Hamburg . Schon ab dem kommenden Jahr soll es losgehen und die “Mover“-Fahrzeuge mit Fahrgästen durch Hamburg fahren. Die Pläne.

Die Zukunft des Autofahrens beginnt in Hamburg. Die ersten fünf autonomen, also führerlosen, Fahrzeuge im Öffentlichen Personennahverkehr sollen ab dem kommenden Jahr auf Hamburgs Straßen mit Fahrgästen unterwegs sein.

Zunächst im Innenstadtbereich, später auch im Umland. Anfang des Monats wurde das Fahrzeug erstmalig auf einer Automobilmesse in Las Vegas der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Und am Montag in Hamburg.

Der fünf Meter lange Minibus – sein Name lautet „Holon Mover“ – ist barrierefrei, bietet Platz für bis zu 15 Passagiere und fährt voll elektrisch. Geplant ist, dass er sich mit bis zu Tempo 60 fahrerlos durch Hamburg bewegt. Seine Reichweite beträgt etwa 290 Kilometer.

Autonomes Fahrzeug: Ab 2025 Serienproduktion

Marco Kollmeier, Geschäftsführer von Holon, stellte das Fahrzeug gemeinsam mit Hochbahnchef Henrik Falk am Montag vor: „Mit unserem Mover beweisen wir, dass emissionsfreie, sichere, komfortable und inklusive Personenbeförderung möglich ist“, so Kollmeier. Er ist selbstbewusst zu sagen, dass der Mover von Holon „das weltweit hochwertigste Fahrzeug“ dieser Art ist. Das Fahrzeug soll ab 2025 serienmäßig produziert werden, in den USA, Europa und in Asien. Auch in Hamburg? „Das ist noch nicht entschieden“, so Kollmeier.

So oder so ist Hamburg als Pilotstandort wichtig, um in Zusammenarbeit mit der Hamburger Hochbahn diese Art der Mobilität zu testen. Wie berichtet, sollen etwa 10.000 autonom fahrende Autos und digital gesteuerte, fahrerlose S-Bahnen in Hamburg fahren – damit will die Hansestadt als erste Region Deutschlands ihren Nahverkehr bis 2030 ergänzen und so den Straßenverkehr entlasten und klimafreundlicher machen.

Um das zu schaffen, soll Hamburg zur „Metropol-Modellregion Mobilität“ werden. „Ohne diese Ergänzung mit autonom fahrenden Autos, würden wir den Hamburg-Takt nicht schaffen“, sagt Henrik Falk. Hamburg-Takt bedeutet, dass bis 2030 jeder Fahrgast innerhalb von fünf Minuten ein öffentliches Mobilitätsangebot erreicht.

Autonomes Fahren als Alternative zum eigenen Auto

„Mit den autonomen Fahrzeugen sprechen wir vor allem Autofahrer an, für die der öffentliche Personennahverkehr noch keine Alternative zum eigenen Fahrzeug darstellt“, so Hochbahn-Chef Falk. Diese Lücke sollen die neuen Fahrzeuge füllen.

In dem Mover können später zehn Passagiere sitzen, es gibt außerdem fünf Stehplätze. Das Fahrzeug kommt zudem barrierefrei daher, sodass auch Rollstuhlfahrer oder Eltern mit Kinderwagen über eine Rampe in das Fahrzeug steigen können. Elektrische Doppelflügel-Türen samt Türlichtschranken und eine automatisch ausfahrbare Rampe sowie eine serienmäßig verbaute Absenk-Funktion sorgen für den barrierefreien Zugang. Rollstühle werden automatisch fixiert.

