Hamburg. In Hoheluft-Ost sollen Fußgänger mehr Platz bekommen – zum Ärger vieler Autofahrer. Protest bei Anwohnern und einigen Politikern wächst.
Nach Paragraf 12 der Straßenverkehrsordnung (StVO) ist die Sache eindeutig: Strafzettel, 55 Euro. Liegt gar eine Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer vor, kann das Bußgeld auf bis zu 100 Euro steigen und ein Punkt in der Verkehrssünderkartei hinzukommen. Trotzdem ist das Parken, bei dem das Auto (teilweise) auf dem Gehweg abgestellt wird an vielen Straßen in Hamburg gängige und vor allem geduldete Praxis – besonders in den dicht besiedelten Vierteln.
Das soll sich im Bezirk Nord an der Husumer Straße in Hoheluft-Ost sowie anderen Straßen des Viertels künftig ändern. Bereits Ende 2021 wurde mehrheitlich gegen Stimmen aus der CDU und FDP in der Bezirksversammlung beschlossen, dass die Straßen so umgestaltet werden sollen, dass das illegale Parken auf dem Gehweg zukünftig nicht mehr möglich ist. Der Beschluss führt allerdings auch zu einigem Unmut.
Ein Urteil aus Bremen stärkt die Gegner des aufgesetzten Parkens
Nun, wo der Protest bei Anwohnern und einigen Politikern immer mehr wächst, hat Bezirksamtsleiter Michael WernerBoelz (Grüne) die Angelegenheit zur Chefsache gemacht und spricht sich erneut für eine Ahndung des Parkens auf dem Gehweg an einigen Straßen aus. Ein aktuelles Urteil des Oberverwaltungsgerichts Bremen stärkt ihm und anderen Gegnern des sogenannten aufgesetzten Parkens bei ihrem Vorhaben den Rücken.
Michael Werner-Boelz sagt dazu unter anderem: „Viel zu lang wurde dieses illegale Verhalten der Pkw-Halter- und Halterinnen stillschweigend geduldet.“ Vor allem für viele mobilitätseingeschränkte Fußgänger sei die künstliche Verengung auf den Gehwegen eine Zumutung, so der Behördenleiter weiter. Sollte das Bremer Urteil seine Wirkung entfalten, sei das ein „echter Hoffnungsschimmer“, sagt er.
Im Dezember hatte das dortige Oberverwaltungsgericht entschieden, dass die Stadt Bremen das aufgesetzte Parken nicht mehr ignorieren darf, wenn sich Bewohner darüber beschweren. Unklar ist in Bremen allerdings noch, wie die Konsequenzen aussehen könnten. Das liegt daran, dass eine genaue Urteilsbegründung des Gerichtes aussteht. Auch eine Revision des Urteils ist noch möglich. Dann würde in letzter Instanz das Bundesverwaltungsgericht entscheiden – mit aus heutiger Sicht unklarem Ausgang, aber sicher mit entsprechender Signalwirkung für ganz Deutschland.
Im Bezirk Nord soll indes am kommenden Montag erneut über das Thema gesprochen werden, in einer Sondersitzung des Regionalausschusses Eppendorf-Winterhude. Auf der Tagesordnung steht unter anderem der aktuelle Stand der Planungen, dazu gehören auch Stellungnahmen von Anwohnern, die sich in den vergangenen Wochen zu dem neuen Fußwegekonzept äußern konnten. Darunter: Befürworter der Pläne, aber auch Kritiker.
Anwohner haben eine Petition gegen den Wegfall von Parkplätzen initiiert
Mit dabei dürften auch die Stimmen einer Petition sein, die zwei Anwohner im Dezember gestartet hatten. Es sind mehrere Hundert Stimmen für die Beibehaltung der aktuellen Parkgewohnheiten. Denn die haben, so die Befürworter, einen klaren Vorteil: Es finden deutlich mehr Autofahrer einen Stellplatz, wenn die Autos weiterhin quer zur Straße und mit den Vorderrädern auf dem Gehweg geparkt werden dürfen.
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Nach Recherchen der Anwohner würden bei einer Änderung an der Husumer Straße mehr als 100 Parkplätze wegfallen, im Abendrothsweg sogar 115 und insgesamt 80 in weiteren Straßen. Irmela Bartling, Abgeordnete der CDU in der Bezirksversammlung, ergänzt: „Es sind Parkplätze, für die auch keine Alternativen geplant sind.“ Sie befürchtet, dass sich durch die Suche nach einem Parkplatz zudem der Verkehr erhöht. Bartling: „Wir würden befürworten, wenn die Autos schräg und an geeigneten Stellen quer zur Straße parken könnten und nicht längs abgestellt werden müssen. So würden deutlich weniger Stellplätze wegfallen.“
Die Grünen im Bezirk stehen unterdessen an der Seite des Bezirkschefes. Timo B. Kranz kritisiert: „Der heutige Zustand ist die Folge aus der autozentrierten Politik von vor 30 Jahren.“ Wie Werner-Boelz verweist Kranz auf die Rechtslage. Dabei bekommt er Rückendeckung der Polizei: „Da in der Husumer Straße das Halten und Parken nicht explizit durch Verkehrszeichen geregelt ist, gilt das Halten und Parken am rechten Fahrbahnrand. Sollte es dazu kommen, dass Kraftfahrzeuge auf dem Gehweg parken, und dazu zählt auch der unbefestigte Randstreifen, liegt ein Verstoß vor“, so ein Sprecher der Polizei. Er sagt allerdings auch, dass dem zuständigen Kommissariat keine Bürgerbeschwerden in Hinblick auf Verstöße vorliegen.
Die Sondersitzung des Regionalausschusses im Großen Sitzungssaal (Robert-Koch-Straße 17) ist öffentlich. Sie beginnt am Montag, 16 .Januar, um 19 Uhr.