Hamburg. Die Zahl der Tiere in der Stadt steigt – das führt zu Konflikten. So wie an einer Freilaufzone in Dulsberg. Wie sind Ihre Erfahrungen?
Heidi B. kommt zu Hause kaum zur Ruhe. Dabei ist sie krank und benötigt viel Schlaf. „Bei dem Dauergebell von der Hundeauslauffläche vor meiner Tür kann ich mich tagsüber kaum entspannen“, sagt die 76-Jährige.
Seit 22 Jahren wohnt sie in Dulsberg gegenüber einer eingezäunten Freilaufzone für Hunde. „Aber so laut war es sonst nicht. In der Corona-Zeit haben sich viele Leute Hunde angeschafft, und nun werden sie mit der Erziehung nicht fertig. Das ist ein großes Problem.“
Waren vor der Pandemie im Dezember 2019 noch 52.293 Hundehalter im Hamburger Steuerregister verzeichnet, sind es derzeit 62.336. Die Zahl der Tiere ist deutlich höher. Beschwerden über Hunde gibt es hamburgweit.
So sehr leiden Anwohner in Dulsberg unter Hundegebell
Sonntagmorgen, 9.30 Uhr, Diedenhofer Straße Ecke Dulsberg Süd an der Freilauffläche. Etwa fünf Hundehalter stehen herum, trinken Mitgebrachtes aus Thermosflaschen, unterhalten sich und lassen ihre Hunde nebenbei laufen.
Ein Dobermann bellt immer mal wieder, im Laufe der kommenden Stunde kommen weitere Halter hinzu. Um 10.30 Uhr flitzen um die 14 Hunde über die Fläche. Manche Hunde bellen, andere nicht. Manchmal ist es laut, dann wieder ist Ruhe.
Dulsberg: Das Hundegebell stresst die Nachbarn
Diese Ruhe dazwischen sei aber nicht ausreichend, sagen Heidi B. und ihre Nachbarin. Die 45-Jährige lebt seit 15 Jahren gegenüber und sagt, dass das Hundegebell in der letzten Zeit unerträglich geworden sei. „Meine Nachbarn und ich sind alle gestresst.“ Die Softwareentwicklerin arbeitet im Homeoffice, und es falle ihr schwer, sich bei dem Gebell zu konzentrieren.
Sie hat sich bereits beim Ordnungsamt beschwert, die Polizei gerufen, aber wirklich gebracht habe das alles nichts. Frau B. und ihre Nachbarin fühlen sich nicht ernst genommen. „Wir sind machtlos.“ Ihrer Meinung nach liegt die Hundezone zu nah an ihrem Wohnhaus. „Wir müssen vor dem Lärm geschützt werden“, so eine der Frauen.
Etwas gegen Hundegebell unternehmen könne man nicht, heißt es aus dem zuständigen Bezirksamt Nord. „Das Bezirksamt hat verschiedene Möglichkeiten geprüft und ein Schild vor Ort angebracht. Weiteren Handlungsspielraum gibt es nicht“, sagt Sprecherin Larissa Robitzsch. Mit dem Schild appelliert das Amt an die Hundebesitzer, Rücksicht auf die Anwohner zu nehmen. „Bitte beachten Sie die empfohlenen Ruhezeiten – vielen Dank! Mittagsruhe von 13–15 Uhr. Nachtruhe von 22–7 Uhr“, steht dort.
„Es gibt keine rechtliche Grundlage, das Hundegebell einzuschränken beziehungsweise zu unterbinden. Die Möglichkeiten für Hunde, im städtischen Bereich frei zu laufen, herumzutollen und zu spielen – was häufig mit Bellen verbunden ist –, sind bereits durch das Hundegesetz sehr eingeschränkt.“
Manche stört auch laute Gespräche unter Hundehaltern
Grundsätzlich gilt: Bei zu viel Lärm, kann nur die Polizei die geltenden Lärmschutzregeln in Grünanlagen, besonders in den Abend- und Nachtstunden, durchsetzen. Die 45-Jährige hat sich auch schon an die Polizei gewandt – widerstrebend. „Ich möchte nicht die Polizei rufen. Die haben Wichtigeres zu tun.“
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Hamburgweit gibt es immer wieder Beschwerden über Hunde. In anderen Freilaufzonen im Bezirk Nord klagen Anwohner etwa über Hundegebell oder zu laut sprechende Hundehalter und Hundehalterinnen.
