem Opfer gegenüber sogar seinen eigenen Tod vorgetäuscht. Doch dann habe der Betrogene gesehen, wie Wappler quicklebendig in einer Fernsehsendung saß. „Da musste ich mir etwas Neues ausdenken“, erzählte der Hochstapler. „Ich bin einfach wiederauferstanden.“