Hamburg. Viele Faschings-Verkleidungen sind unerwünscht – aus gutem Grund. Wie Kostüme verletzen können und welche Accessoires verboten sind.

Hamburg ist zwar keine Karnevals-Hochburg in Deutschland – aber viele Kinder in der Hansestadt freuen sich schon jetzt auf die Faschingsfeiern in Schulen und Kitas, bei denen sie verkleidet erscheinen dürfen. Doch schon seit einigen Jahren sind die Kostüme ein heikles Thema und sorgen immer wieder für Diskussionen.

Auch 2023 sind in Hamburgs Schulen und Kitas Winnetou, Pocahontas und Yakari nicht gern gesehen. In vielen Elternbriefen werden zwar „Indianer“-Kostüme und Co. nicht explizit erwähnt und strikt verboten. Doch den Schreiben ist durchaus zu entnehmen, dass solche Verkleidungen besser vermieden werden sollten. Denn von einigen Menschen könnten diese als rassistisch oder herabwürdigend empfunden werden.

Fasching: Schulen in Hamburg weisen auf „kultursensiblen Umgang“ hin

In einem Brief einer Eimsbütteler Grundschule an die Eltern wird darauf hingewiesen, dass die Kinder keine Spielzeugwaffen tragen dürfen – auch nicht, wenn diese zum Kostüm gehören. „Außerdem bitten wir Sie darum, bei der Verkleidung mit kulturellen Stereotypen sensibel umzugehen“, heißt es weiter. Ziel sei es, „gemeinsam einen Schritt in Richtung eines vorurteilsbewussten und kultursensiblen Umgangs“ zu gehen.

Auch andere Schulen, wie etwa eine Grundschule in Ottensen, weisen auf ein „kultursensibles, vorurteilsbewusstes Miteinander“ hin und untersagen das Mitbringen von Spielzeugwaffen beim Faschingsfest. Zudem wird vorgegeben, dass das Gesicht der Kinder zu erkennen sein muss.

Fasching in Hamburg: Kindergarten bittet auf Vollmasken zu verzichten

Mit einer ähnlichen Bitte richtet sich ein Kindergarten in Ottensen an die Eltern: Jedes Kind könne sich verkleiden, wie es möchte, oder auch ohne Verkleidung kommen, heißt es in dem Brief. Nur auf das Tragen von „Vollmasken“ sollten die Feiernden verzichten.

Eine andere Kita aus Winterhude weist darauf hin: „An diesem Tag freuen wir uns über zahlreiche bunte Kostüme im Haus. Natürlich sind auch alle Kinder, die sich nicht verkleiden möchten, herzlich willkommen! Bei der Auswahl der Kostüme achten Sie bitte darauf, keine rassistischen, kulturalisierende oder stereotype Bilder zu bedienen.“

Eine Hamburger Grundschule im Bezirk Nord hingegen lädt ohne jegliche Beschränkung zum Fasching-Feiern – das Motto: „Jeder verkleidet sich wie er möchte.“ Auch Waffen, die zur Kostümierung gehörten, seien in Ordnung an diesem Tag.

Verbreitung ewig falscher, eindimensionaler Bilder

Dass das Thema der Verkleidungen und Kostüme sensibel angegangen werden muss, dafür plädiert auch Dina Musharbash. Sie ist Beraterin der Antidiskriminierungsstelle Amira, die von der Sozialbehörde finanziert wird. „Kostüme reproduzieren Stereotype, dadurch werden Bilder verbreitet, die Menschengruppen reduzieren.“

Beispielsweise gibt es allein in den USA über 500 verschiedene indigene Gruppen. Das bekannte Kostüm, das an das Auftreten der Schauspieler in „Indianer“-Filmen angelehnt ist, zeigt lediglich eine Facette und werde der Komplexität und Diversität nicht gerecht. „Das kann sehr verletzend für Betroffene sein“, sagt die Fachfrau. „Kinder lernen durch solche Kostüme – ebenso wie durch Bücher und Filme, in denen immer nur ein Bild gezeichnet wird – dieses Stereotyp zu reproduzieren, immer wieder zu wiederholen.“

Verletzende Faschingskostüme: „Diskriminierung muss nicht intendiert sein“

Das mag ein Grund dafür sein, dass viele Erwachsene bei diesem Thema eine Contra-Haltung einnehmen. Sie kennen es nicht anders und verweisen auf das Brauchtum, den Spaß. „Es wird oft vergessen, dass es dazu eine lange, oftmals jahrhundertelange schmerzhafte Geschichte gibt. Es geht um die Darstellung von Menschengruppen, die eine lange Geschichte von Gewalt und Unterdrückung erleben mussten“, sagt sie.

Indigenen wurde es beispielsweise in der Geschichte lange Zeit komplett verboten, ihre Trachten und Insignien zu tragen. Nun werden sie als spaßige Kostüme benutzt. Das kann verletzen.

Dennoch, und das betont Musharbash wiederholt, es gehe um den Diskurs: Darum, die eigene Haltung zu reflektieren, auch andere Positionen zuzulassen und auf diese Rücksicht zu nehmen – das wäre etwas anderes als ein Verbot. „Diskriminierung muss nicht intendiert sein, auch wenn es freundlich gemeint ist, kann es für die andere Person jedoch diskriminierend sein“, so Musharbash weiter. Oft sei der Mehrheitsgesellschaft nicht bewusst, wie stark sie verletzen. Und gerade Kinder hätten bereits ein Gespür dafür. „Wir müssen lernen zuzulassen, dass es viele Realitäten gibt“, sagt Musharbash.

Fasching in Hamburg: Bestimmte Kostüme sind verboten

2023 ist übrigens nicht das erste Jahr, in dem Einrichtungen in Hamburg versuchen, Eltern für das Thema zu sensibilisieren. Vor vier Jahren hatte eine Kita in Ottensen sogar Indianer- und Scheichkostüme verboten – und dafür heftige Kritik erfahren.

An einer Grundschule in Altona war es 2020 wegen eines Kostüms zu einem Eklat gekommen: Ein Viertklässler war mit einer Art Soldatenuniform zum Fest gekommen, an die er im Schulflur zusätzlich ein Papier gemaltes Hakenkreuz anheftete. Der Junge wurde daraufhin vom Unterricht suspendiert.

Unabhängig von den Vorgaben und Wünschen der Einrichtungen ist es grundsätzlich verboten, Symbole und Zeichen, die in Verbindung zur nationalsozialistischen Ideologie stehen – so wie das Hakenkreuz –, sichtbar zu machen. Doch auch das Tragen von Waffenattrappen kann eine Ordnungswidrigkeit darstellen.

Was beim Fasching nicht erlaubt ist:

  • Generell gilt: Die Verkleidung darf kein öffentliches Ärgernis erzeugen. Mit einer Anzeige ist zu rechnen, wenn das Kostüm zu freizügig oder gar exhibitionistisch ist.
  • Täuschend echt aussehende Waffen sind verboten und können mit einem Bußgeld geahndet werden.
  • Auch das Tragen von originalen Dienstuniformen von Polizisten ist verboten.
  • Das Tragen von Nazi-Emblemen ist auch zum Fasching strafbar, ebenso wie die Verwendung von Symbolen anderer verfassungswidriger Organisationen. In diesem Fall drohen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
  • Zu Fasching können Behörden beim Vermummungsverbot eine Ausnahme machen. Autofahren mit Maske oder Augenklappe sollte jedoch unterlassen werden, da dies das Unfallrisiko erheblich steigern kann.
  • Einen Überblick über verbotene Kostüme liefert das Portal bußgeldkatalog.org hier.