Hamburg. Minderjährige Flüchtlinge ohne Eltern werden vorerst nicht mehr in Halle untergebracht – großer Träger findet Lösung in Bahrenfeld.
Der Stadt Hamburg ist es offenbar gelungen, durch das Engagement eines freien Trägers die Misere im Kinder- und Jugendnotdienst (KJND) abzumildern. Der Kita- und Jugendhilfe-Betreiber Sternipark hat ein ursprünglich als Waisenhaus oder Kita gedachtes Gebäude in Bahrenfeld als Einrichtung für unbegleitete minderjährige Geflüchtete angeboten. Dort gibt es 48 Plätze für Jugendliche, von denen nun mehr als die Hälfte bereits belegt ist. Bis Ende Januar dürfte das Haus mit Doppelzimmern und Aufenthaltsräumen dann ausgelastet sein, bestätigte Sternipark-Geschäftsführerin Leila Moysich dem Abendblatt.
Die Einrichtung hatte erst vor Weihnachten für ihren neuen Zweck geöffnet. Sie kann formal sogar als Erstaufnahmeeinrichtung bezeichnet werden. Denn die Jugendlichen ohne Eltern werden zunächst vom KJND betreut, was einer „vorläufigen Inobhutnahme“ entspricht. Dabei muss geklärt werden, ob sie in Hamburg bleiben können, denn das müssen die Verteilungsregeln des „Königsteiner Schlüssels“ der Bundesländer hergeben. Ist das der Fall, können sie in Einrichtungen wie die von Sternipark kommen.
Jugendliche Flüchtlinge: Unterbringung in Turnhalle nicht mehr notwendig
Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte zuletzt bemängelt, dass der Verteilungsschlüssel nicht immer der Lage gerecht werde. Denn anders als größere Bundesländer habe das städtebaulich verdichtete Hamburg kaum Flächen, um neue Unterkünfte zu errichten.
Wie berichtet, musste der Kindernotdienst zuletzt Jugendliche in einer Mehrzweckhalle unterbringen, da der Zulauf so groß war. Das ist nach Angaben einer Sprecherin der Sozialbehörde nun nicht mehr notwendig. Weitere Modulbauten würden auf dem Gelände an der Feuerbergstraße (Alsterdorf) errichtet und neue Plätze geschaffen. Zur Betreuung von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen betreibe man sechs Einrichtungen zur Erstversorgung. Die Situation habe sich „etwas entspannt“, erklärte die Behörde. Die Zahlen gingen leicht zurück.
Sternipark hat Erfahrung mit Geflüchteten aus Syrien und Afghanistan
Eine Anfrage der Linksfraktion in der Bürgerschaft hatte ergeben, dass die tatsächliche Zahl der in Obhut Genommenen die erlaubte Zahl zeitweise um das Doppelte überschritten habe. Das betrifft Geflüchtete ebenso wie Kinder und Jugendliche, die aufgrund von Überforderung der Eltern, Misshandlungen oder Kriminalität aufgenommen wurden. Der Landesbetrieb Erziehung und Beratung (LEB) hatte zudem mit Personalproblemen aufgrund der Infekt- und Grippewelle zu kämpfen. Die Linken-Fraktionsvorsitzende Sabine Boeddinghaus hatte von einem „drohenden Kollaps“ gesprochen.
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Ob dieser sich wegen der nach wie vor unübersichtlichen Entwicklung in den Kriegs- und Konfliktgebieten vermeiden lässt, muss sich zeigen. Die Jugendlichen in Bahrenfeld sind zum überwiegenden Teil aus Syrien, Afghanistan, Iran oder Irak nach Hamburg gekommen. Mit der Betreuung dieser jungen Menschen hat Sternipark bereits Erfahrungen gesammelt. In Schleswig-Holstein seien seit dem Jahr 2015 rund 350 junge Menschen betreut worden. Dort habe es auch mit Handwerkskammer und Arbeitsagentur Programme gegeben, sie an Ausbildungen, Praktika und Jobs heranzuführen.
Das sagt die Sternipark-Chefin zu Bedenken gegenüber jungen Flüchtingen
Sternipark-Geschäftsführerin Moysich sagte: „Wir versuchen, gemeinsam mit der Stadt Hamburg der großen Not entgegenzuwirken.“ Den Bedenken gegenüber jungen Migranten tritt Moysich mit klaren Vorstellungen entgegen.
Die Diskussion um die Angriffe auf Polizisten und Rettungskräfte zu Silvester in mehreren Städten hat sie verfolgt. Sie sagt: „Die Jugendlichen müssen vom ersten Tag an integriert werden. Dazu gehört, Deutsch zu lernen.“ Die Geflüchteten wollten sich auch integrieren lassen. „Man muss ihnen dazu die Hand reichen und sie als Chance sehen.“
Dass aufgrund der demografischen Entwicklung in einer alternden Gesellschaft Zuwanderung nach Deutschland notwendig ist, gehört inzwischen zum Katalog politischer Grundannahmen. Moysich sagt: „Wer 16 ist, kommt natürlich mit Träumen und Wünschen. Dennoch müssen wir die Geflüchteten auch in die Verantwortung nehmen.“
Privater Träger weiterhin auf der Suche nach Personal
Zu den Profis, die mit den Heranwachsenden arbeiten, zählen Betreuer, Sprachmittler und Pädagogen. Wie andere Träger ist Sternipark weiter auf der Suche nach Personal. Bei 900 Mitarbeitern in Hamburg und Schleswig-Holstein zählt Sternipark mit 20 Kitas in Hamburg zu den großen privaten Trägern.
Unterdessen geht die Sozialbehörde davon aus, dass sich in Hamburg 32.000 Geflüchtete aus der Ukraine befinden. 18.000 Menschen seien im Laufe des vergangenen Jahres in eine öffentliche Unterkunft verlegt worden. In diesem Jahr sollen weitere Unterkünfte hinzukommen.