Hamburg. Für 221 Häuser einer Siedlung in Poppenbüttel gilt jetzt Ensembleschutz. Das komme “einer Teilenteignung über Nacht gleich“.

Die Eigentümer der Siedlung Hamburg Bau ‘78 in Poppenbüttel wehren sich dagegen, dass ihre Häuser unter Denkmalschutz gestellt wurden. Sie waren im September 2022 mit einem Schreiben informiert worden, dass für sämtliche 221 Häuser ab sofort Ensembleschutz gilt.

Nun haben sich bei einer Unterschriftensammlung mehr als 160 Anwohner dagegen ausgesprochen. Der Eigentümer Klaus Bültjer hat die Petition persönlich bei der Geschäftsstelle des Eingabenausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft eingereicht.

Häuser in Hamburg plötzlich unter Denkmalschutz

„Die größte Empörung herrscht darüber, dass wir nicht vorab informiert und mitgenommen wurden“, fasst es Klaus Bültjer zusammen, der seit 2000 in der Siedlung lebt. „Schon allein die Tatsache, dass dieser schwerwiegende Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte als vollendete Tatsache nicht vorab kommuniziert wurde, hat bei den Anwohnern Wut und Empörung ausgelöst.

Schließlich hat das Denkmalschutzamt bereits 2021 mit der Erfassung und Erforschung des Ensembles Hamburg Bau`78 begonnen, angeblich „ergebnisoffen“. Dieser Prüfungsprozess wurde in aller Heimlichkeit durchgeführt. Man wollte unbedingt einen Dialog mit den Betroffenen vermeiden“, heißt es in dem Schreiben.

Makler gehen von erheblichem Wertverlust aus

Diese Vorgehensweise sei schon deshalb nicht hinnehmbar, weil in der Senatsdrucksache 21/2656 vom 22.12.2015 anlässlich der Neufassung des Hamburgischen Denkmalschutzgesetzes festgestellt worden sei, dass sicherzustellen sei, dass die Interessen der Ensembleeigentümer angemessen berücksichtigt würden. „Wie können die Eigentümerinteressen berücksichtigt werden, wenn keinerlei Kommunikation stattgefunden hat?“, heißt es in der Petition weiter. Außerdem stehe das Verhalten des Denkmalschutzamtes im krassen Widerspruch zum Grundsatz des transparenten Handels der Verwaltung.

Die Eintragung der Hamburg Bau `78 in die Denkmalschutzliste verursache bei den Betroffenen einen hohen finanziellen Schaden. Laut Auskunft einiger ortsansässiger Maklerbüros ist von einem Wertverlust von einem sechsstelligen Betrag auszugehen. „Das kommt einer Teilenteignung über Nacht gleich“, kritisieren die Unterzeichner, und bringe manche Betroffene, die ihr Haus auch als Altersvorsorge erworben haben, in eine prekäre Situation.

Kritik üben die Eigentümer auch daran, dass nicht nur die äußere Gestaltung der Gebäude, sondern auch Außenanlagen wie beispielsweise Carports, Garagen, Gartenhäuser, Schuppen, Swimmingpools, Gartenteiche und dergleichen unter Denkmalschutz gestellt sind. Selbst der Innenbereich der Gebäude sei einbezogen, so dass vor Umbauten von Küchen und Bädern, Änderungen von Leichtbauwänden bis hin zum Austausch von Zimmertüren mehrseitige Antragsformulare kostenpflichtig beim Denkmalschutzamt eingereicht werden müssten.

Eigentümer fürchten Probleme bei energetischer Sanierung

Für Ärger sorgt auch das behördliche Betretungsrecht auch gegen den Willen der Eigentümers zur Sicherung tatsächlicher oder auch nur vermeintlicher öffentlicher Interessen. Viele haben auch Angst, dass laut Auskunft der Denkmalschutzbehörde Denkmalschutz vor Umweltschutz geht.

Viele Häuser in der Siedlung, die als Bauausstellung konzipiert war, sind energetisch veraltet. Maßnahmen wie Fassadendämmungen oder Solarthermie- bzw. Photovoltaikanlagen seien aber praktisch nicht genehmigungsfähig. Das sei ein Widerspruch zum Hamburger Klimaplan, so die Eigentümer. „Die Unterzeichner beantragen die Rücknahme der Unterdenkmalschutzstellung des Ensembles „Hamburg Bau ‘78“, so die Forderung der Siedler.

Unterstützung kommt von der CDU, die am 15. Februar einen Antrag in die Bürgerschaft einbringen will. „Es ist völlig unverständlich, dass SPD und Grüne mit dem Denkmalschutzamt praktisch über Nacht mehrere Hundert Häuser unter Denkmalschutz gesetzt haben. Das kommt einer Teilenteignung gleich, da die Häuser mit dieser Entscheidung zum Teil massiv an Wert verlieren“, sagt Dennis Thering, Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion.

„Wir fordern Seite an Seite mit den Betroffenen eine Revision dieser Entscheidung. Wir sind fassungslos über diesen Vorgang. Daher fordern wir den Senat in einem Bürgerschaftsantrag auf, diese Einstufung umgehend rückgängig zu machen. Dieser Schildbürgerstreich muss umgehend beendet werden.“