Hamburg. Der Hamburger Sprayer soll mehr als 120.000 Graffitis hinterlassen haben. Warum das Phänomen OZ jetzt ins Museum kommt.

Wer auf Hamburgs Straßen nach einem gewissen Walter Josef Fischer fragen würde, bekäme wahrscheinlich meistens nur ein Achselzucken oder ein Kopfschütteln als Antwort. Wer aber nach den beiden wahrscheinlich am meisten verbreiteten Buchstaben der Stadt fragt, O und Z, der dürfte umgehend unterschiedlichste Antworten erhalten.

Das Kuriose: Walter Josef Fischer und OZ sind zumindest in der Theorie ein und dieselbe Person. Oder besser: waren. Denn der Sprayer Fischer, der mutmaßlich mehr als 120.000 OZ-Graffitis in Hamburg hinterlassen haben soll, ist seit 2014 tot.

Graffiti: Der Schriftzug OZ ist in ganz Hamburg präsent

An diesem Donnerstagabend wird Fischer und vor allem der Mythos OZ wiederbelebt. Im Rahmen der Ausstellung „Eine Stadt wird bunt“ findet ab 19.30 Uhr im Museum für Hamburgische Geschichte im Großen Hörsaal eine Podiumsdiskussion um den künstlerischen Nachlass Fischers statt, auf der vor allem eine Frage diskutiert werden soll: Wie kann man Vergänglichkeit bewahren?

Eine endgültige Antwort auf diese Frage hat Kathleen Göttsche nicht – genauso wenig wie auf die Frage, was sie Walter Josef Fischer gerne für ihre Masterarbeit über das Phänomen OZ und dessen Allgegenwart hätte fragen wollen.

Hamburg ohne den Schriftzug OZ – nicht vorstellbar

Die Kulturwissenschaftlerin Göttsche, die für den Text „Sprühen=Leben“ das Bildwerk von OZ analysiert hat, ist eine von sechs Teilnehmern an der Diskussionsrunde. Die 33-Jährige wohnt in Ottensen, ist in Hamburg aufgewachsen – und kann sich die Stadt ohne den Schriftzug OZ gar nicht mehr vorstellen.

„Ich finde seine Arbeit großartig. Für mich ist das eine originäre Erscheinung für das Hamburger Stadtbild und die Grenzen der Stadt hinaus“, sagt Göttsche, die aus OZ ein eigenes Forschungsfeld gemacht hat und sogar die wissenschaftliche Weiterqualifikation in dem Forschungsgebiet anstrebt.

Richter Schill forderte lebenslange Haft ohne Bewährung

Doch die Begeisterung für die „OZ“-Werke war in der Vergangenheit in Hamburg nicht vergleichbar. Ziemlich genau vor 30 Jahren wurde der Lebenskünstler, der in Heidelberg geboren wurde, erstmals wegen seiner Graffiti zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt.

Der Graffiti-Sprayer Walter Fischer alias OZ im Jahr 2011 mit einem auf Leinwand aufgesprühten Smiley im Eingang zu einer Galerie im Hamburger Schanzenviertel, in der Arbeiten des 61-Jährigen ausgestellt wurden.
Der Graffiti-Sprayer Walter Fischer alias OZ im Jahr 2011 mit einem auf Leinwand aufgesprühten Smiley im Eingang zu einer Galerie im Hamburger Schanzenviertel, in der Arbeiten des 61-Jährigen ausgestellt wurden. © picture alliance / dpa | Bodo Marks

1997 folgte eine einjährige Haftstrafe, ehe der frühere Skandalrichter Ronald Schill 1999 sogar „lebenslängliche Haft ohne Bewährung“ gefordert hatte.

2014 wurde OZ von einem Zug erfasst

Schill ist in Hamburg glücklicherweise längst Geschichte, die keiner mehr hören will. Der Mythos OZ scheint dagegen so lebendig wie eh und je zu sein, obwohl Walter Josef Fischer 2014 unter bis heute nicht eindeutig geklärten Umständen ums Leben kam, als er mutmaßlich beim Sprühen von einem Zug erfasst wurde.

Der damals 64-Jährige wurde in Hammerbrook von einer S-Bahn angefahren und starb entlang der Schienen zwischen dem Hauptbahnhof und dem Berliner Tor.

„Meine ganze Kindheit wurde von OZ geprägt“, sagt Göttsche, die an diesem Donnerstag über den künstlerischen Nachlass Fischers mit Fotograf Lars Klingenberg, dem Galeristen Alex Heimkind, dem Buchautor Sven Stillich und dem Verleger Theo Bruns diskutieren will. Moderiert wird das Gespräch vom Journalisten KP Flügel.

Der Eintritt ist dem Eintritt des Museums (fünf Euro) angepasst.