Hamburg. Nach Riesen-Einsatz der Hamburger Polizei steht ein 35-Jähriger vor Gericht. Angeklagter gibt Erklärung, aber kein Geständnis ab.
Für wie gefährlich die Polizei die Situation hielt, zeigt der Einsatz in der Nacht zum 20. August 2022. Nach Hinweisen auf ein Waffen- und Sprengstofflager stürmte ein Hamburger Sondereinsatzkommando (SEK) ein Waldgebiet im niedersächsischen Asendorf.
Über den Beamten kreiste ein Hubschrauber, während am Boden das gepanzerte Spezialfahrzeug „Survivor“ und Entschärfer vorrückten. Zur gleichen Zeit durchsuchten Polizisten die Wohnung von Karen K. in Harburg, er soll mit Waffen aus dem Asendorfer Arsenal gehandelt haben. Dort entdeckten sie unter anderem eine halbautomatische Pistole mit Schalldämpfer, einen Revolver und ein Faustmesser.
Fast sechs Monate nach dem spektakulärem Zugriff sitzt der mutmaßliche Waffenhändler am Montag vor dem Landgericht. Der stiernackige Mann ist Vater einer vier Jahre alten Tochter und arbeitet als Elektriker – und hat Bezüge zur Rockergang Bandidos. Laut Staatsanwaltschaft hat er nicht nur eine Vielzahl von Waffen besessen, sondern auch gewerbsmäßig damit gehandelt. So soll er am 16. August 2022 zwei Männern in einem Restaurant in Oststeinbek eine halbautomatische Pistole (Walther P22) und 50 Schuss Munition verkauft haben.
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Am Abend des gleichen Tages ging der zweite Teil des 10.000-Euro-Deals in dem Asendorfer Waffenlager über die Bühne. Dort erhielten die beiden gesondert verfolgten Männer ein Repetiergewehr mit Zielfernrohr, einen Revolver und Munition, so die Staatsanwaltschaft. Vier Tage später kam es dann zu dem spektakulären Einsatz in Asendorf und dem SEK-Hausbesuch in Harburg. Was Karen K. da noch nicht ahnte: Einer der Waffenkäufer war vermutlich als Spitzel für die Polizei im Einsatz.
Auch deshalb, argumentierte die Verteidigung gestern, sei eine vom Gericht im Gegenzug für ein Geständnis in Aussicht gestellte Strafe von mindestens vier und höchstens viereinhalb Jahren „unvertretbar hoch“. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hielt dagegen: Er sehe die „V-Mann-Problematik“ gelassen, der Waffenhandel stütze sich nicht nur auf die Aussage des Mannes, sondern auf eine Vielzahl von Beweismitteln. Aus seiner Sicht kommt erschwerend hinzu, dass die Waffen in einem „speziellen Kontext angeschafft“ worden seien – eine Anspielung auf Karen K.’s Verbindungen zum Rocker-Milieu?
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Ein geringeres Strafmaß handelte die Verteidigung am Montag nicht heraus, ein Geständnis gab es aber auch nicht. In einer Erklärung des Angeklagten hieß es, dass es bei einem ersten Treffen mit den Waffenkäufern um Autos gegangen sei. Der vermeintliche V-Mann habe dabei nach Waffen gefragt und gesagt, er wolle „alles“ kaufen. Karen K. habe den Deal auf einem Feldweg in Asendorf nur vermittelt, der eigentliche Waffenverkäufer 6000 Euro erhalten. Der Prozess geht weiter.