Hamburg. Elite-16-Turnier am Rothenbaum empfiehlt sich für die nächsten Titelkämpfe. Hamburgerinnen Müller/Tillmann werden Dritte.
Vier Jahre sind inzwischen vergangen, seit die begeisternde Beach-WM im Tennisstadion am Rothenbaum in der Volleyballwelt einen nachhaltigen Eindruck hinterließ. In weiteren vier Jahren könnte sich das Ereignis nun wiederholen. Hamburg sei ein aussichtsreicher Kandidat für die Titelkämpfe 2027, bestätigte Finn Taylor dem Abendblatt.
Der 49 Jahre alte Kanadier, ein ehemaliger Weltklassesegler, ist Chef der Volleyball World, der Agentur des Volleyball-Weltverbandes FIVB mit Sitz in Lausanne (Schweiz). „Hamburg hat eine große Geschichte mit Beachvolleyball“, sagte Taylor, „wir schätzen das tolle Umfeld und die großartige Unterstützung der hiesigen Politik. Dieses Stadion ist für die Fans, die Spielerinnen und Spieler ein idealer Austragungsort, die Atmosphäre ist außergewöhnlich, das Feedback von allen Seiten positiv. Wir sind deshalb mit der Stadt im regelmäßigen Austausch über die Turniere für die nächsten Jahre.“
Beachvolleyball-WM 2027 wird Ende nächsten Jahres vergeben
Die Beachvolleyball-WM wird in diesem Jahr Anfang Oktober in Mexiko gespielt, 2025 soll sie in Australien stattfinden. Die Entscheidung über den Standort 2027 fällt Ende nächsten Jahres. Taylor hat dabei ein gewichtiges Wort mitzureden. Das diesjährige Elite-16-Turnier, eines von neun der weltweit höchsten Kategorie mit 150.000 US-Dollar Preisgeld bei Frauen und Männern, hat den Kanadier in seiner Meinung bestärkt, auf Hamburg zu setzen. „Wir hoffen, hier noch viele Jahre veranstalten zu können.“
Die Stadt will sich zu den WM-Plänen noch nicht offiziell äußern. „Volleyball World ist auf uns zugekommen“, sagte Innen- und Sportsenator Andy Grote (SPD) auf Abendblatt-Anfrage. „Eine WM ist für uns natürlich immer eine Option. Wir befinden uns jedoch in einem extrem frühen Stadium mit vielen offenen Punkten, die zu klären sind.“ Ein zentraler dürfte die Finanzierung sein. 2019 übernahm die Stadt etwa die Hälfte der Kosten des österreichischen Organisators Hannes Jagerhofer (61), rund 3,5 Millionen Euro. Der künftige städtische Beitrag müsste wohl weit geringer ausfallen.
Elite-16-Turnier am Rothenbaum ist dieses Jahr fast kostendeckend
Unabhängig von der WM-Vergabe sei für seine Agentur das wichtigste Ziel, für die Tour einen Hauptsponsor zu präsentieren, sagte Taylor: „Da sind wir in guten Gesprächen.“ Er sucht in Asien und Nordamerika neue Locations und Einnahmequellen, auch ein zweites Topturnier in Deutschland sei denkbar. Gespräche mit München zerschlugen sich, weil kein passender Termin zur Verfügung stand. In Hamburg soll die zweite oder dritte August-Woche zum fixen Datum werden; 2024 jedoch ausnahmsweise etwas später, vom 28. August bis zum 1. September als Olympiarevanche nach den Sommerspielen in Paris (26. Juli bis 11. August).
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Machte das rund 1,6 Millionen Euro teure Event am Rothenbaum 2022 noch einen hohen sechsstelligen Verlust, näherte es sich dieses Jahr mit einer etwas sparsameren Version dem Break-even-Punkt – obwohl die Stadt ihren Zuschuss von 700.000 auf rund 500.000 Euro gekürzt hatte. Diesmal zahlten aber 19.000 Zuschauer Eintritt, 8000 mehr als 2022.
Publikum hat akzeptiert, dass Beachvolleyball jetzt Eintritt kostet
„Das Turnier hat sich beim Publikum etabliert, und bei den Zuschauern ist die Akzeptanz gestiegen, dass für Beachvolleyball im Gegensatz zu früheren Jahren jetzt Eintritt bezahlt werden muss“, sagte Frank Mackerodt (60), der mit seinem Hamburger Freund und Geschäftspartner Frank Ehrich (56/Agentur Comtent) am Rothenbaum als lokaler Partner der Volleyball World auftritt.
