Hamburg/Kiel. Hohe Baukosten und Zinsen könnten dazu führen, dass in den kommenden Jahren viel weniger gebaut wird. Das sind die Prognosen.

Die mittelständischen Immobilien- und Wohnungsbauunternehmen im Norden rechnen angesichts hoher Baukosten und steigender Zinsen in den kommenden Jahren mit einem drastischen Einbruch beim Wohnungsbau. Mit mehr als 5000 fertiggestellten Wohnungen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern hätten die Mitgliedsunternehmen des Landesverbands Nord des BFW (Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen) im vergangenen Jahr „immer noch ein gutes Ergebnis“ erzielt, sagte der BFW-Nord-Vorsitzende Sönke Struck am Donnerstag in Hamburg.

Allerdings gingen die Zahlen im Vergleich zu 2021 deutlich zurück. In Schleswig-Holstein sank die Zahl der Fertigstellungen am stärksten. Hier wurden nur 1404 Wohnungen fertiggestellt, was einem Minus von 24,7 Prozent entspricht. In Hamburg waren es 3302 Wohnungen (minus 11,4 Prozent) und in Mecklenburg-Vorpommern 337 Wohnungen (minus 6,1 Prozent).

Immobilien Hamburg: immer weniger geplante Wohnungen

Die Zahl der Wohnungen, mit deren Bau die Mitgliedsunternehmen des BFW Landesverbands Nord 2022 begonnen haben, sei im Vorjahresvergleich sogar angestiegen. Insgesamt realisierten sie Baustarts für 7411 Wohnungen. Die meisten davon (5219) werden in Hamburg gebaut, was einem Plus von 24,9 Prozent entspricht.
In Schleswig-Holstein entstehen derzeit 1978 Wohnungen (plus 28,4 Prozent). Die Steigerung führt Struck auf „Nachhol­effekte“ zurück. Wegen mangelnder Baukapazitäten und Verzögerungen bei den Planungs- und Genehmigungsverfahren seien viele Baustarts verschoben worden.

Einen dramatischen Einbruch gebe es dagegen beim geplanten Wohnungsbau, betonte Struck. Da viele Unternehmen wegen der aktuell schlechten Rahmenbedingungen Projekte verschöben oder ganz aufgäben, werde sich die Zahl der Baustarts 2023 im Vergleich zum Vorjahr voraussichtlich halbieren. So rechnen die BFW-Mitgliedsunternehmen nur noch mit dem Baustart für 4449 Wohnungen in ganz Norddeutschland. Im Vorjahr hatte dieser Wert noch bei 8939 gelegen.

Rückgang von 54,2 Prozent bei den Mitgliedsunternehmen in Hamburg

Hamburg wird davon am stärksten betroffen. Hier werden die Mitgliedsunternehmen wohl nur noch mit dem Bau von 2555 Wohnungen beginnen – was einem Rückgang von 54,2 Prozent entspricht. In Schleswig-Holstein geht die Zahl auf 1682 Wohnungen zurück. Das bedeutet einen Einbruch um 43,6 Prozent. Und in Mecklenburg-Vorpommern werden wohl nur noch 212 Wohnungen gebaut, das sind 44,2 Prozent weniger.

Struck sprach von einem „regelrechten Absturz“. „Jetzt haben wir schwarz auf weiß, was wir seit Monaten sagen: Die Unternehmen können unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht bauen.“ Das liege zum einen an äußeren Faktoren wie explodierenden Baukosten und steigenden Zinsen. Zum anderen seien es aber auch politische Entscheidungen, die „den Wohnungsbau lahmlegen“. „Wichtige Förderungen wurden kurzerhand gestrichen, gleichzeitig steigen die Anforderungen – etwa an den Klimaschutz. Das passt nicht zusammen.“

Immobilien Hamburg: Krise dürfte auch geförderten Wohnungsbau treffen

Struck prophezeite ein „dickes Ende“. Spätestens 2025 würden die Fertigstellungen dramatisch zurückgehen. Eine schnelle Rückkehr zu den hohen Zahlen der Vorjahre dürfe man dann nicht erwarten. Denn vom Baustart bis zur Fertigstellung der Bauprojekte dauere es in der Regel rund zwei Jahre. Müsse vorab noch Baurecht geschaffen werden, kämen noch ein paar Monate dazu. Diese Krise werde auch den geförderten Wohnungsbau treffen. An diesem hätten die Mitgliedsunternehmen einen großen Anteil. Eine Auswertung der Hamburgischen Investitions- und Förderbank zeige, dass bei den Bewilligungen für den Bau von gefördertem Wohnraum die mittelständischen Immobilienunternehmen im vergangenen Jahr mit 23,51 Prozent gleich hinter dem städtischen Wohnungsunternehmen Saga (53,24 Prozent) lagen.

Die geringeren Neubauplanungen schlügen sich auch in den geplanten Investitionen nieder. Lagen diese bei den Mitgliedsunternehmen 2022 noch bei 1,8 Milliarden Euro, rechnet der BFW Nord in diesem Jahr nur noch mit knapp 1,1 Milliarden Euro. Mehr als die Hälfte der Unternehmen habe angegeben, dass sie Bauvorhaben zurückstellen werden, so Struck. Fast 20 Prozent der Befragten gäben geplante Projekte sogar ganz auf.