Themen: Rekordinvestitionen für Bahn +++ EU und China verhandeln über Strafzölle +++ Millionär in Sozialwohnung – das ist möglich

Ein Blick hinter die Zahlen

24. Juni: „Hamburg investiert ab jetzt Rekordsummen in den Bahnausbau. Fünf Milliarden Euro fließen bis 2028 in umweltfreundliche Projekte, viel davon in die Schiene“ und Leitartikel: „Milliarden für die Schiene. Senat investiert klug in die Infrastruktur – aber viele Fragen bleiben“

Es macht sich immer gut, große Summen für vom gesellschaftlichen Konsens getragene Projekte zu verkünden. Guckt man hinter die gigantischen Zahlen, die Senator Tjarks verkündet, dann sieht die Realität doch ein wenig blasser aus. Zum einen handelt es sich um Projekte, die vor Längerem beschlossen wurden, zum anderen stehen sie noch unter dem Vorbehalt, dass der Bund auch seinen Teil mitfinanziert. Aber da sieht es eher trübe aus, denn gerade im Etat des Bundesverkehrsministeriums, und hier besonders bei den Bahninvestitionen, wurde der Rotstift angesetzt. Dies wird besonders dramatisch deutlich für das Projekt Taktverdichtung für die S-Bahn nach Bergedorf und Harburg. Dessen Realisierung ist aber abhängig vom Bau eines digitalen Stellwerks für die S-Bahn am Hauptbahnhof für über eine Milliarde Euro. Aber genau das Projekt ist auf der bundesweiten Streichliste für nicht finanzierbare Bahnprojekte. Auch wird sich die Taktverdichtung/Einführung der S6 nach Harburg erst umsetzen lassen, wenn die aufwendige Sanierung der Elbbrücken abgeschlossen ist. Das wird nicht vor 2036 der Fall sein. Im Zeitraum zuvor wird es eher zu massiven Einschränkungen des S- und Regionalbahnverkehrs in den Süderelberaum kommen. Und ob die U5 mit einem begrenzten verkehrlichen Nutzen für insgesamt 16 Milliarden Euro bis 2040 kommt, ist eher zu bezweifeln, genauso, wie es für die S4 Ost bisher keinen rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss gibt. Ein wirklicher Sprung vorwärts zu einer umweltfreundlichen Mobilität wäre nur gemacht, wenn man mit den verkündeten großen Investitionssummen die Einführung der Straßenbahn z. B. nach Lurup/Osdorfer Born vorantreiben würde, was auch Herr Iken in seinem Kommentar mit Recht kritisch bemerkt.

Michael Jung

China hat das Sagen

24. Juni: „EU und China verhandeln über Strafzölle. Beide Seiten wollen neue Abgabe auf Elektroautos vermeiden – Erfolg auch für Wirtschaftsminister Habeck“

In Deutschland findet die Fußball-Europameisterschaft statt, und auf den Stadionbanden präsentieren sich nicht heimische Autohersteller wie BMW, Mercedes oder VW, sondern der chinesische BYD. Hinzu kommen Alipay, AliExpress, Hisense und Vivo. Noch vor Kurzem haben sich diesen lukrativen Werberaum weitgehend deutsche Unternehmen reserviert. Es ist ein Sinnbild: Der schlafende Riese China ist längst erwacht und auf seiner Seidenstraße mit seinem gesamten Produkt- und Dienstleistungsportfolio weit nach Europa vorgedrungen. Wer meint, diese Entwicklung mit Strafzöllen zurückdrehen zu können, schläft den Schlaf der Ewiggestrigen. Der chinesische Ministerpräsident macht Wirtschaftsminister Habeck mit seiner kurzfristigen Absage zu einem Zoll-Treffen sehr deutlich, wer das Sagen hat. Immerhin wollen China und die EU reden.

Rando Aust

Fehlbelegungsabgabe muss sein

22./23. Juni: „Millionär in Sozialwohnung – das ist möglich. Mieter in staatlich geförderten Wohnungen werden nicht überprüft. Ist das noch gerecht? Debatte um Fehlbelegungsabgabe“

Absurd. Auch in unserem Umfeld ist mindestens eine Familie, die vor ca. 15 Jahren (berechtigterweise) in eine Sozialwohnung eingezogen ist. Heute ist das Familieneinkommen ein ganz anderes. Eine Fehlbelegungsabgabe ist ein Muss und sollte sich sowohl am Einkommen als auch an der marktüblichen Miete orientieren.

