Hamburg. Zu langsam, zu unambitioniert: Hamburgs Bürgermeister fordert schnelleren Ausbau und will Vorschläge für Standorte der Anlagen machen.

Der Ausbau der Windenergie geht Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher zu langsam voran. „Zeitlich zu unambitioniert“ sind dem SPD-Politiker die Pläne des Bundes, die bis 2032 reichen und den Bau von 100 zusätzlichen Windanlagen in der Hansestadt vorsehen.

„Aus meiner Sicht sind zehn Jahre bis 2032 eine viel zu langfristige Perspektive. Auch das Zwischenziel 2026 ist zu spät“, sagte Tschentscher. Dies sei deutlich schneller zu schaffen. „Ich dränge darauf, dass wir in Hamburg sehr bald Vorschläge für die erforderlichen Standorte machen, den Bau der Anlagen genehmigen und dann auch umsetzen.“

Windenergie: Umweltsenator Jens Kerstan sieht es anders

Wenn die Standortvorschläge vorliegen, werde sich zeigen, wer wirklich für Klimaschutz eintrete, sagte Tschentscher. „Man kann nicht ständig für mehr Klimaschutz demonstrieren und dann in der praktischen Umsetzung sagen, hier geht es nicht und dort geht es nicht.“ Der Bürgermeister hatte zuletzt bei den Grünen, seinem Koalitionspartner in der Regierung, für Irritationen gesorgt, weil er sich Windräder auch in Naturschutzgebieten vorstellen kann. Laut Tschentscher sei dies zwar ein Eingriff, „aber es ist in der Lage, in der wir sind, in der Interessen- und Zielabwägung vertretbar“.

Das sieht insbesondere Umwelt- und Klimasenator Jens Kerstan (Grüne) anders, unter dessen Zuständigkeit die Angelegenheit fällt. Paragraf 23 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes zufolge sind „alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten”. Auch Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen, der im Hafengebiet Potenzial für Windräder sieht, stellte sich gegen die Forderung.

Tschentscher will bis auf „ganz wenige Vorbehalte“ alles infrage stellen

Tschentscher sieht sich bei seiner Forderung aber auf einer Linie mit Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt von den Grünen. Dieser sei wie er der Auffassung, „dass wir bis auf ganz wenige Vorbehalte wie die Abstände zur Wohnbebauung alles infrage stellen müssen und dass die Inanspruchnahme aller denkbaren Flächen jetzt geprüft und angegangen werden muss“. Goldschmidt habe ausdrücklich betont, dass sich das notfalls auch auf Flächen beziehen müsse, die unter Naturschutz stünden.

Flächenländer müssen in Deutschland 2,0 Prozent ihrer Landesfläche für Windkraftanlagen reservieren. Das werde nicht funktionieren, wenn nicht auch die Stadtstaaten wenigstens ihre Vorgaben von 0,5 Prozent der Fläche erfüllten.

Schon jetzt fragten Landräte aus dem Umland, was denn die Hansestadt mache, die ja diese ganze Energie in Anspruch nehme. „Insofern ist es auch aus politischen Gründen wichtig, dass wir unseren Anteil zur Lösung des Problems beitragen und uns nicht herumdrücken“, so Bürgermeister Tschentscher.