Hamburg . Nach Ausverkauf zahlreicher Titel fürchten Betriebsrat und Mitarbeitende um den Bestand der verbliebenen Magazine.
Der Betriebsrat von Gruner + Jahr fordert von Bertelsmann Garantien vor einem weiteren Verkauf für Magazintitel wie „Brigitte“ und „Gala“, die zwar im Unternehmen bleiben, aber nur punktuell mit RTL Deutschland zusammenarbeiten sollen. Betriebsratschef Jens Maier kritisiert schwere Managementfehler – und kündigt maximalen Widerstand der Belegschaft an.
Auf einer Betriebsversammlung nannte Maier den Dienstag der vergangenen Woche, an dem Bertelsmann-Chef Thomas Rabe das Aus von 23 Magazinen und 700 Stellen verkündet hatte, den „schwärzesten Tag in der Geschichte von Gruner + Jahr“. Rabe würde zwar „unsere Produkte, deren Wert und das Potenzial der Belegschaft nicht schätzen“, aber vor einer Mitarbeiterversammlung bei Gruner + Jahr habe er jetzt immerhin Respekt.
Gruner + Jahr: Belegschaft will sich gegen weiteren Magazin-Ausverkauf wehren
Die Kolleginnen und Kollegen seien dem CEO „mit Chuzpe, Klugheit und der richtigen Dosis an Emotionen“ entgegengetreten, die Belegschaft von Gruner + Jahr sei die „beste Belegschaft der Welt“. Und sie schickt eine neue Kampfansage in Richtung Rabe: „Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir sind stark! Wir wehren uns! Wir lassen uns diesen Kahlschlag nicht gefallen!“, so Maier.
Er sprach auch davon, dass man „30 Jahre Verlagsgeschichte und die verschlafene Digitalisierung“ nicht aufarbeiten und dass er den Führungskräften des Hauses Vorwürfe nicht ersparen könne. Laut der Dokumentation der Rede, die Maier gehalten hat und die dem Hamburger Abendblatt vorliegt, sagte er: „Ihr habt uns allein gelassen, als wir euch dringend gebraucht hätten. Nämlich als das, was Rabe „mediale Kakophonie“ nennt, seinen Höhepunkt hatte. Als zwei Tage vor Heiligabend Medien wie wild spekuliert hatten, dass fast nichts mehr von Gruner übrigbleiben würde. Wo wart ihr da? (…) Gute Führung bedeutet auch immer Empathie.“
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Betriebsratsvorsitzender wirft dem Management schwere Fehler vor
Der Betriebsratsvorsitzende warf der Geschäftsführung schwere Managementfehler vor, die Digitalisierung sei erst jahrelang verschlafen worden, dann wurde sie „teilweise dilettantisch vorangetrieben“. Fast jeder im Verlag könne dazu eine persönliche Leidensgeschichte erzählen, die von Jens Maier, der bei stern.de arbeitet, hört sich so an: „Von einem CEO wurden wir als Loser Center bezeichnet, das nur Verluste macht, und er hat uns auf ein Minimum runtergedampft. Dann war da ein ‚Stern‘-Chefredakteur, der wollte aus stern.de eine Wetterseite machen, weil er irgendwo gelesen hatte, dass die so viele Zugriffe haben. (…) Dann kamen welche, die hatten zwar von Journalismus Ahnung, aber nicht vom Digitalen.“
Bertelsmann warf er vor, Zusagen gebrochen zu haben: „Zwei bis drei Jahre sollten Zeit sein, um unsere Marken und unser Know-how bei RTL einzubringen und daraus einen ‚nationalen Medienchampion‘ zu machen. Für die Selbstbeschäftigung ist viel Energie und Zeit draufgegangen. Die hätten wir doch lieber dafür verwendet uns zu überlegen, wie wir uns den neuen Rahmenbedingungen (…) zu stellen.“
Gruner + Jahr: „Wir werden für jeden einzelnen Hefttitel kämpfen“
Nun werde man sich gegen den Kahlschlag mit allen Mitteln wehren. Maier fordert unter anderem Garantien vor weiterem Verkauf für die Titel, die als Gruner + Jahr erhalten bleiben sollen, etwa für die „Brigitte“ und „Gala“ und Arbeitsplatzgarantien für die Magazine, die verkauft werden: „Wir werden für jeden einzelnen kämpfen.“