Hamburg. Tourismuschef freut sich über “Comeback“. Auch die Gastronomie hat sich 2022 gut erholt. Was Besucher an der Hansestadt lieben.

  • Übernachtungszahlen in Hamburg sind rasant gestiegen
  • Das Niveau liegt nur noch 4,5 Prozent unter dem von 2019
  • Auch die Besuche von Touristen aus dem Ausland zogen stark an

2020 und 2021 gehen als die zwei schwärzesten Jahre der Hamburger Tourismuswirtschaft in die Geschichte ein. Schuld war natürlich Corona, keine andere Katastrophe schlug derart ins Kontor. Die eingebrochenen Übernachtungszahlen waren der Gradmesser für das Siechtum eines ganzen Geschäftszweiges und so desaströs, dass es zur Devise „Abhaken und nach vorne schauen“ kaum eine Alternative gab. Deshalb lautet die spannende Frage: Wie hat sich das Hamburger Reisegewerbe 2022 geschlagen?

Kurze Antwort: sehr gut, wenn auch nicht ganz so gut wie 2019, dem letzten „normalen Jahr“ vor der Pandemie. So lag das Niveau bei den Übernachtungen 2022 nur noch 4,5 Prozent unter dem von 2019, wie Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) und Michael Otremba, Chef der Hamburg Tourismus GmbH, am Dienstag im Rathaus erklärten.

Hamburg: Fast doppelt so viele Übernachtungen wie 2021

Insgesamt wurden im Vorjahr 14,71 Millionen Übernachtungen erfasst – fast doppelt so viele wie 2021. Die Betriebe beherbergten 6,82 Millionen Gäste und damit 105,2 Prozent mehr als im Jahr davor. Im August verbuchte Hamburg mit 1,6 Millionen Übernachtungen sogar ein „Allzeithoch“. „Nur wenige Metropolen in Europa“, sagte Otremba, „können ein derartiges Comeback verzeichnen.“ Leonhard sprach von einem gewaltigen Kraftakt der Branche und einer „beeindruckenden Entwicklung“. Der Tourismus habe „wieder Fahrt aufgenommen“.

Aus welchen Ländern Hamburgs Touristen kommen

Auch die Besuche von Touristen aus dem Ausland zogen stark an. Auf sie entfielen 3,1 Millionen Übernachtungen – damit ist der Stand von vor der Krise zu immerhin 80 Prozent erreicht. Die Dänen waren mit 372.800 Übernachtungen wieder ganz vorn (2021: 226.291), gefolgt von den Schweizern mit 305.600 Übernachtungen. Auf den weiteren Plätzen: Österreich (263.600), die Niederlande (212.809) und Großbritannien (204.000).

Nach wie vor unterrepräsentiert seien aber Gäste aus Übersee, dafür sei Hamburg in Europa als Marke stark positioniert, so Otremba. Interessante Marktforschungsdetails: Skandinavier suchen in Hamburg „Entertainment“, Briten eher Geschichte und Kultur, und – siehe da – etwa fünf Prozent der angereisten Franzosen interessieren sich für den HSV.

Tourismuschef: Hamburg „besonderer Sehnsuchtsort“

Zum Vergleich: 2021, als etliche Betriebe unter dem Beherbergungsverbot zu leiden hatten, gab es nur 7,6 Millionen Übernachtungen – ein eklatantes Minus von 51 Prozent gegenüber 2019. „Wir sind sehr glücklich darüber, dass die Gäste Hamburg als attraktives Ziel empfinden und wieder in großer Zahl hierherreisen – und das, obwohl das uneingeschränkte Reisen im vergangenen Jahr erst ab April wieder möglich war“, sagte Leonhard. Das mag auch an der Strahlkraft der Hansestadt liegen.

Hamburg-Tourismus-Chef Michael Otremba stellte am Dienstag die Übernachtungszahlen für 2022 vor.
Hamburg-Tourismus-Chef Michael Otremba stellte am Dienstag die Übernachtungszahlen für 2022 vor. © Thorsten Ahlf / Funke Foto Services

So wurde Otremba nicht müde, von Hamburg als „Sehnsuchtsort“ zu schwärmen. „Hamburg wird insbesondere in Deutschland sehr positiv wahrgenommen“, sagte er, „und genießt den Ruf, ein besonderer Sehnsuchtsort zu sein.“ Der bundesweit ansonsten hervorragend laufenden städtischen Eigenwerbung nicht zuträglich seien indes die Zerschlagung von Gruner + Jahr und die Einstellung von Magazinen wie „Geo Saison“. Diese hätten mit dazu beigetragen, ein positives Bild der Hansestadt als Reiseziel zu vermitteln.

Tourismus in Hamburg erholt sich – die Gründe

Dass sich die Tourismuswirtschaft im Vorjahr so rasant erholt hat, hat strukturelle Gründe: Zum Wegfall der Einschränkungen in der anbrechenden Post-Corona-Zeit gesellte sich ein enormer Reisehunger. Dass die Pandemie die Branche nicht noch schlimmer erwischte, als es ohnehin der Fall war, schreibt sich der Senat auch selbst zu. So seien von den Corona-Hilfen in Höhe von insgesamt 3,1 Milliarden Euro mit 1,57 Milliarden Euro etwas mehr als die Hälfte in die Branchen Hotellerie und Gastronomie, Kunst, Unterhaltung und Erholung sowie Museen und Sport geflossen.

Für die staatliche Hilfe hätten sich viele Hotelbetriebe bereits revanchiert, indem sie ukrainischen Geflüchteten Unterkünfte zur Verfügung stellten. Bis zu 5000 Betten seien es in der Spitze gewesen. Und solche Hilfen, sagte Leonhard, könne Hamburg auch weiterhin sehr gut gebrauchen.

Tourismus in Hamburg: Anstieg 2023 wohl geringer als 2022

Und wie sind die Aussichten? Heiter überwiegend, aber durch die Inflation und den russischen Angriffskrieg getrübt auch wolkig, sprich: schwer kalkulierbar. Zwar ist nach Einschätzung der Wirtschaftsbehörde die Reiselust der Deutschen weiter hoch, und geht es darum, sitzt das Geld besonders locker. Jedoch wirkten sich neben dem Klimawandel auch andere Faktoren unmittelbar auf die Branche aus, so etwa der inflationsbedingte Preisanstieg.

Gästen attraktive Angebote zu machen und gleichzeitig die Kosten im Griff zu behalten dürfte für viele Betriebe ein Ba­lance-Akt werden. Dramatisch zugespitzt habe sich der Arbeitskräftemangel in der Branche, die in Hamburg rund 90.000 Menschen beschäftige. Leonhard spricht von bis zu 8000 offenen Stellen. Trotz allem geht Otremba davon aus, dass die Zahl der Übernachtungsgäste auch dieses Jahr wachsen wird. Der Zuwachs werde aber geringer ausfallen als im Vorjahr mit seinen erheblichen krisenbedingten Nachholeffekten.

Eine ganze Reihe von Veranstaltungen soll dafür sorgen, dass die Branche auch 2023 gut im Geschäft bleibt. So seien für das CCH 40 Kongresse fest gebucht. Zudem gebe es Events mit „kulturellen Alleinstellungsmerkmalen“, etwa den 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich in der Kunsthalle oder den 20. Geburtstag des Musicals „Heiße Ecke“. Dann seien da noch Hafengeburtstag, Cruise Days, das Reeperbahn-Festival, das OMR Festival und der Tag der Deutschen Einheit.