Hamburg. Marktbetreiber in Hamburg sprechen von Umsatzrückgängen von bis zu 80 Prozent. Schuld an den Verlusten sei auch die 2G-Regel.

Auf ein großes Geschäft hatten die Weihnachtsmärkte in der Innenstadt gehofft. Denn im vergangenen Jahr waren die geselligen Zusammenkünfte bei Glühwein in Hamburg wegen Corona ausgefallen, und 2021 sollte es wieder so richtig losgehen. Diesmal mit dem 2G-Modell, also mit abgeriegelten Flächen und Sicherheitskräften, die an den Eingängen die Impf- oder Genesennachweise und Ausweisdokumente kon­trollieren. Seit dem 18. November haben die Weihnachtsmärkte geöffnet – und bislang laufen die Geschäfte schlecht.

Auf der Spitalerstraße und auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz betreibt Robert Kirchhecker die Weihnachtsmärkte. Die ersten Tage sei es recht gut gelaufen, doch seit Montag sei die Nachfrage verhalten, sagt Kirchhecker dem Abendblatt. Er nennt auch Zahlen: „Die Umsatzeinbußen im Vergleich zu 2019 liegen bei rund 70 Prozent. Das ist für mich und die anderen Familienbetriebe ein finanzielles Desaster.“ Auf den Märkten von Robert Kirchhecker sind rund 70 Betriebe vertreten, ein Drittel weniger als sonst.

Weihnachtsmarkt in Hamburg: 2G-Regel macht’s teurer

An der Spitalerstraße sind einzelne Stände, die Getränke und Speisen verkaufen, umzäunt. Der Gerhart-Hauptmann-Platz ist komplett abgeriegelt – auch hier gilt die 2G-Regelung. „Wir müssen für die Sicherheitsmaßnahmen, damit wir 2G umsetzen können, rund 75.000 Euro extra aufwenden. Massive Umsatzeinbußen und dann dieser Betrag noch on top, das bedeutet hohe Verluste“, sagt Robert Kirchhecker. Und er bekommt häufig Besuch von den Ordnungshütern. „Die Polizei ist bei uns Stammgast und ist manchmal bis zu 30-mal am Tag auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz unterwegs, um sicherzugehen, dass alle Regeln eingehalten werden. Dazukommen die dauernden Berichte über steigende Corona-Inzidenzen. Das alles macht nicht unbedingt Lust auf einen unbeschwerten Weihnachtsmarktbesuch.“

Aber Kirchhecker ist es wichtig zu betonen, dass Weihnachtsmärkte keine Pandemietreiber sind. „Bei uns ist man unter freiem Himmel und nicht irgendwo in einem engen aufgeheizten Raum zusammen. Dazu kommt die 2G-Regelung, von den Weihnachtsmärkten geht also wenig Risiko aus.“

Ein beliebter Weihnachtsmarkt in Hamburg ist jener auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz. Marktbetreiber Robert Kirchhecker ist enttäuscht von der bisherigen Bilanz.
Ein beliebter Weihnachtsmarkt in Hamburg ist jener auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz. Marktbetreiber Robert Kirchhecker ist enttäuscht von der bisherigen Bilanz. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Der Branchen­experte, der auch Präsident vom Schaustellerverband von Hamburg 1884 ist, zieht ein erstes Fazit: „Ich höre auch von anderen Weihnachtsmärkten, dass die Umsätze bislang weit hinter den Erwartungen zurück geblieben sind.“ Für Kirchhecker persönlich steht fest: „Wenn ich vorher gewusst hätte, wie sich das alles entwickelt, hätte ich in diesem Jahr auf den Aufbau meiner Weihnachtsmärkte verzichtet.“

80 Prozent weniger Umsatz auf Weihnachtsmarkt in Hamburg

Die erste Woche sei immer nicht so viel los, sagt Katja Dieckmann-Zerbe, die gemeinsam mit ihrem Mann Alfons Zerbe die Weihnachtsmärkte auf dem Gänsemarkt und an der Petrikirche betreibt. Doch dass es so schlecht läuft, haben die beiden noch nie erlebt. Von bis zu 80 Prozent weniger Umsatz spricht Dieckmann-Zerbe.

