Hamburg. Weiterhin kommen täglich 80 Schutzsuchende vor allem aus der Ukraine – doch nicht nur hinter dem Hotel Sofitel steht ein Fragezeichen.

Es ist eine Frage, deren Dringlichkeit nicht abnimmt: Wohin mit den Flüchtlingen? Im Gegenteil: Immer noch sind es rund 80 Schutzsuchende, die tagtäglich den Weg nach Hamburg auf sich nehmen. Neben dem Großteil, der aus der Ukraine stammt und vor dem russischen Angriffskrieg flieht, sind es zunehmend auch Asylsuchende aus anderen Ländern.

Das stellt die Hamburger Behörden vor große Herausforderungen, denn Unterkünfte sind schwer zu finden. Zudem sind Planungen über die Anmietungen der Gebäude schwierig, denn wer weiß schon, wie lange der Krieg in der Ukraine noch andauert und welche kriegerischen Auseinandersetzungen sonst noch Tausende Menschen dazu zwingen werden, ihre Heimat zu verlassen?

Hamburg: Verträge mit Flüchtlingsunterkünften enden

Wie es der Übersicht über die Interimsstandorte auf der Onlineseite der Stadt zu entnehmen ist, laufen bald einige Verträge mit Eigentümern und Betreibern über die Nutzung der Unterkünfte aus. So etwa bei dem ehemaligen Luxushotel Sofitel am Alten Wall, dessen Inbetriebnahme offiziell nur noch bis zum 28. Februar läuft. Zwischen Luxusboutiquen und Restaurants wohnen dort seit März vergangenen Jahres insgesamt 800 der aktuell rund 55.000 registrierten Geflüchteten in Hamburg. 42.793 von ihnen stammen alleine aus der Ukraine. Gut 12.000 aus anderen Ländern.

Karapet und Lilit Sahakyan mit ihren Kindern Avet und Knarik gehörten zu den Ersten, die im Sofitel untergekommen sind.
Karapet und Lilit Sahakyan mit ihren Kindern Avet und Knarik gehörten zu den Ersten, die im Sofitel untergekommen sind. © HA | Michael Rauhe

Da in den knapp 43.000 Registrierten aber auch 4678 Personen miteingerechnet sind, die in andere Bundesländer verteilt worden sind und auch diejenigen, die Hamburg wieder verlassen haben, geht die Stadt von rund 33.000 Ukrainerinnen und Ukrainern aus, die sich derzeit in Hamburg aufhalten. Das teilt die Innenbehörde mit und fügt hinzu, dass gut die Hälfte von ihnen eine Unterkunft braucht. Insgesamt befinden sich deshalb zu­züglich zu den Geflüchteten, die sich bereits seit mehreren Jahren in Geflüch­teten-Unterkünft­en aufhalten, aktuell mehr als 45.000 Menschen im Gesamtsystem der öffentlich-rechtlichen Unterbringung.

Notstandorte könnten sogar entlastet werden

Wie das Abendblatt berichtete, waren die Behörden aufgrund des starken Zustroms zeitweise auch dazu gezwungen, Geflüchtete in Zelten und Containern unterzubringen. Da es laut Innenbehörde aber trotz der kontinuierlich „sehr hohen Zugangszahlen“ unter großen Anstrengungen aller beteiligten Stellen gelungen sei, die erforderlichen Unterbringungskapazitäten weiter auszubauen, könnten die Notstandorte aktuell sogar entlastet werden.

So hieß es aus der Innenbehörde auf Abendblatt-Anfrage, dass die Sporthalle der BS 14 in der Dratelnstraße voraussichtlich Ende Januar/Anfang Februar wieder für die Nutzung durch den Schul- und Vereinssport freigegeben werden kann. Dies sei laut Innen- und Sportsenator Andy Grote (SPD) auch immer vorrangiges Ziel gewesen: „Unser Ziel war immer, die Unterbringung in Sporthallen möglichst zu vermeiden und diese auch als Erstes wieder zu räumen, so wie es nur geht. Wir sind froh, dass wir das jetzt einlösen können und die Halle an der Dratelnstraße dem Sport damit wieder zur Verfügung steht.“

Neben den Standorten Ladenbeker Furtweg, Budapester Straße, Museumsstraße und Tessenowweg wurde die Halle bereits kurz nach Beginn des Angriffskrieges als Notunterkunft hergerichtet und war seitdem nicht nutzbar.

Geflüchtete: Hamburg plant weitere Unterkünfte

Neu als Flüchtlingsunterkunft in Betrieb genommen worden sind hingegen zu Beginn des Jahres etwa das Hotel Fürst Bismarck an der Kirchenallee in St. Georg, das B&B Hotel Hamburg Wandsbek, die Superbude Altona oder das Holiday Inn am Berliner Tor. Zudem, so die Innenbehörde, werde Hamburg im weiteren Verlauf dieses Jahres neue Standorte eröffnen, die aktuell vorbereitet werden. Ebenso werde die Stadt zusätzlich weitere Standorte entwickeln müssen, um die erwarteten weiteren Zugänge bewältigen, die Notstandorte sukzessive abzulösen und die Hotelplätze reduzieren zu können.

Mit einem Anteil von gut einem Drittel aller Unterbringungskapazitäten liegt der Bezirk Hamburg-Mitte momentan auf Platz eins mit den meisten Untergebrachten und habe damit die Hauptlast zu schultern, wie Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer sagt. Dem Abendblatt sagte Neubauer, dass der Bezirk Mitte die Unterbringungen zwar „gerne“ vornehme. Doch fordert der Behördenleiter die Stadt auf , die Verteilung etwas gerechter zu gestalten und die Kapazitäten auch in den anderen Bezirken hochzufahren. Der Bezirk Mitte stehe hierzu auch bereits mit der Sozialbehörde in Kontakt und sei auf gute Resonanz gestoßen.

Hamburger Sozialbehörde will Sofitel weiter nutzen

Um eine gerechtere Verteilung in diesem Jahr wirklich umzusetzen, müsse das Thema aber auch „angegangen werden“, so Neubauer. Es sei dem Bezirksamtsleiter zufolge „dringend“ zu beachten, dass nicht Stadtteile, die ohnehin bereits besonderen Belastungen ausgesetzt sind, nun auch noch die Hauptlast tragen.

Wie es von der Sozialbehörde zu den Planungen für das Suchen neuer Unterbringungen heißt, werde „jede Liegenschaft genutzt, die für einen Standort geeignet ist“. Zu der Belegung des Sofitels und den auslaufenden Verträgen konnte die Behörde aber noch keine verlässlichen Angaben machen. Sie strebe aber an, die Unterkunft auch nach dem 28. Februar weiterhin als Flüchtlingsunterkunft nutzen zu können.