Hamburg. Ulrich Oldehaver zeigt, wie man jeden Menschen in kurzer Zeit durchschaut – und dass es nicht viel braucht, um gelassener zu werden.

Sein Buch „Der Persönlichkeits-Code“ ist ein „Spiegel“-Beststeller. Darin erklärt Mentalcoach Ulrich Oldehaver die zehn Programme, die jeden Menschen steuern, wie man sie erkennt und nutzen kann. In unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ spricht der Chef des Hamburger Unternehmens Mindvisory jetzt über die fünf Menschen, auf die es für jeden im Leben ankommt, einfache Tricks für mehr Gelassenheit – und über die entscheidende Frage, worauf man seine Aufmerksamkeit lenkt. Zu hören ist das komplette Gespräch unter www.abendblatt.de/entscheider

Das sagt Ulrich Oldehaver über …

… die Frage, wie schnell man die Denk- und Verhaltensstrukturen von Menschen erkennt: „Nach vier bis fünf Minuten eines normalen Gesprächs mit jemanden kenne ich dessen unbewusste Denk- und Verhaltensstrukturen, weil die sich auch in der Sprache zeigen und ausdrücken. Grundsätzlich gilt: Je ähnlicher man sich in der Denkstruktur ist, desto weniger fallen einem die Besonderheiten des Gegenübers auf, weil dann ein harmonisches Gespräch wie von selbst stattfindet. Problematisch und damit auch interessant wird es, wenn der Unterschied in den Denkstrukturen groß ist.“

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… unterbewusste Programme, die die Menschen steuern: „Es gibt 64 Programme, die Menschen unterbewusst steuern, aber 54 davon muss man nicht kennen. Da sind so Dinge wie die innere Zeitwahrnehmung meines Gegenübers dabei, die aber für die Kommunikation und die Frage, wie ich ihn beeinflussen kann, irrelevant sind. Wenn man sich mit den wichtigen zehn Programmen beschäftigt, so, wie ich sie in meinem Buch vorstelle, dann kann man relativ schnell andere Menschen besser kennenlernen und verstehen als sie sich selbst.“

… fünf Menschen, auf die es ankommt: „Wir sind im Grunde eine Mischung der fünf Menschen, mit denen wir die meiste Zeit verbringen und die in unserem Leben den größten Einfluss auf uns haben. Wenn ich eine bestimmte Zeit mit Personen zusammen bin, zu denen ich aufblicke, ist es sehr wahrscheinlich, dass ich irgendwann Teile ihrer Denkmuster übernehme. Heißt auch, dass sich das immer wieder ändern kann, je nachdem, mit welchen anderen Menschen man Kontakt hat und wie man sie respektiert. Die Umprogrammierung passiert automatisch. Man erlebt das gut in Firmen, in denen es einen sehr charismatischen Chef gibt: Dort sehen die Mitarbeiter der zweiten Führungsebene oft wie Klons des Vorgesetzten aus. Grundsätzlich ist mein Tipp an alle Menschen: Umgib dich mit den Leuten, die so sind, wie du sein möchtest.“

… die Veränderungsbereitschaft des Menschen: „Jeder Mensch kann sich verändern, es ist nur eine Frage, ob man es auch will und bereit ist, Zeit darauf zu verwenden und sich anzustrengen. Ich muss in diesem Zusammenhang immer an eine Geschichte mit David Garrett denken, zu dem ein Fan nach einem Konzert gesagt haben soll: ‚Ich würde mein Leben dafür geben, wenn ich so Geige spielen könnte wie Sie.‘ Und Garrett antwortete: ‚Ja, und genau das habe ich gemacht.‘ Es ist nicht leicht, sich zu verändern, aber es ist möglich, wenn man sich Mühe gibt.“