Es gibt mehr Hunde und mehr Betrieb in den Auslaufzonen
In Eimsbüttel, weiß Bezirksamtssprecher Kay Becker, beschwerten sich vor einigen Jahren Anwohner über Hundegebell in den Auslaufzonen Emilienstraße und Oberstraße (zwischen den Grindelhochhäusern). „Es gibt mehr Hunde, und auf den Auslaufflächen ist mehr los “, so Becker. Stress mit Hundehaltern gibt es in Eimsbüttel, wenn Hunde frei herumlaufen und Pflanzen beschädigen oder Wasservögel stören.
Auch in Altona gab es Klagen über Hunde, etwa an der Eckernförder Straße in Altona-Nord oder am Kemal-Altun-Platz in Ottensen. Bezirksamtssprecher Mike Schlink: „Idealerweise liegen die Hundeauslaufflächen nicht direkt an Wohnhäusern, in dicht besiedelten Quartieren lässt sich das mitunter jedoch nicht realisieren.“
CDU: Es gibt zu wenig Freilaufflächen für Hunde
Für den tierpolitischen Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Sandro Kappe, müsse das Spielen und Bellen von Hunden zumindest von 7 bis 22 Uhr in Kauf genommen werden. „Alles andere würde eine Qual für die Hunde bedeuten.“
Bei allem Verständnis für die Anwohner: „Die Flächenländer können Hundeauslaufflächen auslagern. Hamburg kann das nicht.“ Es gäbe ohnehin zu wenig Freilaufflächen für Hunde. 97.280 Hunde waren 2021 in Hamburg gemeldet. Derzeit gibt es 136 Hundewiesen in der Stadt, 26 davon sind eingezäunt. Kappe: „Bei der steigenden Anzahl der Hunde zu wenig.“
Spielenden Hunden kann man das Bellen nicht verbieten
Spielenden Hunden lasse sich das Bellen nicht verbieten, sagt Sarah Timmann, tierschutzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. „Anwohner, die in die Nähe dieser Anlagen gezogen sind, müssen sich bewusst sein, dass diese Flächen potenzielle Lärmquellen sind.
Dennoch gilt das Gebot der Rücksichtnahme.“ Die Ruhezeiten sollten eingehalten werden, um ein gutes nachbarschaftliches Miteinander sicherzustellen, sagt Lisa Maria Otte, Sprecherin für Tierschutz der Grünenfraktion. „Darüber hinaus sind der Besuch von Hundeschulen und Hundetrainings der beste Weg, um das Tier zu erziehen und auf ein gutes Zusammenleben in der Großstadt vorzubereiten.“
Hundehalterin: Viele Tiere sind schlecht erzogen
In Dulsberg gibt ein Hundehalter zu: „Ja, es gibt Hunde, die beim Spielen bellen.“ Er möchte anonym bleiben. Ein permanentes Bellen halte er aber für unwahrscheinlich. Hundehalterin Jana Grübler mit Diego hält dagegen, dass Hundehalter durchaus mehr Rücksicht nehmen könnten. „Das, was hier frühmorgens und spätabends passiert, kann selbst ich als Hundebesitzerin nicht unterstützen.“
Hunde müssten besser erzogen werden. Sie weist andere Hundehalter dann durchaus auch auf falsches Verhalten hin. „Das Problem sind wie immer die Menschen. Ich finde es gut, dass die Anwohner sich beschweren.“
Wie sind Ihre Erfahrungen mit Hunden?
Liebe Leserinnen, liebe Leser, wie sind Ihre Erfahrungen mit Hundehaltern und Hunden in der Stadt? Klappt das Zusammenleben mit so vielen Hunden in dicht besiedelten Stadtteilen überwiegend gut? Nehmen Hundehalter genug Rücksicht und haben ihre Tiere gut erzogen? Sind sie vielleicht auch eine Bereicherung?
Oder gibt es Probleme mit bellenden Hunden, mit liegen gelassenem Hundekot? Mit rücksichtslosen Hundebesitzern?
Schreiben Sie uns gern an briefe@abendblatt.de mit dem Betreff „Hunde“.