Hamburg. FBI, Sorgerechtsstreit, verweigerte Koffein-Tabletten vor Gericht: Der Prozess gegen eine Hamburger Ärztin geht spektakulär weiter.

„Es fing sehr schön an.“ Tom B. (alle Namen geändert) sagt diesen Satz gleich zweimal, wenn er erzählt, wie er seine Ex-Partnerin Dr. Lena V. kennenlernte. Nach Schilderung des 56-Jährigen war es eine Beziehung mit manchen Höhen, später aber vor allem Tiefen – eine Partnerschaft, in der Lena V. zuletzt vor allem feindselig gewesen sei. „Es wurde immer schlimmer.“ Bis die Beziehung in eine Katastrophe mündete – und am Ende der Plan gestanden haben soll, Tom B. durch einen Auftragskiller beseitigen zu lassen.

Das Paar, das dieses perfide Vorhaben ausgeheckt und mit düsteren Komplizen aus dem Darknet umzusetzen versucht haben soll, muss sich vor dem Schwurgericht wegen versuchter Anstiftung zum Mord verantworten. Angeklagt ist die frühere Partnerin von Tom B., die Ärztin Lena V., und deren Ehemann, der Unternehmer Timo V. Sie sollen im Frühjahr 2022 zweimal den Mord an ihrem Ex-Partner in Auftrag gegeben haben, so die Staatsanwaltschaft.

Auftragskiller? FBI kam Hamburgern auf die Schliche

Bei beiden Manövern sollen sie auf einer vermeintlich für solche mörderischen Machenschaften spezialisierten Website Foto und Adresse des avisierten Opfers mitgeteilt und die Bezahlung in Form von Bitcoins in die Wege geleitet haben. Allerdings: Die Website war nicht von professionellen Killern, sondern von Betrügern eingerichtet worden.

Nachdem sie das Geld erhalten hatten, verschwanden sie auf Nimmerwiedersehen in den undurchsichtigen Pfaden des Darknets. Den mutmaßlichen Auftraggebern indes kamen Ermittler des FBI und schließlich das Hamburger Landeskriminalamt auf die Spur. Das Motiv für den meuchlerischen Plan war nach Überzeugung der Anklage ein Streit um das Sorgerecht für die sechs Jahre alte Tochter von Lena V. und Tom B.

Streit um die gemeinsame Tochter eskalierte

Das mutmaßliche Opfer schildert nun als Zeuge, dass zu Beginn seiner Beziehung mit Lena V. Euphorie sowie das Glück einer gemeinsam Tochter, die ein „absolutes Wunschkind“ gewesen sei, dominiert haben. Doch Lena V. habe sich allmählich verändert, habe geschwankt zwischen Misstrauen und Aggression. Schließlich trennte sich das Paar.

Von März 2021 an, kurz nachdem Lena V. ihren späteren Mann Timo kennengelernt hatte, habe sie immer energischer versucht, ihm den Umgang mit der Tochter zu verwehren, erzählt Tom B. Doch ein Gericht habe schließlich entschieden, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei ihm, dem leiblichen Vater, liegen solle. Damit sei seine Ex-Partnerin überhaupt nicht zurechtgekommen.

Angeklagte soll vor Gericht Koffein-Tablette schlucken

Bevor Tom B. aussagte, hatte Lena V. sich zur Anklage geäußert. Sie tat es unter Ausschluss der Öffentlichkeit — weil die 49-Jährige offenbar unter einer psychischen Erkrankung leidet. Während der Aussage ihres Ex-Partners wirkt Lena V. teilnahmslos. „Sie hat nicht mitbekommen, was der Zeuge gesagt hat“, erklärt ihre Verteidigerin einmal.

Als ein Arzt, der den Gesundheitszustand der Angeklagten im Blick behalten soll, ihr eine Koffein-Tablette anbietet, möchte Lena V. diese nicht schlucken. „Warum verweigern Sie die Tablette?“, möchte die Richterin wissen. Doch Lena V. antwortet nicht. Sie starrt nur vor sich hin.

Der Prozess wird fortgesetzt.