Hamburg. Anlässlich des heutigen „Tages der Ergotherapie“ schildert eine Expertin, was bei Dauermüdigkeit und Migräne zu tun ist.

Mit dem Herbst ist Corona zurückgekehrt, auch in Hamburg ist die Inzidenz in den vergangenen sieben Tagen deutlich gestiegen (wir berichteten). Aus Mandy Linsenbarths beruflichem Alltag war die Virusinfektion jedoch nie verschwunden, denn seit mehr als anderthalb Jahren kümmert sich die Ergotherapeutin mit ihren vier Kollegen im Ambulanten Therapiezentrum Heidberg um Patienten, die als zwar genesen gelten, jedoch schwer unter den gesundheitlichen Langzeitfolgen ihrer jeweiligen Erkrankung leiden. Und das sind viele.

Viele Patienten sind von Langzeitfolgen betroffen

Laut Robert-Koch-Institut (RKI) werden allein unter Erwachsenen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten, bei 37,6 Prozent Wochen nach überstandener Infektion Symptome festgestellt, die unter Long Covid zusammengefasst werden. „Wir sehen Patienten, die über Kurzatmigkeit klagen, die chronisch müde sind, wenig Ausdauer haben und sich nicht mehr konzentrieren können“, sagt Therapieleiterin Mandy Linsenbarth in dieser neuen Podcast-Folge.

Dabei kämen mitnichten nur Patienten, bei denen die Erkrankung heftig verlief. „Im Gegenteil, die deutliche Mehrheit schildert einen eher milden Verlauf. Es sind Frauen wie Männer zwischen 20 und 50 Jahren, die sonst komplett gesund sind und die vor Corona voll im Leben standen.“ Doch jetzt könnten die meisten dieser Betroffenen ihren Alltag nicht mehr bewältigen.

"Patienten müssen lernen, auf den eigenen Körper zu hören"

Ziel der Ergotherapie sei es, den Patienten zu helfen, ihre individuelle Belastungsgrenze zu erkennen. Experten sprechen von dem 3P-Prinzip: priorisieren, planen, Pacing, also das eigene Tempo erlernen. „Viele machen ja erst mal so weiter wie früher: Job, Haushalt, Kinder. Anfangs hoffen alle, die Müdigkeit gehe vorüber, die Kopfschmerzen hörten auf. Man denkt, man sei eben noch ein bisschen angeschlagen“, sagt Mandy Linsenbarth.

Doch irgendwann würden beispielsweise die Migräneattacken so heftig, dass ein Weitermachen unmöglich sei. „Die Patienten müssen lernen, Aufgaben zu delegieren, die Wäsche auch mal liegen zu lassen und auf den eigenen Körper zu hören – und zwar bevor er schrillend Alarm schlägt.“ Kleine „Achtsamkeitsauszeiten“ seien wichtig, sagt die Expertin. „Die müssen gar nicht lange andauern. Manchmal reicht es schon, das Fenster zu öffnen und bewusst ein paar Atemzüge zu nehmen.“ Wie lange ein Patient in Behandlung sei, hänge sehr von der individuellen Verfassung ab.

Ergotherapie – effektiver Baustein in der Long-Covid-Behandlung

Dass Ergotherapie ein wichtiger und offenbar auch sehr erfolgversprechender Baustein bei der Behandlung von Long Covid ist, wird auch dadurch deutlich, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung sich vor einiger Zeit mit den gesetzlichen Krankenkassen darauf geeinigt hat, dass Hausärzte Ergotherapie „budgetneutral“, also ohne ihr Budget zu belasten, verordnen dürfen. „Wir beobachten große Erfolge, und das ist es auch, was mich jeden Tag motiviert und an meinem Traumberuf begeistert“, sagt die gebürtige Thüringerin, die mit Mann und zwölfjährigem Sohn in Bargteheide lebt.

So schildert sie beispielsweise den Fall einer Mittdreißigerin, die vor ihrer Corona-Erkrankung eher 120 Prozent gearbeitet habe, jedoch nach der Infektion arbeitsunfähig gewesen sei. „Das ist natürlich auch für die Psyche eine enorme Belastung, so derartig ausgebremst zu werden. Viele fühlen sich plötzlich schwach und unbrauchbar.“ Der Patientin habe Ergotherapie im Paket mit anderen Behandlungen jedoch so sehr geholfen, dass sie wieder in ihren alten Job zurückkehren wird, so die erfahrene Ergotherapeutin, deren Berufswunsch schon mit 15 Jahren feststand.

Vielen Patienten in Heidberg leiden unter Long Covid

Die Zahl der Patienten mit Long Covid mache im Ambulanten Therapiezentrum in Heidberg einen hohen Prozentsatz aus, aber selbstverständlich würden weiterhin auch andere Patienten behandelt werden. „Wir haben uns besonders auf die Behandlung erwachsener Patienten spezialisiert, insbesondere in den Fachbereichen Handchirurgie, Rheumatologie und Neurologie“, sagt Mandy Linsenbarth.

Den entsprechenden Podcast "Die digitale Sprechstunde" können Sie hier anhören.