Hamburg. Die Zahl der Vierbeiner nimmt in Hamburg zu. Aber nicht jedes Herrchen und jedes Frauchen hält sich an die Spielregeln.
Der Mann, der mit seinem kleinen Malteser an der Leine am Rahsee in Niendorf spazieren geht, reißt erschrocken seinen kleinen Hund in die Höhe und nimmt ihn auf den Arm, als der große Berner Sennenrüde angestürmt kommt und an dem Mann hochspringt und sehr an dem Hündchen interessiert ist. Der Mann mit dem Malteser hatte am vergangenen Montagvormittag sichtlich Angst um sein Tier.
Die Halterin des Berner Sennenhundes sagte nur: „Ach ja, der ist erst ein Jahr alt und noch jung und stürmisch.“ Hundebesitzer kennen solche Szenen. Da sind die, die in Ruhe mit ihrem Hund spazieren gehen wollen und jene, die ihren Hund freilaufen und ihn machen lassen. Dabei gibt es Spielregeln für ein gutes Miteinander.
Hamburg: Übergriffige Hunde nerven Hundebesitzer
„Den meisten Menschen ist nicht bewusst, wie sehr sie andere Menschen mit Hund an der Leine in Bedrängnis bringen, wenn der eigene Vierbeiner da einfach hinläuft. Ich bin mit meinem vielleicht gerade im Training und das wird durcheinander gebracht, oder der Hund kommt aus dem Tierschutz und ist ängstlich. Ich finde es nicht wertschätzend mir und meinem Tier gegenüber, wenn ein anderer Hund da einfach hinrennt“, sagt Hundetrainerin Anne Klose von „Hansehund.“
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Genervt von übergriffigen Hunden ist Nadine Metgenberg aus Harvestehude fast täglich, wenn sie mit ihren beiden Mini-Chihuahuas „Tiger“ und „(Marsh)- mallow“ eine Runde an der Außenalster dreht.
Mehr Konflikte mit freilaufenden Hunden
„Mich ärgert es massiv, wenn ich meine Hunde an der Leine habe und diese von anderen freilaufenden Hunden bedrängt werden. Die Halter oder Halterinnen sind oft weit weg und kümmern sich nicht, oder sie rufen zwar, aber der Rückruf klappt nicht, und ich werde deren Köter nicht mehr los“, sagt sie. Sonntags geht sie deshalb schon gar nicht mehr an der Außenalster spazieren, weil zu viele nicht angeleinte Hunde herumrennen und übergriffig sind. Nicht im gefährlichen Sinne, dass sie beißen, aber so, dass die Hochzeitsplanerin und ihre Hunde nicht in Ruhe gelassen werden. Tatsächlich gehen die gemeldeten Beißvorfälle zurück. Waren es im Jahr 2015 155, wurden 2019 lediglich 122 Vorfälle gemeldet.
Frau Metgenberg ist mit ihrer Wut über nicht angeleinte Hunde kein Einzelfall. „Es gibt immer Beschwerden, dass Hunde frei herumlaufen, obwohl sie angeleint sein müssten und sich dadurch Menschen bedroht fühlen“, sagt Kay Becker, Sprecher des Bezirksamtes Eimsbüttel (11.198 registrierte Hunde). Eine Statistik hat er dazu nicht, aber gefühlt nehmen solche Beschwerden zu.
Hundehalter missachten häufig die Anleinpflicht
„Hundehalter missachten häufig die Anleinpflicht. Beispiel Niendorfer Gehege. Hier gibt es eine Freilaufwiese, auf den anderen Wegen ist Leinenpflicht. Manche Hundehalter lassen die Hunde dennoch auf den Wegen frei laufen.“ Eine ähnliche Beobachtung kommt aus dem Bezirksamt Mitte: „Es sind in den letzten Jahren mehr Beschwerden geworden“, so eine Sprecherin. Mehr Hunde, mehr Konfliktpotenzial: Die Zahl der registrierten Hunde nimmt weiter zu. Von mehr als 59.000 Hunden im Jahr 2012 stieg die Zahl auf 88.859 im Jahr 2020.
Dabei melden sich nur wenige Hamburger beim Hundekontrolldienst, um sich zu beschweren. Die für die Hundekontrollen zuständige Wasserschutzpolizei hat für Mai 83 Meldungen und im Juni 2021 76 Meldungen erfasst. Dabei geht es um freilaufende, herrenlose oder aggressive Hunde, um Beißvorfälle sowie Hunde ohne Maulkorb, Verunreinigungen durch Hundekot oder Ruhestörungen durch Gebell.
Die Spielregeln für ein gutes Miteinander
Generell gilt Leinenpflicht, von der man sich aber befreien lassen kann. In den 134 Auslaufzonen – das sind Wege, Pfade und Rasenflächen in öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen – können sich die Hunde (mit Ausnahme der gefährlichen Tiere im Sinne des Hundegesetzes) ohne Leine bewegen. In der Hundeauslaufzone des Alstervorlandes am Cliff gilt die Anleinpflicht nicht, sonst an der Alster aber schon.
Dabei gibt es Regeln, die in den meisten Hamburger Hundeschulen vermittelt werden. Für Anne Klose eine der wichtigsten: „Wenn ich jemandem begegne, der seinen Hund an der Leine hat, nehme ich meinen Hund zu mir ran, weil ich nie genau weiß, was ist das Thema des anderen Hundes: Ist der vielleicht aggressiv? Hat der Angst oder ist die Hündin läufig?“ Einsichtig zeigten sich die wenigsten Hundehalter mit freilaufendem Vierbeiner. Häufig komme das Argument: „Meiner will aber nur spielen.“ Anne Klose: „Selbst wenn: Ich habe das Recht zu sagen: Meiner aber nicht.“
Leinensalat ist vorprogrammiert
Auch wenn Hunde an der Leine sind, sei Kontakt nicht immer sinnvoll: „Wir sagen das schon in der Welpengruppe: Wenn ihr in Zukunft entspannt mit Hund und vielleicht einem Becher Kaffee in der Hand an anderen Menschen und Hunden vorbei durch die Stadt gehen wollt, dann lasst sie nicht an der Leine zu anderen Hunden. Je früher man damit beginnt, umso entspannter ist das spätere Leben. ,Hallo’ können sich die Hunde im Freilauf sagen. Sonst gibt es nur Leinensalat und bei unkastrierten Rüden auch schon mal richtig Ärger.“
Dennis Thering, Fraktionschef der CDU-Bürgerschaftsfraktion und Hundebesitzer, sagt: „Zu einem guten Miteinander zwischen Mensch und Hund gehört, dass der Hund Regeln kennt und diese auch befolgt. Wer das nicht selbst schafft, sollte Hilfen, zum Beispiel einer Hundeschule in Anspruch nehmen.“ Von einer Pflicht zum Besuch einer Hundeschule hält er jedoch wenig, da es durchaus erfahrene Hundehalter gibt.