Henrik Falk (re.), Vorstandsvorsitzender der Hochbahn, und Marco Kollmeier, HOLON-Geschäftsführer bei der Präsentation des autonom fahrenden Protyps von HOLON.
Henrik Falk (re.), Vorstandsvorsitzender der Hochbahn, und Marco Kollmeier, HOLON-Geschäftsführer bei der Präsentation des autonom fahrenden Protyps von HOLON. © Christian Charisius/dpa

Hinweise in Blindenschrift und ein audiovisueller Guide unterstützen sehbehinderte Menschen zusätzlich während der Fahrt. Da das Fahrzeug nicht schneller als 60 Kilometer pro Stunde fahren kann, werden dort keine Sicherheitsgurte notwendig sein.

Wichtig ist eine zügige Straßenzulassung

Wichtig ist dem Hersteller Holon, so schnell wie möglich eine Straßenzulassung zu bekommen. „Dieses Fahrzeug ist entscheidend. Denn nur mit einer Zulassung ist autonomes Fahren möglich“, so Henrik Falk. Die Software kommt von Mobileye Drive.

Im Frühjahr soll der moderne Minibus erstmals den Hamburgern präsentiert werden.

Ähnlich wie bei Moia kann der Fahrgast das Fahrzeug später per App bestellen. Dabei soll jedes Ziel in Hamburg innerhalb von fünf Minuten angefahren werden. „Familien, die vielleicht unter sich sein wollen, können das Fahrzeug auch exklusiv buchen. Das ist dann nur etwas teurer“, so Falk. Genaue Tarife sind noch nicht bekannt.

Hamburg will dabei zum Vorreiter für den öffentlichen Nahverkehr werden. Dafür arbeitet die Stadt auch mit Volkswagen und Sammeltaxi-Anbieter Moia zusammen – erste Testfahren mit einem fahrerlosen Moia-Fahrzeug sind für 2023 in Uhlenhorst und Winterhude geplant. Die ersten Kunden könnten dieses Angebot wohl 2025 nutzen.

Egal, ob Moia oder Holon: Beide arbeiten nach dem „On-Demand“-Prinzip. Das heißt, Fahrgäste können die Fahrzeuge für ihre Bedürfnisse anfordern. Und so fühlt es sich im Mover an: „Das Raumkonzept ist großzügig gestaltet. Die komfortable, dezent versetzte Sitzanordnung gibt das Gefühl von Privatsphäre und erfüllt gleichzeitig alle Sicherheitsanforderungen", heißt es. Silvio Pietro Angori, CEO des italienischen Designunternehmens Pininfarina, spricht gar von einer „Designikone“.

Hochbahnchef freut sich auf das Deutschlandticket

Das autonome Fahren ist ein Projekt, auf das sich Hochbahnchef Falk besonders freut, um die Mobilitätswende voranzubringen. Das Deutschlandticket ist das andere, das er sehr begrüßt. Schon das 9-Euro-Ticket habe dazu geführt, dass die Fahrgastzahlen in Hamburg nach dem Corona-Einbruch wieder bei 100 Prozent lagen, aktuell ist die Zahl der Fahrgäste wieder um zehn bis 15 Prozent heruntergegangen und liegt derzeit zwischen 85 und 90 Prozent.

Das 49-Euro-Ticket, das dann deutschlandweit für Busse und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr gilt, wird, da ist sich Henrik Falk sicher, wieder zu steigenden Fahrgastzahlen führen. „Das ist ein wahnsinnig attraktives Angebot und das Hauptthema in diesem Jahr.“ Überhaupt sieht der Hochbahnchef optimistisch in dieses Jahr – in Sachen Mobilitätswende.

So wird die Elektrobus-Flotte der Hochbahn in diesem Jahr um weitere 90 Fahrzeuge auf dann 250 aufgestockt, sodass Ende 2024 ein Viertel der gesamten Busflotte elektrisch fährt. Und bei der Reichweite habe sich einiges getan: Hatten Elektrobusse 2019 noch eine Reichweite von 150 Kilometern, liegt diese inzwischen bei einem Bus bei 275 Kilometern. „Elektrobusse sind das Mittel der Wahl“, so Henrik Falk.