Hamburg. Der 33-Jährige gesteht die Tat – reagiert jedoch fassungslos auf die Strafe. 90-Jähriger musste vier Tage in Klinik behandelt werden.
Minutenlang lungert der Mann in der Nähe der Fahrkartenautomaten herum. Er beobachtet Passanten, lässt sich Zeit. Dann, als ein betagter Mann mit Krückstock kommt und dem Wartenden den Rücken zudreht, geht alles ganz schnell: Der Täter reißt an der Tasche des Seniors, so heftig, dass dieser zu Boden stürzt. Als der Alte die Tasche weiter festhält, zieht der Räuber erneut. Dann flüchtet er mit seiner Beute.
Es sind diese Videoaufnahmen von einem Verbrechen am 20. September vergangenen Jahres, die zeigen, wie entschlossen der Täter vorging, wie gezielt er sich offenbar mit dem gehbehinderten Senior ein möglichst wehrloses Opfer gesucht hat.
Senior in Hamburg überfallen – Angeklagter gesteht Tat
Jetzt vor dem Schöffengericht, wo sich Mitko N. für die Tat an der U-Bahnstation Steindamm wegen Raubes und Körperverletzung verantworten muss, räumt der Angeklagte die Tat teilweise ein. Er gesteht über seine Verteidigerin, die Tasche des Opfers ergriffen zu haben. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass er sie so festhält. Ich dachte, er lässt los“, heißt es in der Erklärung des Angeklagten. Dass der alte Mann „sich verletzt hat, habe ich auf keinen Fall gewollt. Es tut mir wirklich sehr leid.“
Mit dem Geständnis erspart der 33-Jährige dem Opfer, aus Frankfurt zum Prozess anzureisen und als Zeuge aussagen zu müssen. Dem 90-Jährigen, von dem der Täter 250 Euro, zwei Handys sowie Bankkarten erbeutet hatte, war durch die Tat die Schulter ausgerenkt worden.
90-Jähriger brutal überfallen – er war nur zu Besuch in Hamburg
Außerdem hatte der Mann, der nach Hamburg gekommen war, um einen schönen Ausflug zu erleben, bei dem Sturz eine Gesichtsschädelfraktur erlitten und zwei Zähne verloren. Fotos, die seinerzeit von dem Geschädigten gemacht wurden, zeigen einen Mann mit blutüberströmten Gesicht. Vier Tage musste er in der Klinik behandelt werden, durfte sechs Wochen lang keine feste Nahrung zu sich nehmen.
Die Staatsanwältin, die in ihrem Plädoyer vier Jahre Freiheitsstrafe für den mehrfach vorbestraften Angeklagten fordert, spricht von einer „massiven und rohen Tat, die besonders niederträchtig“ sei. Die Verteidigerin macht indes geltend, dass ihr Mandant die schweren Folgen für das Opfer nicht habe vorhersehen können. Sie beantragt sechs Monate Haft.
- Mordversuch unbestätigt: Mildes Urteil für Krankenschwester
- Mutter verabreicht Kind Schlafmittel – doch kein Mordversuch
- Streit um dreckiges Badezimmer eskaliert: Messerangriff
Fast vier Jahre Haft für Überfall auf Senior – Angeklagter fassungslos
Das Schöffengericht folgt schließlich im Wesentlichen der Argumentation der Staatsanwaltschaft und verurteilt Mitko N. zu drei Jahren und acht Monaten Freiheitsstrafe. Der Angeklagte habe auf das Opfer „mit Gewalt eingewirkt“, betont der Vorsitzende. Außerdem habe der 33-Jährige in Kauf genommen, dass der alte Mann sich verletzt.
Der Angeklagte ist fassungslos angesichts der Strafe. „Fast vier Jahre?“, fragt er nach. „Ich habe doch fast nichts gemacht!“ Wütend schimpft er vor sich hin, bis er an Handschellen aus dem Saal geführt wird, zurück in die Untersuchungshaft. Der Richter blickt ihm nach und meint: „Von Reue sieht man da nichts.“