Hamburg. Nach den Forderungen der Aktivisten haben SPD und Grüne erste Gespräche mit der Gruppe geführt. Dabei sind sie erheblich zurück gerudert.

Sie hatten mit einer Eskalation in Hamburg gedroht, rudern nun aber zurück – vorerst zumindest: Eine vierköpfige Abordnung der Letzten Generation hat sich am Dienstag im Rathaus bei einem inoffiziellen Treffen mit den Fraktionsspitzen von SPD und Grünen offenbar reumütig gezeigt. Der Anlass war ein Schreiben mit einem Ultimatum, das die Klima-Aktivisten Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und mehreren Fraktionsvorsitzenden der Bürgerschaft gestellt hatten. Sollten die Adressaten nicht bis zum 13. März auf Forderungen des Bündnisses reagieren, wollten die Aktivisten „gegen den aktuellen Kurs Widerstand leisten“ und für eine „maximale Störung der öffentlichen Ordnung sorgen“.

Am Dienstag im Rathaus sei es um eine Klarstellung gegangen, sagte Lea-Maria Rhein, eine Vertreterin der Letzten Generation in Hamburg, die bei dem Treffen dabei war. „Dieser Brief ist als Erpressung wahrgenommen worden – das war keineswegs unsere Absicht“, sagte Rhein am Mittwoch auf Abendblatt-Anfrage. „Wir als Letzte Generation haben uns entschuldigt und gesagt, dass es nicht so gemeint gewesen war.“ Vor dem Treffen hatten die Aktivisten bereits einen Brief mit einer Entschuldigung an den Ersten Bürgermeister und die anderen zuvor adressierten Fraktionsvorsitzenden geschickt.

Es wird wohl ein weiteres Treffen der Aktivisten mit SPD und Grünen geben

Das Gespräch mit den Fraktionsspitzen von SPD und Grünen sei „sehr sachlich und sehr fair“ verlaufen, sagte Rhein. Nach ihrer Darstellung bestand „Einigkeit“ mit SPD und Grünen, dass die globale Erwärmung und Folgen des Klimawandels „eine große Bedrohung für unsere Zukunft darstellen und wir Maßnahmen dagegen brauchen“. Es sei beschlossen worden, dass es ein weiteres Gespräch geben soll, sagte Rhein. Weiterhin gelte: „Wir bitten Peter Tschentscher immer noch darum, mit uns ins Gespräch zu kommen.“

Mit dem Ultimatum hätten die Aktivisten verhindern wollen, „dass wir wieder ignoriert werden“, sagte Rhein. Der Senat hatte die Drohungen der Letzten Generation zurückgewiesen. Tschentscher halte ein solches Vorgehen für nicht vertretbar; Gespräche oder gar Vereinbarungen mit den Initiatoren seien ausgeschlossen, hatte Senatssprecher Marcel Schweitzer gesagt. Das Schreiben sei an die Sicherheitsbehörden weitergeleitet worden.

"Letzte Generation": Erste Gespräche im Hamburger Rathaus

In dem Brief hatte die Letzte Generation gefordert, Tschentscher solle „öffentliche Unterstützung zur Etablierung eines Gesellschaftsrats Klima für Deutschland“ zusichern. Ein solcher Rat solle konkrete Schritte erarbeiten, wie Deutschland bis 2030 emissionsfrei werden könne, hieß es.

SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf wollte das Treffen am Dienstag mit den vier Vertreterinnen und Vertretern der Letzten Generation nicht kommentieren. „Alle Gesprächsparteien haben über die Inhalte des Treffens Vertraulichkeit vereinbart“, teilte Kienscherf am Mittwoch auf Abendblatt-Anfrage mit. Seine Haltung hatte Kienscherf allerdings schon in einem Brief vom 7. März an die Letzte Generation deutlich gemacht. „Mit großem Nachdruck versuchen wir in Hamburg, wirksamen Klimaschutz umzusetzen“, erklärte Kienscherf. „Ich habe Verständnis dafür, wenn ergriffene oder geplante Maßnahmen auf Kritik stoßen, stehe immer für Gespräche bereit. Jedoch habe ich keinerlei Verständnis für Drohungen und das Setzen jedweder Ultimaten, gerade gegenüber demokratisch gewählten Abgeordneten und Parlamenten.“

SPD und Grüne: Radikale Proteste schaden dem Klimaschutz

Er sei vielmehr der Auffassung, schrieb Kienscherf, dass die Letzte Generation dem Anliegen des Umweltschutzes eher schade, wenn sie „Menschen, die grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber Klimaschutzmaßnahmen sind, durch mögliche Störaktionen dagegen aufbringen“. Wirksamer Klimaschutz sei nur möglich, wenn möglichst alle Bürgerinnen und Bürger mitgenommen werden, so Kienscherf.

Auch Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen wollte sich mit Verweis auf die vereinbarte Vertraulichkeit nicht zu den Inhalten des Gesprächs am Dienstag im Rathaus äußern. Er machte aber die Haltung seiner Fraktion deutlich. „Das Schreiben der Letzten Generation mit dem Ultimatum war kontraproduktiv“, sagte Lorenzen. „Drohungen sind inakzeptabel – wir lassen uns nicht erpressen. Mit einer derart radikalen Form des Protests erweisen Aktivisten dem Klimaschutz einen Bärendienst.“

Grüne sprechen sich für friedlichen Protest der Letzten Generation aus

Die Grünen machten sich stark für konsequenten Klimaschutz. Aber mitunter könne es zäh sein, politische Fortschritte zu erreichen, und es gehe leider nicht immer so schnell voran, wie sich das viele Menschen in der Bevölkerung sowie die Grünen selbst wünschten. Zivile Formen des Protests ohne Gewalt und Zerstörungen wie vor Kurzem in der Kunsthalle, wo Aktivisten der Letzten Generation vor einem Gemälde von Caspar David Friedrich Asche auf dem Boden ausschütteten, aber das Bild nicht beschädigten, seien legitim, sagt Lorenzen. Nicht vertretbar sei es hingegen, wenn die Letzte Generation die Ebene des legitimen zivilen Protests verlasse und über die Stränge schlage.

AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann kritisierte das Treffen von SPD und Grünen mit der Letzten Generation. „Mit Ex­tremisten verhandelt man nicht. Schon gar nicht, wenn diese damit drohen, die öffentliche Ordnung zu gefährden.“