Hamburg. Bundeskanzler wirbt am Altonaer Fischmarkt für seine Ukraine-Politik. Doch einigen Demonstranten geht es um ein ganz anderes Thema.

Zum Auftakt des Europawahlkampfs der SPD hat Bundeskanzler Olaf Scholz seinen „Kurs der Besonnenheit“ im Ukraine-Krieg hervorgehoben. „Ich wundere mich, wenn einige sagen, besonnene Politik ist nicht richtig“, betonte der Kanzler am Sonnabend bei einer Großkundgebung am Altonaer Fischmarkt in seiner Heimatstadt Hamburg. „Wir machen das Meiste, aber wir machen es klug abgewogen, zum richtigen Zeitpunkt und mit aller Konsequenz.“

Begleitet wurde die Kundgebung am Rande von pro-palästinensischen Demonstranten. Diese warfen dem Kanzler vor, das Leid der palästinensischen Bevölkerung im Gaza-Krieg mitzuverantworten. Polizisten mussten die Kundgebung gegen die teils wütenden Protestler abschirmen, die zuvor schon mit Plakaten durch die Innenstadt gezogen waren.

Bundeskanzler Olaf Scholz läutete am Fischmarkt in Altona die heiße Phase des Europawahlkampfs für die SPD ein.
Bundeskanzler Olaf Scholz läutete am Fischmarkt in Altona die heiße Phase des Europawahlkampfs für die SPD ein. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Olaf Scholz in Hamburg: Versprechen an diejenigen, „die Angst haben“

Scholz bekräftigte in seiner Rede, dass Deutschland unter seiner Führung als - wie er sagte - größter Waffenlieferant weiter an der Seite der Ukraine stehen, aber eine direkte Konfrontation der Nato mit Russland vermeiden werde. „Denjenigen, die sich Sorgen machen, die Angst haben, denen sage ich: Sie können sich darauf verlassen, dass egal, wie die Debatten jeweils laufen, der deutsche Bundeskanzler, die von mir geführte Regierung, den Kurs der Besonnenheit, den Kurs, abgewogen zu handeln und Frieden und Sicherheit in Europa zu gewährleisten, nicht verlassen werden.“

Am Fischmarkt kam es zu deutlichen Protesten gegen Olaf Scholz von pro-palästinensischen Demonstranten.
Am Fischmarkt kam es zu deutlichen Protesten gegen Olaf Scholz von pro-palästinensischen Demonstranten. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Scholz wird von der Union, aber auch von Politikern seiner beiden Koalitionspartner Grüne und FDP für sein Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern in die Ukraine scharf kritisiert. Die große Mehrheit der Bevölkerung steht Umfragen zufolge aber hinter seiner Entscheidung. Scholz war vor diesem Hintergrund vorgeworfen worden, die Entscheidung gegen Taurus getroffen zu haben, um einen „Friedens-Wahlkampf“ führen zu können.

Olaf Scholz in Hamburg: In der Tradition von Brandt und Schmidt

„Frieden“ ist nun einer der zentralen Begriffe auf den SPD-Wahlplakaten für die Europawahl am 9. Juni, auf denen Scholz und Spitzenkandidatin Katarina Barley zusammen zu sehen sind. Parteichef Lars Klingbeil erklärte das auf der Kundgebung auf dem Altonaer Fischmarkt damit, dass sich die SPD mit ihren früheren Kanzlern Willy Brandt und Helmut Schmidt immer wieder für Frieden in der Welt starkgemacht habe.

Bundeskanzler Olaf Scholz trat auf dem Fischmarkt zusammen mit Spitzenkandidatin Katharina Barley auf.
Bundeskanzler Olaf Scholz trat auf dem Fischmarkt zusammen mit Spitzenkandidatin Katharina Barley auf. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

„Und diese Politik, in dieser Tradition, setzt unser sozialdemokratischer Kanzler Olaf Scholz fort. Und ich bin dankbar dafür, wie besonnen er in dieser Zeit, wo so vieles aus den Fugen gerät, handelt.“

Olaf Scholz in Hamburg: Ukraine-Krieg vor Rente und Kampf gegen Rechts

Scholz stellte den Krieg in der Ukraine an den Beginn seiner ersten Wahlkampfrede - vor andere Themen wie den Kampf gegen Rechts und die Absage an eine Anhebung des Renteneintrittsalters. In einer Diskussionsveranstaltung mit Bürgern in Lüneburg bekräftigte er unmittelbar vor dem Wahlkampfauftakt seine Absage an eine Taurus-Lieferung - und nannte den Marschflugkörper sogar beim Namen, was er bisher immer vermieden hat.

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Die Waffe reiche 500 Kilometer weit und sei so präzise, „da können wir direkt ein Wohnzimmer ansteuern“, sagte er. Deswegen habe er gesagt: „Das ist nur verantwortlich, wenn wir die Kontrolle über die Zielsteuerung behalten.“ Das würde aber eine Kriegsbeteiligung bedeuten und komme deshalb nicht in Frage.

Olaf Scholz in Hamburg: Ukraine-Krieg vor Rente und Kampf gegen Rechts

Barley betonte, dass die Ukrainer nicht zu einem Friedensschluss gedrängt würden. „Nur sie alleine können entscheiden, wann und wie dieser Krieg enden wird. Bis dahin werden wir sie unterstützen.“

Neben dem Thema Frieden will die SPD den Kampf gegen Rechts und für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie für soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfs stellen. Scholz soll dabei neben Barley eine tragende Rolle einnehmen. „Er ist ein zentraler Akteur dieses Wahlkampfs, und das wird man entsprechend auch merken“, hatte Generalsekretär Kevin Kühnert bei der Vorstellung der Wahlkampagne am vergangenen Donnerstag angekündigt.

Olaf Scholz zu Besuch in Hamburg: Pro-Palästina-Demo in der Innenstadt

Zu der Großkundgebung in Hamburg war ursprünglich eine Gegendemonstration mit 2500 Menschen angekündigt worden, die Gruppe der pro-palästinensischen Protestler war am Ende aber deutlich kleiner. Der Protestzug startete gegen 15.30 Uhr am Hauptbahnhof. Dort hatten sich etwa 250 Menschen versammelt. Sie demonstrierten mit Pappschildern und Pro-Palästina-Flaggen. Unter anderem auf Pappe abgebildet: die Köpfe von Bundeskanzler Olaf Scholz, US-Präsident Joe Biden und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Alle drei waren als blutsaugende Vampire dargestellt.

Für die Demonstration gegen Olaf Scholz in der Hamburger Innenstadt waren 2.500 Menschen angemeldet worden.
Für die Demonstration gegen Olaf Scholz in der Hamburger Innenstadt waren 2.500 Menschen angemeldet worden. © Michael Arning | Michael Arning

Auf Instagram hieß es zu der Demo: „Olaf Scholz hat das Leid der palästinensischen Bevölkerung mitzuverantworten. Jeder getötete Palästinenser geht auch auf das Konto Scholz‘ Politik: Sie werden mit aktiver deutscher Unterstützung vertrieben, ausgehungert und ermordet. Währenddessen feiert er diesen Samstag groß den SPD-Wahlkampfauftakt in Hamburg.“ Und weiter: „Wir werden lautstark unseren Demozug in Richtung seiner Veranstaltung führen. Gemeinsam gegen Genozid.“