Weiter geht es auf den Rathausmarkt, den Roncalli bespielt. Aber auch dort boomt es nicht. Es sei weniger los als sonst, sagt Sprecherin Heide Mombächer. Auch die Touristen fehlten in diesem Jahr. Auf Abendblatt-Anfrage sagt Hamburg-Tourismus-Chef Michael Otremba: „Die vierte Welle der Pandemie geht einher mit einer großen Stornierungswelle für die Tourismuswirtschaft, hervorgerufen nicht nur durch Ungeimpfte.“ Und die Stimmung ist bereits auf dem Tiefpunkt. Die Zwangspause für die Gastronomie und Hotellerie begann im vergangenen Jahr am 2. November – wegen Corona.

Große Hoffnung auf Weihnachtsgeschäft ist geplatzt

Jetzt, gut ein Jahr später, sind die Lokale und Hotels zwar noch geöffnet, aber Dehoga-Vizepräsident Niklaus Kaiser von Rosenburg spricht bereits von einem „Lockdown light“: „Es wird von Woche zu Woche schlimmer. Der Senat kommt dauernd mit neuen kurzfristigen Restriktionen, die unsere Branche dann umsetzen muss. Die große Hoffnung auf das Weihnachtsgeschäft ist geplatzt.

Sozusagen im Minutentakt gehen in der Gastronomie die Stornierungen für die Weihnachtsfeiern ein. Dabei spielen zwei Faktoren eine Rolle: Zum einen haben die Unternehmen Angst davor, dass nach der Zusammenkunft Corona-Fälle auftreten könnten, und zum anderen möchte man natürlich auch nicht die ungeimpften Mitarbeiter ausschließen.“

Der bekannte Gastronom Hannes Schröder führt unter anderem die Eventlocation Kraftwerk in Bahrenfeld, die Restaurants Küchenfreunde am Lehmweg und das „Was wir wirklich lieben Herzstück“ am Eppendorfer Weg sowie das Szenelokal Botanic District an der Hegestraße. Bei ihm hat sich die Lage in der vergangenen Woche dramatisch zugespitzt. „Wir hatten bereits mehr als 40 Absagen für Weihnachtsfeiern mit jeweils mehr als 30 Personen. Allein dadurch entsteht uns ein Schaden von rund 100.000 Euro. Denn wenn die Stornofristen eingehalten werden, können wir den Kunden auch nichts berechnen. Die Argumentation für die Absagen sind die hohen Inzidenzen“, sagt Schröder dem Abendblatt.

Auch Hotelbuchungen für Weihnachten in Hamburg abgesagt

Gastronom Marc Ciunis, Chef vom beliebten Bar-Restaurant Tortue in den Stadthöfen in der Innenstadt, berichtet: „Wir hatten schon zahlreiche Absagen größerer Weihnachtsfeiern.“ Aus dem Hotel Grand Elysée an der Rothenbaumchaussee, das über viele Räumlichkeiten für Veranstaltungen verfügt, heißt es: „Wir erhalten vermehrt Anrufe von verunsicherten Gästen, die sehr viele Fragen haben. Hinzukommen vereinzelte Absagen.“

Und abgesehen von den abgesagten Weihnachtsfeiern: Seit die 2G-Regel am 20. November in der Gastronomie zur Pflicht wurde, ist die Lage nicht besser geworden. „Die Umsätze in den Restaurants und Lokalen sind weiter zurückgegangen. Das liegt aber primär daran, dass die Menschen aufgrund der Corona-Panikmache der Politik inzwischen Angst haben, überhaupt noch essen zu gehen.

Außerdem – und das ist wirklich paradox: Mit dem 2G-Zwang sind ja nun auch im Gegensatz zum 3G-Modell in allen Gastronomien Maskenpflicht und Abstandsregelungen gefallen, das verunsichert auch manche Gäste“, sagt Dehoga-Vizepräsident Kaiser von Rosenburg, der das Traditionshotel Baseler Hof an der Esplanade führt und in dessen Haus bereits 20 Prozent der Zimmerbuchungen für die Vorweihnachtszeit abgesagt wurden. Auch in den Hamburger Hotels gilt ab heute 2G.