Hamburg. Ukraine-Krieg, Energiekrise und Klimawandel: Viele Jüngere leiden unter Ängstlichkeit. Welche Kinder besonders betroffen sind.

Im dritten Jahr der Pandemie leidet noch jedes vierte Kind unter psychischen Auffälligkeiten, insbesondere unter Ängstlichkeit. Das betrifft vor allem Mädchen und Jungen, deren Eltern stark belastet sind, die nur über beengten Wohnraum verfügen, eine vergleichsweise geringe Bildung und/oder einen Migrationshintergrund haben.

Das geht aus der fünften Befragung der bundesweiten COPSY-Studie (Corona und Psyche) des Uniklinikums Eppendorf (UKE) hervor. Die ihr zugrunde liegende repräsentative Stichprobe umfasst mehr als 1000 Kinder und Jugendliche im Alter von elf bis 17 Jahren. Psychische Auffälligkeiten sind nicht gleichzusetzen mit einer klinischen Dia­gnose für psychische Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen, die behandelt werden sollten. Allerdings können psychische Auffälligkeiten auf eine psychische Erkrankung hindeuten.

Psychische Gesundheit: "Es besteht dringender Handlungsbedarf"

Im Vergleich mit 2020 und 2021 sei die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zuletzt weniger stark eingeschränkt gewesen, erklären die Forschenden um Ulrike Ravens-Sieberer, Professorin für Kinder- und Jugendpsychiatrie am UKE. Ihrer Studie zufolge hatte während des zweiten Lockdowns zum Jahreswechsel 2020/21 jedes dritte Kind mit psychischen Auffälligkeiten zu kämpfen. Bei den ersten beiden COPSY-Befragungen im Jahr 2020 hatte fast die Hälfte der jungen Befragten angegeben, eine geminderte Lebensqualität zu haben. Dagegen sagten dies „nur“ noch rund 27 Prozent bei der fünften Befragung, die im September und Oktober 2022 stattfand.

Dennoch liegen den Forschenden zufolge Werte für bestimmte psychische Auffälligkeiten wie Ängstlichkeit, Unruhe und Aggressivität immer noch über denen vor der Corona-Pandemie. Das gelte auch für psychosomatische Beschwerden wie Schlafprobleme. Jedes zweite Kind sei mindestens einmal wöchentlich von Kopf- oder Bauchschmerzen betroffen. „Es besteht dringender Handlungsbedarf, den belasteten Kindern und Jugendlichen zu helfen, damit sie psychisch wieder gesunden und im späteren Erwachsenenleben keine Langzeitschäden entwickeln“, sagte Ulrike Ravens-Sieberer. Sie schlägt etwa vor, mehr Psychologen und Sozialarbeiter in Schulen einzusetzen.

Neue Auslöser für psychische Probleme bei Kindern

Nur Symptome für Depressivität wie Traurigkeit und Verzweiflung seien wieder auf das Niveau vor der Pandemie gesunken, erklären die Forschenden. Sie vergleichen die Werte aus ihrer Studie mit vorpandemischen Werten der „Befragung zum seelischen Wohlbefinden und Verhalten“, die zur Kiggs-Langzeitstudie des Robert-Koch-Instituts gehört.

Corona bereitet Kindern und Jugend­lichen mittlerweile weniger Sorgen: zehn Prozent der Befragten gaben an, dass sie die Pandemie und Einschränkungen als seelisch belastend empfinden. Bis zu 44 Prozent der Befragten treiben andere Krisen wie der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, die hohe Inflation, die Energiekrise und der Klimawandel um. Hilfe bei Kinderärzten sollten Eltern suchen, wenn ihre Kinder länger unter psychischen Auffälligkeiten und Beschwerden wie Schlafproblemen leiden und wenn Eltern selbst damit nicht mehr klarkommen, rät Ulrike Ravens-Sieberer.