Hamburg. 2022 durften Künstler in der „Villa Salomon“ arbeiten. Doch Otto Wulff plant hier einen Neubau. Eine Initiative möchte das verhindern.
Eingezwängt zwischen mächtigen Büroneubauten wirkt sie wie aus der Zeit gefallen: die 1890 von einem Hamburger Fabrikanten errichtete Villa am Salomon-Heine-Weg. Bis vor Kurzem (und in fünfter Generation) wurde in einem der historischen Anbauten das Speiseeis der Firma Eis Schmidt hergestellt. 2020 wurde das Ensemble verkauft. Neuer Eigentümer ist die Baufirma Otto Wulff – und die will auf dem Grundstück gegenüber dem Eppendorfer Mühlenteich im kommenden Jahr ein Büro- oder Ärztehaus bauen.
Dagegen gibt es jetzt Protest – und die Idee, die Villa als Kulturort zu erhalten. Denn im vergangenen Jahr durften namhafte Künstler Villa und Produktionshalle nutzen. Und spätestens mit einer Ausstellung der Galerie Affenfaust im September wurde die „Villa Salomon“, wie die Kulturschaffenden den Ort getauft haben, ein Anziehungspunkt für Kunstliebhaber und -interessierte. „Warum diese Villa Büroräumen weichen muss, ist unverständlich – davon gibt es doch mehr als genug“, sagt Keyvan Taheri von der Linksfraktion Hamburg-Nord, der selber Kunstmaler ist. „Viel wichtiger dagegen sind Mikro-Orte für sozio-kulturelle Nutzungen, an denen sich die Menschen gerade in den heutigen Krisenzeiten mit Kunst und schönen Dingen beschäftigen können.“
Immobilien Hamburg: Initiative könnte in „Villa Salomon“ Kulturort betreiben
Taheri will mit Gleichgesinnten eine Lösung zum Erhalt der Villa finden. Durch eine Anfrage an den Bezirk will er herausfinden, wie weit die baurechtliche Entwicklung des Grundstücks ist, und die Politik dafür gewinnen, sich für einen Erhalt der Villa einzusetzen. Auch Otto Wulff will er davon überzeugen. „Dieses Hamburg prägende Unternehmen könnte im Sinne Salomon Heines handeln. Der wohlhabende Hamburger Kaufmann war Wohltäter seines Neffen Heinrich Heine – und hat damit ja auch die Kultur sehr gefördert.“ Taheri schwebt vor, dass die „Villa Salomon“ durch eine private Initiative betrieben wird, der die Firma Otto Wulff das Gebäude kostendeckend zur Verfügung stellt. „Hier könnten Künstler arbeiten und Ausstellungen und Konzerte stattfinden“, sagt er. „Und das Gute: Anwohner würde nicht gestört, da es in der Nachbarschaft nur Bürogebäude gibt.“
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Der zwei Jahre gültige Bauvorbescheid für den sechsstöckigen Bürobau plus Tiefgarage wurde im September 2021 erteilt. Otto Wulff müsste also in diesem Jahr seine Planungen zu dem Grundstück abschließen. Noch befinde sich das Unternehmen „in der Entwicklungsphase für eine Neu-Entwicklung des Grundstücks“, teilte eine Sprecherin mit. „Gemeinsam mit dem Bezirk werden die möglichen Nutzungen planungsrechtlich überprüft, darunter auch eine Nutzung für medizinische Zwecke.“ Das Bezirksamt betont, dass es sich bei der Flächen um ein Gewerbegebiet handele, in dem „gewerbliche Nutzungen allgemein“ zulässig seien.
Immobilien Hamburg: Grüne halten Weiternutzung auch für ökologisch sinnvoll
Da die Villa keine besondere bauhistorischen Ausstattung aufweist und im Laufe der Zeit baulich verändert wurde, ist sie nicht denkmalgeschützt. Kristina Sassenscheidt vom Denkmalverein meint dennoch: „Eine kulturelle Nutzung der Villa hätte den großen Vorteil, dass die historischen Räume weiterhin öffentlich zugänglich und dadurch erlebbar blieben.“ Unabhängig von der Nutzung wäre es auch baukulturell und ökologisch am sinnvollsten, die Villa zu erhalten und weiter zu nutzen. Dieser Meinung ist auch der Fraktionschef der Grünen in Hamburg-Nord, Timo B. Kranz. „Grundsätzlich freuen wir uns immer, wenn alter Gebäudebestand kreativ genutzt und nach Möglichkeit auch saniert und aufgewertet statt abgerissen wird, da dies einen deutlich nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen bedeutet.“ Letztlich, betont er, sei dies aber immer eine Entscheidung der Eigentümer.