Heinz N. Fischer

Eintritt zahlen mit Gesang

22./23. Juni: „Abiball: Warum Lehrer nicht eingeladen werden. Schüler wollen Pädagogen Karte für das Fest schenken. Doch die müssen ablehnen – wegen Korruptionsverdachts“

Gute Güte, man kann es mit dem Korruptionsverdacht auch übertreiben. Ich schlage vor, den Lehrkörper zum Abiball als A-cappella-Formation zu engagieren. Damit ist der Eintrittspreis entrichtet und das Problem erledigt sich eventuell.

Eckehard Thiele

Kein Geld für die Eintrittskarte?

Ich dachte beim Lesen an einen Aprilscherz. Hamburger Studienräte sind im Vergleich bestbezahlte Staatsdiener auf Lebenszeit: Oft genug handelt es sich um akademische Doppelverdiener. Da ist kein Geld übrig für eine Abiball-Eintrittskarte? Damit machen sich die Pädagogen als Berufsgruppe lächerlich. Ich vermute: Totale Staatsalimentationsmentalität grassiert nicht nur in Hamburg … oder soll ich als Steuerzahler die Abifete zahlen?

Herbert Wärtsch

Kopfschütteln am Freitag

20. Juni: „Dohnanyi am Freitag: Mutig sein und handeln. Der Altbürgermeister im Gespräch mit Matthias Iken. Heute über Wettbewerbsfähigkeit“

Der Freitagmorgen beginnt bei mir am Frühstückstisch häufig mit einem Kopfschütteln – nämlich immer dann, wenn ich im Abendblatt die Rubrik „Dohnanyi am Freitag“ lese. Meistens geht es ja um den völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine, für den der einstmals von mir als Hamburger Bürgermeister so geschätzte Herr von Dohnanyi gerne den USA die Schuld gibt, manchmal um „Grünen-Bashing“, bei der insbesondere die sympathisch mutige, manchmal vielleicht etwas naive Frau Baerbock ihr Fett abbekommt. Diesmal also die EU – er zitiert ausgerechnet Schiller: „Der Starke ist am mächtigsten allein!“ und will zurück zu einem föderalen Verbund selbstständiger Nationalstaaten – im Ernst jetzt? Ist das nicht genau die Position, die die Rechtspopulisten in Europa vertreten? Um nicht missverstanden zu werden, bitte behalten Sie die Rubrik bei – das Kopfschütteln würde mir sonst fehlen …

Michael Bock, Hamburg

Nach Kiel wie zur Kaiserzeit

20. Juni: Gastbeitrag: „Wir hängen die Jugend ab – das wird sich rächen“

Die Züge sind keineswegs klapprig, sondern neu oder relativ neu – leise, bequem und sauber. Kaum auf dem Gleis sind sie leider oft schon voll gesprüht. Waren das die Sprayer-Rentner oder die angeblich abgehängte Jugend? Die Zuverlässigkeit ist tatsächlich sehr schlecht, weil u. a. das Netz und die Stellwerkstechnik unterfinanziert und alle Digitaltechnik störanfällig ist. Dazu kommt, dass die Verbindung Hamburg–Kiel alle halbe Stunde befahren wird und nachts stündlich – auf nur zwei Gleisen wie zur Kaiserzeit. Deutschland wollte nie eine bessere Bahn, das hätte die Autoindustrie gestört, und Schleswig–Holstein hat keine Wirtschaftskraft, sondern lebt vom Länderfinanzausgleich.

Dietrich Blume

Auto oder Zelt mitnehmen

Vollste Zustimmung. Wir muten der Jugend zu, auf Züge zu warten, die nie kommen – und wenn, dann rattern die Züge ins Nirgendwo. Die Realität für Berufspendler und Studierende aus Schleswig-Holstein Richtung Hamburg ist ernüchternd. Homeoffice, Auto – oder für Studies: Zelt mitnehmen ist angesagt. Das Land Schleswig-Holstein behandelt Einwohner wie Gäste bei der Benutzung des ÖPNV zwischenzeitlich wie Vieh. Wobei mir die Rindviecher den Vergleich verzeihen mögen. Verspätungen, Ausfälle und völlig unzureichender und überfüllter Schienenersatzverkehr mit zu wenig Bussen allerorten. Dass mal die olle Diesellok beim Umspannen in Itzehoe streikt, ist da schon Folklore. Und jetzt noch weitere Kürzungen, weil der Bund offenbar Gelder vorenthält. Das nennt man dann Zukunft.

Volker Mistereck

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