… die Kunden, die zu einem Mentalcoach wie ihm kommen: „In der Regel kommen zu uns erfolgreiche Menschen, die noch erfolgreicher werden wollen. Darunter sind viele Spitzensportler, Olympioniken genauso wie Erstliga-Athleten. Ganz häufig sind die sogenannten Trainingsweltmeister dabei, also Sportler, die quasi jeden Tag Topleistungen bringen, aber eben nicht bei den großen Ereignissen wie einer Weltmeisterschaft oder Olympischen Spiele. Denen können wir helfen, weil es bei ihnen ja nicht um körperliche, sondern um mentale Defizite geht.“

… die Kommunikation von Bundeskanzler Olaf Scholz und seiner Bundesregierung: „Es sind herausfordernde Zeiten, in denen sich ein Land und die Gesellschaft eine besonders klare, geradlinige Kommunikation wünscht und auch von der Regierung erwartet. Das wird deshalb nichts, weil es diese Kommunikation schon in der Ampel-Regierung, also unter- und miteinander, nicht gibt. Wo intern keine Stringenz vorhanden ist, kann sie auch nach außen nicht vermittelt werden. Allerdings muss man auch sagen, dass es ein Bundeskanzler wie Olaf Scholz als Kommunikator schon deshalb schwer hat, weil ihn rund drei Viertel der Menschen gar nicht gewählt haben. Trotzdem würde ihm in seiner Kommunikation ein wenig mehr Klarheit und vor allem Emotionalität helfen, um die Leute mitzunehmen. Es sind schließlich nicht die nackten Botschaften, die etwas bewirken. Eine Botschaft soll bei dem, der sie erhält, etwas erzeugen. Wenn ich aber wie Olaf Scholz in meiner Kommunikation bewusst jede Emotion herausnehme, dann habe ich fast 80 Prozent der Chance, bei anderen Menschen etwas auszulösen, von vornherein vergeben. Was Olaf Scholz zum Kanzler gemacht hat, ist nach meiner Einschätzung nicht die zur Schau gestellte Emotionslosigkeit, sondern, dass das Gegenteil in den Plakatkampagnen vor der Bundestagwahl zum Ausdruck kam. Auf den Bildern dort kam er als der emotional starke Macher rüber. Dieses sorgfältig aufgebaute Image hat er in seiner Kanzlerschaft damit eingerissen, wie er kommuniziert hat.“

„Entscheider treffen Haider“

… einfache Methoden für mehr Gelassenheit: „Die einfachste Methode für mehr Gelassenheit ist, doppelt so lange auszuatmen wie einzuatmen. Also: wer drei Sekunden einatmet, atmet sechs Sekunden aus, usw. Eine andere Möglichkeit, gerade für Menschen, denen immer irgendetwas im Kopf herumgeht, ist, die Zunge auf dem Mundboden abzulegen. Dann wird der innere Dialog sofort beendet. Grundsätzlich ist der Zustand, in dem wir uns befinden, abhängig davon, worauf wir unsere Aufmerksamkeit lenken. Wenn einem der eigene Zustand nicht gefällt, kann es schon helfen, seine Aufmerksamkeit auf andere Dinge zu steuern. Es gibt jeden Tag unzählige Themen, die uns Angst und Stress machen können, und es gibt Millionen Sachen, die einfach nur wunderbar sind. Die entscheidende Frage ist, wohin man den Blick wendet. Das Schöne an der Begrenztheit unseres Verstandes ist dabei, dass wir nicht beides gleichzeitig können, also sowohl besorgt und ängstlich als auch glücklich und zufrieden sein. Die Frage ist, was man will.“

… den Unterschied, der den Unterschied macht: „Mein Interesse an der Arbeit als Mentalcoach geht zurück auf die Anfänge meiner Zeit als Skirennfahrer. Ich wollte wissen, was der Unterschied ist, der den Unterschied macht. Trainingswissenschaftlich sind die Spitzensportler überall auf der Welt ungefähr auf demselben Stand, das Material ist vergleichbar usw. Also: Wonach entscheidet sich, wer das Rennen gewinnt? Das findet alles vor allem im Kopf statt, und das wollte ich verstehen, deshalb habe ich unter anderem drei klassische therapeutische Ausbildungen gemacht.“