Im Gegensatz zur wirtschaftlichen und organisatorischen Bilanz fällt die sportliche für die zehn am Rothenbaum angetretenen deutschen Teams differenzierter aus. Fünf scheiterten in der Qualifikation, in den anschließenden Gruppenspielen Karla Borger (34)/Sandra Ittlinger (29), beide TuSa Düsseldorf. Sie verloren ihre drei Begegnungen, als 13. kassierten sie noch 5000 US-Dollar Preisgeld.
Vier Hamburger Nationalteams schafften es in die K.-o.-Runde
Alle vier Paare, die sich am Donnerstag und Freitag in die K.-o.-Runden schlugen, trainieren in Hamburg am Alten Teichweg, was für die Arbeit der Trainerinnen und Trainer am Bundesstützpunkt in Dulsberg spricht. Unzufrieden mit seinem Abschneiden war dennoch Deutschlands bestes Nationalteam Nils Ehlers (29) und Clemens Wickler (28) vom Eimsbütteler TV, das in der Zwischenrunde den Brasilianern George Wanderley (26)/André Loyola Stein (29) 17:21, 19:21 unterlag.
„Bis auf das erste Spiel haben wir im Turnier nicht unsere Leistung gebracht“, klagte Wickler, 2019 mit Julius Thole (26) Vizeweltmeister am Rothenbaum. „Vor allem in der Crunchtime haben wir zu viele Bälle zu einfach vergeben. Ausgerechnet bei unserem Heimturnier erreichen wir mit Platz neun unser bisher schlechtestes Ergebnis auf der World Tour in diesem Jahr.“ 6000 US-Dollar Preisgeld waren dafür kein Trost. Paul Henning/Sven Winter (beide 25) überraschten dagegen mit Platz fünf (8000 US-Dollar), verloren erst im Viertelfinale gegen die norwegischen Weltmeister und Olympiasieger Anders Mol (26)/Christian Sörum (27) mit 0:2 (14:21, 14:21) Sätzen.
Ludwig/Lippmann sammelten wichtige Punkte für die Olympia-Qualifikation
Die EM-Dritten Laura Ludwig (37) und Louisa Lippmann (28) unterstrichen ihren Anspruch, sich für Olympia qualifizieren zu wollen. In der Runde der letzten acht erwiesen sich im siebten Kraft raubenden Spiel binnen vier Tagen die US-Amerikanerinnen Kristen Nuss (25)/Taryn Kloth (26), Nummer drei der Weltrangliste, als in Angriff und Abwehr cleverer. Ludwig/Lippmann verloren 21:13, 15:21, 11:15. Neben 8000 US-Dollar Prämie freuten sie sich über 380 Weltranglistenpunkte. In der Olympia-Qualifikationsrangliste liegen sie nun auf Paris-Kurs.
Schwedische Europameister gewinnen hochklassiges Männer-Finale
Die WM-Dritten Svenja Müller (22/ETV)/Cinja Tillmann (32/TuSa Düsseldorf) überzeugten einmal mehr mit starken Auftritten bei einem Elite-16-Turnier. Deutschlands derzeit bestes Frauenteam belohnte sich mit Rang drei (14.000 US-Dollar). Nachdem sie ihr Halbfinale gegen Nuss/Kloth chancenlos 18:21, 16:21 verloren, brillierten sie im kleinen Finale, bezwangen die Brasilianerinnen Carol/Barbara (beide 36) 21:15, 21:19.
Das Frauen-Finale und 30.000 US-Dollar gewannen die brasilianischen Weltranglistenersten Ana Patricia (26)/Duda (25) gegen Nuss/Kloth mit 21:16, 21:17. Im hochklassigen Endspiel der Männer besiegten mit der Unterstützung von 60 Landsleuten die schwedischen Europameister Dawid Ahman/Jonatan Hellvig (beide 21) die Italiener Samuele Cottafava (24)/Paolo Nicolai (35) mit 2:1 (21:16, 22:24, 21:19) Sätzen. Beide Teams rissen die rund 5000 Zuschauer immer wieder zu Beifallsstürmen hin.