Hamburg. Die Linie könnte die Grindelallee deutlich entlasten. Projektleiter erläutert Details zu Haltestellen. Die Herausforderungen wachsen.
Roluf Hinrichsen steht am Rande des Campus der Universität und schaut die Grindelallee hoch Richtung Rentzelstraße und Grindelhof. Zwei Spuren für den Autoverkehr Richtung Innenstadt, zwei Richtung Hoheluft, dazwischen die Fahrstreifen für Europas meistgenutzte Buslinie, den 5er. Im Zweiminutentakt dieselt hier ein Gelenkbus entlang, stauen sich die Autos und Kleinlaster. Hinrichsen, Projektleiter Verkehrsplanung bei der Hamburger Hochbahn, sagt den Satz, der ziemlich ehrgeizig klingt: „Die Grindelallee könnte wieder deutlich mehr Bäume vertragen.“
Es ist eine Vision, von der Hamburg noch zehn, 15 Jahre entfernt ist, vielleicht dauert es noch länger. Hinrichsen plant die neue U-Bahn-Linie 5, die auf 24 Kilometern von Bramfeld über die City Nord, Winterhude, den Jungfernstieg bis zum Grindelviertel, zum UKE, nach Lokstedt und weiter zu den Arenen im Volkspark führen soll. Und wäre diese U5 eines Tages verwirklicht, könnte man die Grindelallee und andere Verkehrsadern völlig neu denken.
U5: Jahrelange Baustelle in Hamburg
Obwohl die Hochbahn in das planerische Korsett aus politischen Vorgaben, Kostenkalkulationen, Bürgerbeteiligung und technischen Fragen eingeschnürt ist, traut Hinrichsen sich das. Also: Weniger Straße, denn mindestens die Busspuren fallen weg, und mehr Platz für neue Plätze, für Grün, für Orte, an denen sich Menschen so pulsierender Viertel wie am Grindel begegnen. Auch die Hoheluftchaussee ließe sich neu denken. Spricht man mit Hinrichsen, spürt man, dass die U5 mehr sein könnte als eine unterirdische Fahrgelegenheit, angetrieben mit Ökostrom.
Auf der „Westachse“ dieses Multi-Milliarden-Projekts wachsen jedoch die Herausforderungen. Von Süd nach Nord: Die Haltestelle Universität soll 15 bis 20 Meter unter der Grindelallee liegen und bekommt vier Zugänge zwischen dem Klotz des Wiwi-Bunkers und dem Grindelhof. Dafür wird wie bei allen unterirdischen U5-Stopps eines offene Baugrube benötigt. Das bedeutet jahrelang Baustellen entlang der Strecke.
Umsteiger zur U3 müssen drei Stockwerke höher
Die nächste Haltestelle Grindelberg erschließt das nördliche Univiertel und die Grindelhochhäuser. Dann wird’s tückisch. Umsteiger zur U3 an der Hoheluftbrücke müssen drei Stockwerke nach oben aus dem „Keller“ der U5 auf den Bahnsteig der „Hoch“-Bahn hinaufgehen. Gleichzeitig muss der U5-Tunnel unter dem Isebekkanal hindurch und die Haltestelle einen Ausgang an der Bismarckstraße erhalten. „Man guckt immer wieder hin“, sagt Hinrichsen, „und passt die Pläne an.“
Nächster Halt: Gärtnerstraße. Eine Standard-Station, allerdings mit Nordausgang zur Troplowitzstraße. Hier sitzen demnächst etliche Beiersdorf-Mitarbeiter, deren Zentrale bekanntermaßen verlegt wird.
"Das UKE muss eine Haltestelle erhalten"
Die folgende Kurve, die aussieht wie ein Fragezeichen, kam erst durch die Bürgerbeteiligung hinzu. „Das UKE muss eine Haltestelle erhalten“, war eine klare Forderung. Der Halt wird jetzt direkt auf dem nördlichen Teil des Geländes liegen. Das UKE expandiert ohnehin und hat einen „Zukunftsplan 2050“ entwickelt. 40.000 Ein- und Aussteiger werden hier jeden Tag erwartet. An der Uni sollen es etwas weniger sein.
Aber diese Prognosen zeigen, dass die U5 auf diesem Abschnitt nach Hauptbahnhof und Jungfernstieg die am meisten frequentierten Haltestellen im gesamten U-Bahn-Netz haben wird. Nach Schätzungen der Planer saugt die U5 erhebliche Teile des Auto- und Busverkehrs ab. Die Mobilität der Hamburger soll grüner werden, die eingesparte Straßenfläche könnte es auch. Wie die Umweltbilanz angesichts des gigantischen Bauvorhabens insgesamt ist, wird sicher noch heftige Diskussionen auslösen.
Neue U5 in Hamburg soll ohne Fahrer verkehren
Hinrichsen sagt, das Bohren könnte im „Schildvortrieb“ wie bei der U4 Richtung Hafencity geschehen. „Das hört sich selbst für Anwohner schlimmstenfalls so an, als würde ein paar Tage im Keller eine Waschmaschine laufen.“ Die U5 soll ohne Fahrer auskommen, die Haltestellen mit Glaswänden und Schiebetüren zu den Gleisen gesichert werden. Kommt der Planfeststellungsbeschluss bald, können Anfang 2022 die Bauarbeiten für den Abschnitt Bramfeld – City Nord starten. Dieser Teil dürfte rund 1,8 Milliarden Euro verschlingen. Gesamtkosten und Gesamtbauzeit: fraglich.
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Aus dem Bürgerdialog kam die Anregung, „von beiden Seiten“ loszubauen, also bereits im Volkspark nach Lokstedt zu buddeln. Die Planer halten das für technisch machbar. Doch an mehreren Stellen verkehrsreicher Straßen große Baugruben für spätere Haltestellen aufzureißen, könnte bei den staugeplagten Hamburgern für Verspannungen sorgen.