Hamburg. Mehrere Sperrungen geplant. Viele Baustellen wegen Sanierung. Personal dringend gesucht. Auch der Nachschub an Fahrzeugen stockt.
Hamburgs Autofahrer müssen auch im kommenden Jahr tapfer sein. Das Autobahnnetz rund um Hamburg wird weiter saniert, Baustellen und mehrere Elbtunnelsperrungen werden unvermeidlich sein, kündigt Carsten Butenschön, Direktor der Autobahn GmbH des Bundes, Niederlassung Nord, im Gespräch mit dem Abendblatt an.
Dabei sind die Rahmenbedingungen nicht gerade einfach. Die Autobahngesellschaft sucht dringend Personal, vor allem Ingenieurinnen und Ingenieure für Brücken- und Straßenbau. Der Markt sei ziemlich leer gefegt, „wir freuen uns auch sehr, wenn junge Ingenieurinnen und Ingenieure und Berufseinsteigende anfangen wollen“, sagt der Direktor und wirbt damit, damit dass die Jobs krisensicher seien: „Wer bei uns anfängt, hat ein großes, langes Programm vor sich“. Auch Teilzeit sei problemlos möglich.
Verkehr Hamburg: Autobahngesellschaft übernahm Aufgaben von den Ländern
Bis Ende 2020 hatten die einzelnen Bundesländer die Autobahnen im Auftrag des Bundes verwaltet und Personal und Ressourcen bereitgestellt. In den vergangenen Jahren vor dem Wechsel sei viel liegen geblieben, sagt Butenschön. Deshalb sei nun viel aufzuarbeiten: „Derzeit investieren wir drei Viertel in den Bestand und nicht in den Neubau.“ 700 Mitarbeiter seien für derzeit 750 Kilometer Autobahn und weitere 250 Kilometer an Ausbau- und Neubaustrecken (A 20, A 26, A 39) zuständig. „Wir sind die kleinste Niederlassung im vorhandenen Netz, aber haben die meisten Neubaustrecken“, sagt Butenschön. Die Niederlassung Nord mit den Außenstellen Stade, Lüneburg, Lübeck und Rendsburg nahm als Pilotprojekt bereits im Januar 2020 die Arbeit auf, seit Januar 2021 arbeiten bundesweit zehn Niederlassungen, die nun für Planung, Bau, Betrieb und Erhalt der Autobahnen zuständig sind.
Mit der Bilanz für das laufende Jahr ist Butenschön zufrieden: „Wir hatten 170 Millionen Euro Umsatz, haben rund 1000 Bauwerke geprüft, 35 Brückenbauwerke instand gesetzt und 72 Kilometer Autobahn saniert oder grundinstand gesetzt.“
Was sich die Niederlassung Nord vorgenommen hat
Das Dreieck Hamburg-Norderelbe soll im Zuge des A-1-Ausbaus komplett neu gebaut werden, inklusive Norderelbbrücke und Süderelbbrücken. „Das wird in den 30er-Jahren komplett neu gebaut und das alte Dreieck abgerissen“, so Butenschön. Auch am Maschener Kreuz müssen seinen Angaben zufolge in den kommenden zehn Jahren viele Brückenbauwerke erneuert werden. Im Jahr 2023 wird die Fahrbahn Richtung Norden im Frühjahr erneuert, das soll vor den Sommerferien beendet sein. Die Fahrbahn von Nord nach Süd wurde in diesem Jahr neu gemacht. Zwischen Billstedt und dem Kreuz Ost wird im September 2023 zudem der offenporige Asphalt 2023 erneuert.
Die A 23 wird im kommenden Jahr ab Anfang März 2023 in Richtung Süden von Halstenbek-Krupunder bis zum Dreieck Nordwest grunderneuert, außerdem wird der OPA auf dem schleswig-holsteinischen Stück von Rellingen nach Halstenbek saniert. Im kommenden Jahr bekommen 7,5 Kilometer Autobahn auf der A 23 eine neue Fahrbahn. Diese Arbeiten sollen bis Ende 2023 fürs erste fertiggestellt werden. Seit Juli wurde die A 23 in der Gegenrichtung rund um das Dreieck Nordwest bis kurz vor Halstenbek-Krupunder auf einem vier Kilometer langen Teilstück saniert, weil die Autobahn in einem schlechten Zustand war bzw. Richtung Süden noch ist, und soll noch vor Weihnachten fertiggestellt werden.
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Die Arbeiten auf der A7 gehen weiter
Auf der A 261 wird vom Dreieck Hamburg-Südwest bis Landesgrenze in Richtung Süden die Deckschicht der Fahrbahn erneuert.
Die A 39 wird von Handorf bis Winsen-Ost in Fahrtrichtung Hamburg grundinstand gesetzt. Zwischen Winsen-West und Winsen-Ost wurde die Fahrbahn in diesem Jahr erneuert.
