Hamburg. Der Mann wurde verurteilt, nachdem er im Juni vergangenen Jahres Zuggäste und -Personal in Angst und Schrecken versetzt hatte.
„Ich war verängstigt“, sagt die Frau. „Ich hatte richtig, richtig Angst“, erzählt der Zugbegleiter. Die Frau, zwei ihrer Freundinnen und der Bahnmitarbeiter erlebten in einem Zug eine in höchstem Maße Furcht erregende Konfrontation mit einem Mann, der erst unangenehm auffiel und dann erheblich aggressiv wurde. „Ich habe ein Messer. Ich mache dich tot“, erinnern sich die Zeugen an die Drohung des 27-Jährigen. „Da kommen Gedanken auf an Brokstedt“, wird der Staatsanwalt später sagen.
Prozess Hamburg: Parallelen zu der Bluttat von Brokstedt
Brokstedt: Wohl kaum ein Verbrechen hat in den vergangenen Monaten die Menschen in Norddeutschland und in der ganzen Republik so erschüttert wie der Messerangriff in einem Regionalzug am 25. Januar, bei dem zwei 17 und 19 Jahre alte Menschen getötet und mehrere weitere schwer verletzt wurden. Und auch wenn bei einem anderen Zwischenfall vom Juni vergangenen Jahres in einem Zug von Bremen nach Hamburg, das jetzt sein juristisches Nachspiel hat, niemand ernsthaft verletzt wurde: Es gibt durchaus Parallelen, die an die dramatischen Ereignisse von Brokstedt erinnern.
Da war ein Mann, der drohte, er werde jemanden umbringen. „Ich bin Vater“, sagt im Prozess vor dem Amtsgericht der Zugbegleiter, der mehrfach hörte, wie der Angeklagte Yusuf R. ihm angekündigt habe: „Ich habe ein Messer. Ich mache dich tot.“ „Was wäre“, fragt der 35-jährige Zeuge unter Tränen, „wenn der Mann das Messer angewendet hätte?“
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Prozess Hamburg: Angeklagter sagt nur wenig zu dem Vorfall
Yusuf R. (Name geändert), vor dem Amtsgericht angeklagt wegen Körperverletzung, Bedrohung und Erregung öffentlichen Ärgernisses, sagt wenig zu dem Vorfall vom 16. Juni vergangenen Jahres. Der 27-Jährige habe „keinerlei Erinnerung an den Vorgang selbst“, erklärt der Verteidiger des Angeklagten. Laut Staatsanwaltschaft hatte Yusuf R. einen Atemalkoholwert von 1,89 Promille, als er an jenem Nachmittag im Zug vor drei Frauen sexuelle Handlungen an sich selber vornahm.
Nachdem eines der Opfer den Zugbegleiter alarmierte und dieser den 27-Jährigen energisch aufforderte, die Belästigungen zu unterlassen, habe Yusuf R. dem Bahnmitarbeiter gedroht, er werde ihn umbringen — und dann versucht, an sein Cuttermesser zu gelangen, das er in einem Rucksack bei sich führte.
Prozess Hamburg: Zeugin mag nicht mehr mit dem Zug fahren
Er habe sein Arbeitsmesser bei sich gehabt, sagt der Angeklagte. An sich manipuliert habe er ebensowenig, wie er jemanden bedroht habe. Das haben die Zeugen ganz anders in Erinnerung. Zwei Frauen und der Zugbegleiter erzählen, wie Yusuf R. eindeutig bei sich selber Hand angelegt und dabei gestöhnt habe. Aggressiv sei er geworden, als der Zugbegleiter einschritt. Diesen kratzte der 27-Jährige den Zeugen zufolge. Dann habe der Angeklagte die Todesdrohung ausgesprochen, auf seinen Rucksack gezeigt und gesagt, dass darin das Messer sei. Sie habe den Rucksack „weggekickt“, damit die Waffe außer Reichweite des aufgebrachten Mannes komme, sagt eine 54-Jährige. Der Vorfall belaste sie bis heute. „Ich mag nicht mehr Zug fahren. Ich habe Angst.“ Und der Zugbegleiter erzählt, dass ihn die Ereignissen psychisch so beeinträchtigt hätten, dass er drei Monate lang dienstunfähig war.
Das Urteil für Yusuf R.: elf Monate Freiheitsstrafe — ohne Bewährung. Zu Lasten des Angeklagten wirkten sich unter anderem die schweren Folgen für die Opfer aus, erklärt der Amtsrichter in der Urteilsbegründung. „Und das Messer sollte als Bestärkung der Bedrohung dienen.“