Hamburg. Zwischen den U1-Haltestellen Sengelmannstraße und Ohlsdorf ist eine gewaltige gerodete Fläche entstanden. Was dort passiert.

Fahrgäste der Linie U1, die hier täglich längs fahren, werden sich dran gewöhnt haben. Sie haben mitbekommen, wie ab Herbst 2021 auf der einen Seite die Böschung und auf der anderen gleich ein ganzer Wald gerodet wurden.

Wer aber nur selten Richtung Norderstedt unterwegs ist, bekommt beim Anblick des verwüsteten Areals zwischen den Haltestellen Sengelmannstraße und Ohlsdorf einen ziemlichen Schreck. Mehr als 700 Bäume wurden hier gefällt. Die Böschung links ist übersät mit Hunderten Baumstümpfen. Und rechts erstreckt sich eine weite sandige Fläche, die von einer provisorischen Brücke für Fußgänger und Radfahrer überspannt und rechts durch gewaltige Spundwände begrenzt wird, die die rund acht Meter höher liegende Umgebung dahinter abstützt.

Bau der U5 in Hamburg: Waldgebiet wird Logistikfläche

Die Riesenbaustelle ist an diesem ausnahmsweise sonnigen Tag fast verwaist. Etwas weiter weg sind ein paar Arbeiter oben an der Spundwand zu sehen, die dort die Bewehrung für die spätere Betonage einbauen. Ab und zu rollt ein Bagger oder ein Lastwagen die Baustellenstraße hinunter. Und im etwas tiefer gelegenen Gleisbereich der U1 begegnen sich alle fünf Minuten die weißen oder silber-roten U-Bahn-Züge.

Doch der Eindruck trügt. „Bei Schichtbeginn und Schichtende ist hier viel Betrieb, danach verteilt es sich“, sagt Dirk Pastoors, der als Projektleiter verantwortlich für den ersten Bauabschnitt der U5 ist: den Ausbau zwischen Bramfeld und der City Nord. Zusammen mit Klaus Uphoff, dem Geschäftsführer der U5 Projekt GmbH, erklärt er heute, was zwischen den Stationen Sengelmannstraße und Ohlsdorf genau passiert.

Pastoors hat einen Plan mitgebracht, auf dem zu sehen ist, wie es hier in wenigen Jahren aussehen wird. Geplant ist eine Betriebswerkstatt samt Fahrzeug- und Waschhalle. Die Gleise der U1 sind bereits vorhanden. Damit aber auch Züge der Linie U5 dort in Zukunft repariert, gewaschen und abgestellt werden können, müssen vier neue Gleise und entsprechend auch Weichen verlegt werden. Dafür wird das Gleisbett, in dem die Gleise der U1 verlaufen, aktuell in Richtung Osten (also zur U Sengelmannstraße hin) erweitert.

U5: Tunnelbohrer wird Durchmesser von elf Metern haben

Noch gehe das im laufenden Betrieb, sagt Pastoors. „Ein ganzes Bündel von Maßnahmen können wir aber nur im Zuge von Streckensperrungen umsetzen.“ Für diese nutze man dann eine von der Deutschen Bahn angekündigte Sperrung der Güterumgehungsbahn von Anfang April bis Anfang Mai sowie die Zeit der U1-Sperrung vom 29. März bis 20. April, wenn die Station Alsterdorf barrierefrei ausgebaut wird.

Über die Bereitstellungsfläche für die U5-Baustelle führt eine 58 Meter lange provisorische Brücke für Fußgänger und Radfahrer
Über die Bereitstellungsfläche für die U5-Baustelle führt eine 58 Meter lange provisorische Brücke für Fußgänger und Radfahrer © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Vor dem Bau der Hallen und Gleise aber wird das 17.000 Quadratmeter große Areal als Logistikfläche für den Tunnelbohrer benötigt, der aufgrund seiner enormen Dimension vor Ort zusammengebaut werden muss. Elf Meter werde sein Durchmesse betragen, sagt Klaus Uphoff. „Die Röhre wird also groß genug für zwei nebeneinander liegende Gleise sein, so dass die Züge in beide Richtungen fahren können.“

Üblicherweise verlaufe der unterirdische Bahnverkehr in Hamburg durch zwei Röhren à sechs Meter. Weil es in den Stadtteilen wie Bramfeld oder Steilshoop aber nicht so eng sei wie in der Innenstadt, könne man hier Tunnel mit einem größeren Radius bauen. Allerdings müssten diese dann deutlich tiefer liegen. „Der Abstand zwischen Tunneldecke und den Straßen oder Gebäudefundamenten muss ebenfalls elf Meter betragen.“

Von 20 Meter tiefem Schacht geht es am Tag etwa acht Meter voran

Wir gehen zurück zu dem nur einen kurzen Fußmarsch entfernten Busbetriebshof Alsterdorf. Kurz vor dessen Umzäunung wartet die wohl größte Herausforderung für die U5-Planer. „Hier wird der Startschuss für den Tunnelbau Richtung Bramfelder Dorfplatz fallen“, sagt Pastoors und deutet auf eine Stelle, an der sich jetzt noch ein mächtiger Haufen aus geschreddertem Holz – den Überresten zahlreicher Bäume, die früher hier wuchsen – auftürmt.

Wenn dieser abgeräumt ist, beginnt hier im Jahr 2025 der Bau eines 20 Meter tiefen Schachtes, von dem aus sich der Tunnelbohrer dann ungefähr acht Meter am Tag vorwärts arbeitet. In Richtung Barmbek und Bramfeld muss er den Trog, in dem die S1 zwischen Rübenkamp und Ohlsdorf verkehrt, unterqueren. Auch in Richtung Sengelmannstraße wird es knifflig. Hier muss in offener Bauweise ein Trog zwischen dem Busbetriebshof und einem nur wenige Meter entfernten Umspannwerk errichtet werden.

U5: 713 Bäume zwischen Sengelmannstraße und Ohlsdorf gefällt

Damit die Haltestelle Sengelmannstraße künftig ein komfortables Umsteigen von der U5 auf die U1 erlaubt, wird diese komplett umgebaut. „Die U1 verkehrt auf den äußeren Gleisen, die U5 mittig – so, wie es sich mit der U3 und der U1 an der Station Kellinghusenstraße verhält“, erläutert Uphoff. Ähnlich wie dort die U3 über die U1 führe auf dem Weg nach Ohlsdorf die U1 über die U5 hinweg.

Wann die Tunnel-, Gleis- und Weichenbauarbeiten fertiggestellt sind und die Betriebshallen stehen, ist noch ungewiss. „Noch in diesem Jahrzehnt“, heißt es von der Hochbahn. Nach Abschluss der Baumaßnahmen werden auf dem Areal 280 neue Bäume gepflanzt. Insgesamt wurden allerdings 713 Bäume gefällt, alleine 300 auf einer einen Hektar großen Waldfläche.

Als Ausgleich dafür muss die Hochbahn nach Vorgaben eines bestimmten Schlüssels insgesamt 2056 Bäume nachpflanzen. Weil es dafür ortsnah nicht genug Platz gibt, hat sie als Ausgleich bereits für 200.000 Euro einen zwei Hektar große Wald in in Kisdorf (Schleswig-Holstein) aufgeforstet und rund drei Millionen Euro an die Umweltbehörde gezahlt.