Hamburg. Die Bürgerschaftsfraktion wehrt sich nach einem Medienbericht gegen eine Forderung von Christian Olearius.

Im Cum-Ex-Skandal um die Hamburger Warburg-Bank entwickelt sich eine neue juristische Auseinandersetzung. Die Linken-Fraktion in der Bürgerschaft sieht sich „unter Beschuss“, wie sie am Mittwoch erklärte. Anlass ist eine Unterlassungsforderung, die Michael Nesselhauf, Anwalt des Warburg-Gesellschafters Christian Olearius, an die Fraktion schickte.

Das Schreiben zielt auf Formulierungen in einer Pressemitteilung der Linken vom 22. Dezember, wonach es „neue Spuren“ gebe, „dass Bundeskanzler Olaf Scholz ein weiteres, bisher verschwiegenes Treffen mit dem Warburg-Banker Christian Olearius in dessen Privathaus hatte“. Die Putzkraft von Olearius solle Scholz dort erkannt haben.

Die Linken-Fraktion bezog sich damit nach eigenen Angaben auf die erste Fassung eines „t-online“-Artikels. Dieser sei von anderen Medien aufgenommen worden. Der Autor des Artikels sagt, er stütze sich auf einen Vermerk der Generalstaatsanwaltschaft Köln zu einem Anrufer, der von dem Hausbesuch erfahren haben wollte.

Cum-Ex-Skandal: Die Linke lehnt die Forderung ab

In der Unterlassungsforderung schreibt Olearius’ Anwalt den Linken zufolge: „Die Behauptung ist falsch und verletzt das Persönlichkeitsrecht unseres Mandanten.“ Sie sollten diese Darstellung nicht mehr wiederholen und richtigstellen. Die Linken ließen die gestellte Frist allerdings verstreichen und lehnen die Unterlassungsforderung ab.

„Olearius versucht, mit einem juristischen Feuerwerk Aufklärung zu verhindern“, sagte Norbert Hackbusch, Linken-Obmann im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zum Cum-Ex-Skandal. Diese „Angriffe“ bereiteten der Fraktion erhebliche Umstände und verursachten Kosten für juristische Unterstützung, so Hackbusch. „Das Ziel liegt auf der Hand: Kritiker:innen einschüchtern und mundtot machen und den Medien die Lust am Recherchieren nehmen in diesem Sumpf aus kriminellen Aktivitäten und Steuerbetrug.“

Auf Unterlassungsforderung gegen T-Online verzichtet

Den besagten Artikel hat „t-online“ inzwischen um einen Absatz ergänzt, in dem Olearius’ Anwalt den kolportierten Hausbesuch dementiert. Michael Nesselhauf sagte am Mittwoch auf Abendblatt-Anfrage, er habe deshalb auf eine Unterlassungsforderung gegen „t-online“ verzichtet. „Es hat weder ein privates noch ein dienstliches Treffen zwischen Scholz und Olearius in dessen Privathaus gegeben – nie.“ Seine Kanzlei bereite eine Antragsschrift vor und werde damit weiter juristisch gegen die Linken-Fraktion vorgehen.

Die Linken-Fraktion teilte am Mittwoch mit, ihr Anwalt habe auf die Unterlassungsforderung geantwortet, die Fraktion habe „keine Veranlassung, an der Richtigkeit der von ihr in Bezug genommenen Medienberichte zu zweifeln“, sondern gehe von „deren Richtigkeit und der Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflichten der beteiligten Journalisten aus. (...) Dies gilt erst recht, weil diese Behauptung nicht in einer singulären Recherche eines Medienhauses aufgestellt, sondern auch in anderen Presseorganen wiederholt und bestätigt wurde“. Einer Klage würde die Fraktion „gelassen entgegensehen“. Das eigentliche Ziel der Pressemitteilung sei gewesen, „darauf zu drängen, dass dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss die dem Medienbericht zugrunde liegenden Akten der Staatsanwaltschaft Köln zur Verfügung gestellt werden“, erklärten die Linken.

Bundeskanzler Olaf Scholz soll erneut befragt werden

In dem PUA der Bürgerschaft geht es um Aktien-Deals der Warburg-Bank zulasten des Staates und die Frage, ob der damalige Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz oder sein Nachfolger Peter Tschentscher (beide SPD) Einfluss auf die Entscheidung des Finanzamtes genommen haben, Steuern nicht zurückzufordern. Scholz hatte bei zwei Vernehmungen im PUA betont, dass er sich an drei Treffen mit Warburg-Vertretern in den Jahren 2016 und 2017 nicht mehr erinnere.

Aus den erst kürzlich veröffentlichten Protokollen zweier Befragungen vor dem Bundestags-Finanzausschuss geht jedoch hervor, dass Scholz 2020, damals als Bundesfinanzminister, offenbar doch noch Erinnerungen an eines der Treffen hatte. Die Unions-Fraktion im Bundestag will den Kanzler daher erneut im Finanzausschuss befragen.

Cum-Ex-Skandal: Forderung gegen Warburg-Bank wurde fallen gelassen

Cum-Ex-Geschäfte hatten den Zweck, sich Kapitalertragsteuern erstatten zu lassen, die man nie gezahlt hatte. Der bundesweite Schaden für den Fiskus ging in die Milliarden. Ein Hamburger Finanzamt wollte die Warburg-Bank 2016 auffordern, 47 Millionen Euro zurückzuzahlen. Die Gesellschafter sprachen zweimal bei Scholz vor, der sie an den damaligen Finanzsenator Tschentscher verwies. Kurz darauf wurde die Forderung fallen gelassen. 2017 kam es zu einem ähnlichen Fall. Diesmal griff das Bundesfinanzministerium ein und wies Hamburg an, 43 Millionen Euro zurückzufordern.

Scholz und Tschentscher haben mehrfach beteuert, keinerlei Einfluss auf die Steuerverfahren genommen zu haben. Es sei kein Schaden für die Stadt entstanden, da Warburg vor Gericht verurteilt wurde und die gesamte Summe erstattet habe.