Hamburg. Rainer Schnell bietet seine Altbauwohnung auf der Uhlenhorst zu einem günstigeren Preis an. Dabei gilt eine unübliche Bedingung.

Kann ich mir durch den Verkauf meiner Wohnung etwas mehr finanzielle Freiheit verschaffen und meine Rente trotzdem in meinem gewohnten Zuhause verbringen? Diese Frage stellte sich der 72 Jahre alte Rainer Schnell und kam zu dem Schluss: ja, das geht.

Er bietet seine 142 Quadratmeter große Altbauwohnung mit viereinhalb Zimmern auf der Uhlenhorst aktuell zum Verkauf an – für einen angesichts der Lage vergleichsweise niedrigen Preis von 1.095.000 Euro, dafür mit einem unentgeltlichen Wohnrecht.

Immobilie in Hamburg: Traumwohnung unter Wert

Das bedeutet: Schnell bleibt auf absehbare Zeit in der Wohnung, kann den Erlös aber schon nutzen. „Ich hänge an der Wohnung, ich habe sie wachsen sehen. Vorher, nachher. Von daher möchte ich auch hierbleiben“, sagt der ehemalige Geschäftsführer einer Unternehmensberatung, der sich das Objekt mit den großen Fensterflächen, zwei Balkonen und zwei Badezimmern in Alsternähe im Jahr 2008 mit seiner Frau gekauft hatte. Seit 2017 lebt er allein in der Immobilie, beim Verkauf wird der Erlös zwischen den ehemaligen Partnern auseinandergerechnet.

Besondere Immobilie in Hamburg: Rainer Schnell verkauft seine großzügige Wohnung auf der Uhlenhorst.
Besondere Immobilie in Hamburg: Rainer Schnell verkauft seine großzügige Wohnung auf der Uhlenhorst. © Marcelo Hernandez | FUNKE Foto Services

Dabei ist Schnell verschiedene Szenarien durchgegangen: Kurzfristig hatte er die Wohnung untervermietet, mit nur einem Schlafzimmer war dies nicht die passende Lösung. Und auch eine sogenannten Leibrente – einen Betrag, den ein neuer Käufer monatlich an ihn zahlen würde – lohnte sich nicht, meint Schnell: „Da müsste ich über hundert Jahre alt werden. Das fiel also schon mal aus.“

Besondere Immobilie in Hamburg: Die Altbauwohnung auf der Uhlenhorst.
Besondere Immobilie in Hamburg: Die Altbauwohnung auf der Uhlenhorst. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

So fiel die Entscheidung auf den Verkauf mit Wohnrecht. Wie das Abendblatt bereits berichtete, ist der Markt für die Verwertung von Immobilien im Alter in Bewegung – Engel & Völkers etwa gründete das eigene Tochterunternehmen „LiquidHome“, das Teilverkäufe von bis zu 50 Prozent betreut. Schnell entschied sich dagegen, ein auf Wohnrecht spezialisiertes Unternehmen zu beauftragen, um den Rahmen und die Dauer in seinem Fall individueller festlegen zu können.

Immobilien: Das Wohnrecht kann individuell gestaltet werden

„Meine Lebenserwartung liegt statistisch bei noch etwa 13 Jahren. Darauf kann man das Wohnrecht genau abstellen“, so Schnell. „Und je kürzer das Wohnrecht ist, das ich jetzt beanspruche, umso höher kann ich den Preis für meine Wohnung ansetzen.“

Für Verkäufe mit Wohnrecht gibt es mehrere Modelle: etwa zur Miete zu bleiben oder mit stärker gemindertem Kaufpreis quasi kostenfrei zu wohnen und nur die Nebenkosten zu tragen. „Das sind alles Themen, die dann in Einzelsituationen besprochen und beraten werden“, sagt Dane Dörfert, dessen Immobilienfirma Schnells Verkauf betreut.

Hamburger will für Wohnung 1.095.000 Euro haben

„Wir sagen den Verkäufern aber auch: Je berechenbarer es ist, desto besser wird der Kaufpreis sein. Wenn man etwa mit maximal zehn Jahren Wohnrecht und entsprechenden Wenn-Dann-Szenarien plant, ist es eine andere Situation als bei Wohnrecht ohne klare Berechenbarkeit.“ Das Wohnrecht wird in Absprache mit Anwälten und Notaren zum Beispiel grundbuchamtlich festgehalten.

Rainer Schnell will das Wohnrecht für seine Wohnung behalten.
Rainer Schnell will das Wohnrecht für seine Wohnung behalten. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Rainer Schnell ruft für seine Wohnung einen Preis von 1.095.000 Euro auf. Dabei sei eine „fiktive Miete“, die auf dem gängigen Mietzins für den Bereich auf der Uhlenhorst basiert, vom Kaufpreis abgezogen worden. Üblich ist für eine Immobilie in der Lage von Schnells Wohnung ein Verkaufspreis von zwischen 10.000 und 12.000 Euro pro Quadratmeter, sagt Dane Dörfert. Das wären hier zwischen 1,4 und 1,7 Millionen Euro.

Transaktionen mit Wohnrecht noch Einzelfälle

„In der Zeit, in der ich weiter hier wohne, steigert sich auch der Wert des Objekts für den neuen Käufer“, sagt Schnell. Das ist auch aus Dörferts Sicht der größte Mehrwert für Käufer. Trotzdem sei dieses Modell in Deutschland noch nicht hundertprozentig angekommen, so Dörfert. Vor allem werde es von Kapitalanlegern oder Menschen, die ein Objekt günstiger erwerben möchten, als es sonst auf dem freien Markt der Fall wäre, genutzt.

„Das passt dann für Käufer, die nicht sofort einziehen möchten oder müssen und das Objekt perspektivisch selbst nutzen möchten.“ Trotzdem blieben Transaktionen mit Wohnrecht aktuell eher Einzelfälle. Im vergangenen Jahr waren es bei Dörfert fünf von insgesamt etwa 100 Transaktionen. „Wir merken aber eine Häufung“, so Dörfert. Mehr Verkäufer würden entsprechende Anfragen stellen.

Immobilien-Verkauf für mehr Liquidität im Alter

„Ich möchte mit ruhigem Gewissen, ohne Geld von einer Seite auf die andere schieben zu müssen, mehr Liquidität im Alter haben“, begründet Schnell seine Entscheidung zum Verkauf mit Wohnrecht. „Ich möchte da auch nicht in Stress geraten.“

So möchte er sich zum Beispiel wieder ein Auto und entsprechenden Garagenstellplatz zulegen, reisen und sich im Keller einen Hobbyraum mit Modelleisenbahnen einrichten – bisher steht nur ein einziges Modell in einer Glasvi­trine in seinem Büro. Für seine 40 Jahre alte Tochter möchte er außerdem Geld in einem Aktienpaket anlegen.