Hamburg/Berlin. Hamburger PUA will Bundestagspolitiker befragen, was der damalige Finanzminister Olaf Scholz ihnen genau sagte.
Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) der Hamburgischen Bürgerschaft zur Cum-Ex-Affäre fährt noch einmal das ganz große Besteck auf: Die Obleute von SPD, Grünen, CDU, Linken und AfD haben sich darauf verständigt, alle 39 Abgeordneten des Bundestages als Zeugen vorzuladen, die an zwei Sitzungen des Finanzausschusses am 4. März und am 1. Juli 2020 teilgenommen haben.
Die Parlamentarier sollen zum konkreten Wortlaut der Antworten des heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) vor dem Finanzausschuss befragt werden. Der damalige Linken-Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi, der die Partei inzwischen verlassen hat, hatte sich nach Scholz’ Erinnerung an ein Treffen mit Christian Olearius, dem Mitinhaber der Warburg-Bank, am 10. November 2017 erkundigt. Damals war Scholz Erster Bürgermeister in Hamburg. Nach Darstellung De Masis erinnerte sich Scholz – 2020 war er dann Bundesfinanzminister – in der Sitzung an das Treffen und soll gesagt haben, er habe sich lediglich Olearius’ Sicht der Dinge angehört.
Cum-Ex-Affäre: Ausschuss lädt 39 Abgeordnete wegen Olaf Scholz vor
Später allerdings – auch bei seinen Befragungen vor dem PUA – betonte Scholz mehrfach, er habe keine eigene Erinnerung an die Begegnungen mit dem Banker. Dass es die Treffen (es waren nach jetzigem Stand insgesamt drei) gegeben habe, sei ihm, Scholz, erst durch die Berichterstattung der Medien in Erinnerung gekommen.
Die Gespräche des damaligen Bürgermeisters mit Olearius in den Jahren 2016 und 2017 sind für den PUA von zentraler Bedeutung, weil es darum geht aufzuklären, ob Scholz Einfluss auf die Entscheidung der Hamburger Steuerverwaltung genommen hat, die zunächst darauf verzichtet hatte, 47 Millionen Euro Steuern von der Warburg-Bank zurückzufordern. Sowohl Scholz als auch der damalige Finanzsenator und heutige Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) bestreiten die Einflussnahme entschieden.
Von den Sitzungen des Finanzausschusses des Bundestages existieren dem PUA inzwischen vorliegende Kurzprotokolle mit Zusammenfassungen von Scholz’ Antworten, aber keine Wortprotokolle. Deswegen sollen die damaligen Abgeordneten nach ihrer Erinnerung des exakten Wortlauts der Äußerungen des heutigen Kanzlers befragt werden. Auch Scholz selbst soll zu diesem Punkt erneut vor dem PUA befragt werden – es ist dann sein dritter Auftritt vor dem Gremium im Rathaus.
- Scholz zum dritten Mal als Zeuge im Untersuchungsausschuss
- Gericht untersagt Linkspartei Aussage zu Scholz-Treffen
- Woran sich Olaf Scholz erinnert – oder auch nicht
Cum-Ex-Affäre: Was genau sagte Olaf Scholz?
Die Abgeordneten des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses wollen die beiden Beweisanträge – Scholz wird separat vorgeladen – auf ihrer Sitzung am heutigen Freitag beschließen. Nach Informationen des Abendblatts wird die Vernehmung der 40 Zeugen voraussichtlich auf zwei Sitzungen verteilt. Nicht nur De Masi wird vorgeladen, auch die FDP-Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, die heutige Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und der Hamburger SPD-Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi zählen dazu.
Die Linke hatte ursprünglich lediglich De Masi und wenige weitere Abgeordnete vorladen wollen. „Wir haben darauf bestanden, alle Abgeordneten zu hören, die damals dabei waren“, sagt Milan Pein, Obmann der SPD-Abgeordneten im Untersuchungsausschuss.