Hamburg. Ernährungsmediziner Matthias Riedl trinkt – wenn überhaupt – Rotwein und verrät, welches Superfood er zu Hause immer vorrätig hat.
Wer einen Ernährungsmediziner zu einer Weinprobe einlädt, hat die leise Hoffnung, dass der vielleicht etwas Positives über die gesundheitliche Wirkung der gereichten Getränke sagen könnte. Ernährungs-Doc und Bestseller-Autor Matthias Riedl, der diesmal in unserer Reihe „Vier Flaschen“ zu Gast ist, erklärte im Gespräch mit Weinkenner Michael Kutej, Rieslingliebhaber Lars Haider und Apfelsaftschorlentrinker Axel Leonhard zwar, dass Rotwein gut für die Darmflora sein könnte – das war es dann aber auch schon.
Vier Flaschen: Gesunder Genuss ist möglich – dank alkoholfreiem Wein
Er selbst würde nur alle zwei Wochen mal ein Glas Wein trinken, so Riedl, und das würde er sich dann auch noch mit seiner Frau teilen. Ansonsten müsse man beim Genuss von Alkohol aus verschiedenen Gründen vorsichtig sein: „Ich will das nicht verbieten, aber man muss damit umgehen lernen und aufpassen, dass man sich nicht daran gewöhnt, jeden Abend ein Glas Wein zu trinken.“
Auch, wenn das nachweislich Effekte auf die Psyche haben könnte: „Wein ist angstlösend und hilft, sich zu entspannen“, sagt der Mediziner. „Aber es ist wie so oft im Leben und bei der Ernährung: Die Dosis macht das Gift.“
„Schmeckt zu gut“: Dem Riesling-Sekt von Kruger-Rumpf wird nachträglich der Alkohol entzogen
Bei der ersten Flasche, die Kutej extra für Riedl ausgesucht hat, ist das gar kein Problem: Denn der Riesling-Sekt vom Weingut Kruger-Rumpf aus dem Jahrgang 2018 ist komplett alkoholfrei. In der Geschichte der „Vier Flaschen“ sind schon mehrere Weine probiert worden, auf die das zutrifft, aber noch nie war das Urteil so euphorisch wie diesmal: „Ich wäre nicht darauf gekommen, dass dieser Wein keinen Alkohol enthält, dafür schmeckt er einfach zu gut“, sagt Lars Haider, für Riedl ist der Riesling-Sekt sogar ein „Meilenstein“ auf dem Weg zu gesundem Weingenuss.
Möglich macht den ein Unternehmen mit dem schönen Namen „Kolonne Null“, das aus bereits fertig produzierten Weinen nachträglich den Alkohol herausholt und einen Promille-Gehalt von 0,0 Prozent garantiert. Und was sagt Experte Kutej? Er sagt: „Bisher galt für mich immer: Alkoholfreien Wein kannst du trinken, wenn du noch nie alkoholischen Wein getrunken hast – das gilt bei dieser Flasche nicht…“ Die kostet übrigens 12,90 Euro.
Aus ernährungsmedizinischer Sicht ist es am besten, Wein zum Essen zu trinken
Flasche Nummer zwei kommt aus der Steiermark, und damit aus Kutejs Heimat: Der Potzinger Sauvignon Blanc ist ganz frisch, Jahrgang 2022, er schmeckt nach Zitronenmelisse und Holunder, und ist extrem trocken, was Riedl freut: „Je weniger Zucker ein Wein enthält, umso besser“, sagt er, und rät grundsätzlich dazu, Weintrauben in Maßen zu essen, weil die erstens sehr süß und zweitens oft mit Schadstoffen belastet seien. Was bei den vier Weinen, die Michael Kutej für den Ernährungsexperten ausgesucht hat, kein Problem ist: sie sind alle biologisch angebaut.
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Riedl empfiehlt noch, Wein möglichst nicht einfach so, sondern zum Essen zu trinken, wie es in Frankreich und Italien gang und gäbe sei. „Aus ernährungsmedizinischer Sicht ist es am besten, nicht mehrfach am Tag Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, sondern dass im Idealfall auf zwei Mahlzeiten zu beschränken.“
Eine Scheurebe, die für den Experten nach roten Gummibärchen schmeckt
Zu Flasche Nummer drei, und einem Experiment: Kutej hat sich von Philipp Wittmann einem der besten deutschen Winzer, direkt vom Fass eine unfiltrierte, nicht geschwefelte Scheurebe abfüllen lassen, die innerhalb weniger Tage getrunken werden muss. Sie ist entsprechend trüb, was Riedl aber nicht stört, im Gegenteil: „Die besten Lebensmittel sind die, die möglichst unbehandelt und wenig verarbeitet sind.“
Die Scheurebe stammt aus dem Jahr 2022, sie ist ähnlich aromatisch wie ein Sauvignon Blanc, aber bei weitem nicht so aufdringlich. Kutej hat den Geschmack von „roten Gummibären“ auf den Lippen, Haider mag „das Wilde“, während Leonhard mit „dieser Art Wein irgendwie nicht klarkommt“.
Für Matthias Riedl sind Mandeln „fast eine Art Therapeutikum“
Bleibt Flasche Nummer vier, ein Rotwein, den Kutej am Tag zuvor bei einer Verkostung von 120 Weinen aus dem Bordeaux in Hamburg ausgesucht hat. Sehr zur Freude von Matthias Riedl, der, wenn überhaupt, am liebsten Rotwein trinkt. Der Chateau de La Dauphine aus dem Jahrgang 2019 besteht zu 90 Prozent aus Merlot und zu zehn Prozent aus Cabernet Franc, „und diese zehn Prozent machen den Unterschied“, so Kutej.
Haider riecht und schmeckt vor allem Marzipan, und damit etwas, dass Riedl tatsächlich immer zu Hause hat. Der Ernährungsmediziner nascht? „Marzipan besteht ja zur Hälfte aus Mandeln, und die darf man wirklich als Superfood bezeichnen, sie sind fast eine Art Therapeutikum.“ Der Rotwein ist extrem samtig und weich, und schmeckt für Leonhard und Haider deutlich teurer als er in Wirklichkeit ist. Die Flasche kostet 25 Euro – und wer hat den Preis exakt getippt? Genau, Matthias Riedl…
Vier Flaschen: Gesunder Genuss ist möglich – dank alkoholfreiem Wein
Die „Vier Flaschen“ können Sie sich auch unter www.abendblatt.de/podcast anhören oder auf dem Youtube-Kanal des Hamburger Abendblatts ansehen. Im Wechsel mit der bekannten, etwa 90 Minuten langen Folge gibt es alle zwei Wochen eine schnelle Variante: In maximal 9:59 Minuten testen Kutej, Haider und Leonhard eine Flasche Wein, die unter zehn Euro kosten muss, und die am Ende mit Punkten von eins bis zehn bewertet wird.