Auch die Arbeiten an den Brücken südlich des Elbtunnels und rund um den A-7-Deckel in Altona werden weiterlaufen. „Das läuft. Für das, was da bautechnisch von der Projektgesellschaft Deges im Auftrag der Autobahn umgesetzt wird, läuft der Verkehr noch gut“, sagt er. Ein Problem seien oft die Lastwagen. „Sie kommen den Elbtunnel nicht hoch“, sagt Butenschön. „Sie fahren den Tunnel runter, geben jedoch im Anstieg zu spät Gas und werden dann immer langsamer. Damit bremsen sich Lkw selbst aus.“
Mit den drei Elbtunnelsperrungen in diesem Jahr, die längste gab es mit 79 Stunden im November, ist Butenschön zufrieden. „Wir hatten großen Respekt vor der 79-Stunden-Sperrung. Ein großes Lob an die Hamburger, Logistiker und an die Nutzer, dass sie die Warnungen ernst genommen haben. Die Sperrung wäre nicht so gut gelaufen, wenn alle ins Auto gestiegen wären. Das war eine gute Gemeinschaftsleistung.“
Die erste Elbtunnelsperrung kommt wohl im März – 55 Stunden
Auf der A 7 wird es im kommenden Jahr erneut wohl mehrere Sperrungen geben. Die erste vermutlich im März – ein genaues Datum steht noch nicht fest. „Wir sind gerade in finalen Koordinierungsgesprächen“, sagt der 53-Jährige. Es werde 55-Stunden-Sperrungen geben, aber keine mit 79 Stunden mehr. „Im Wesentlichen muss noch ein letzter Brückenabbruch erfolgen, Träger aufgelegt und die entsprechende Tunnelzelle betoniert werden, damit wir im kommenden Jahr die Querungen Altonas über die A 7 leistungsfähig haben. Es läuft ja so, dass die alten Brückenbauwerke – Osdorfer Landstraße, Beringstraße, Bahrenfelder Straße – dem Tunnel weichen müssen.
An diesen Stellen werden die Bauarbeiten des Tunnels vorgezogen. Das ist eine andere Bauweise als bei den ersten Lärmschutztunneln.“ Man habe halbseitig die Brücken weggebrochen, damit der Verkehr weiterfließen kann, das sei technisch höchst anspruchsvoll. Parallel seien die ersten Tunnelzellen gebaut worden, genau dort, wo die Querungen sind. „Dann können wir nämlich die zweite Brückenhälfte wegreißen, damit man dort den Deckel einbaut und den Verkehr da über die Tunnelzelle führt. Damit bleibe der Verkehr von West nach Ost in die Innenstadt leistungsfähig. Das heißt, dass wir nachher, wenn die Tunnelröhren gebaut werden, weniger Vollsperrungen brauchen.“
Sobald eine Röhre fertig ist, wird es leiser
Jetzt sei „die harte Zeit“, sagt Butenschön. Sobald die erste Röhre fertig gebaut sei, planmäßig 2026, werde der Verkehr in den Tunnel verlegt, danach werde die zweite Röhre gebaut, die 2029 voraussichtlich befahrbar sein soll. „Aber wenn der Verkehr in der ersten Röhre ist, wird es verkehrlich leichter und vor allem leise.“
Die Herausforderungen an der A 7 seien beträchtlich: „Wir haben Altona als Riesenbaustelle im Norden, die Verbreiterung der Hochstraße K 20 und die Ersatzneubau-Brücke K 30 – und genau dazwischen den Elbtunnel. Dort bauen wir gleichzeitig noch die Tunnelbetriebszentrale komplett um.“ Im sogenannten Elbtunnelkompetenzzentrum wird der Betrieb von acht Tunneln gesteuert werden, neben dem Elbtunnel die Tunnel von Altona, Stellingen und Schnelsen, aber auch der Krohnstiegtunnel, der Wallringtunnel, die Unterführung beim Hamburger Flughafen, Lübeck-Moisling und künftig den Fehmarnsundtunnel und den Glückstadt-Tunnel.
100 Brücken müssen erneuert oder saniert werden
Von etwa 2730 Bauwerken im Zuständigkeitsbereich der Niederlassung Nord, zu denen beispielsweise Lärmschutzwände, Brücken, aber auch Verkehrszeichenbrücken zählen, sind etwa 1300 reine Brückenbauwerke. Viele davon sind marode.
Butenschön spricht von einem Zehnjahresprogramm, innerhalb dessen mehr als 100 Brücken erneuert oder grundhaft saniert werden müssen. Etliche davon hingen mit dem Deckel Altona oder dem Ausbau der A 1 zusammen, „insofern relativiert sich die Zahl dann ein bisschen. Im Rahmen der regelhaften Brückenprüfungen werden Mängel ersichtlich, insofern kann sich der Umfang der notwendigen Maßnahmen auch noch ändern. Bis zu den einzelnen Maßnahmen müssen wir die Brücken so schonen, dass sie nicht frühzeitig kaputt gehen, sondern dass wir unser Bauprogramm so auslegen können, dass wir immer einen Fahrweg für den Verkehr offen haben. Deshalb achten wir auf deren Belastung, damit sie nicht durch Schwerlasttransporte überlastet werden.“
Für den Winterdienst gibt es eine Taskforce
Der Winter verlange den Mitarbeitern besonders viel Einsatz ab, sagt Butenschön. Rund die Hälfte der 700 Beschäftigten arbeitet im Betriebsdienst, etwa in den Straßenmeistereien, die derzeit auch den Winterdienst machen. Derzeit gebe es dort viele Krankenstände. „Wir haben bundesweit eine Taskforce, damit wir das im Griff behalten und uns bei Bedarf auch gegenseitig unterstützen. Die Taskforce trifft sich alle zwei Wochen. Autobahnen sind Teil der kritischen Infrastruktur und müssen nutzbar bleiben. Wenn viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichzeitig ausfallen, gebe es unterschiedliche Eskalationsebenen. Im äußersten Ernstfall bleibe auf dem Überholstreifen nach der Ersträumung der Schnee auch mal liegen.
Die Verkehrsleitzentrale wird künftig auch von der Niederlassung Nord betrieben, derzeit sei sie noch bei der Polizei Hamburg angesiedelt, sagt Butenschön. Von diesem Kontrollraum aus werden alle Geschwindigkeitsanzeigen und Ausweichrouten geschaltet. In ganz Deutschland werde bundesweit ein Verkehrskorridor-Management aufgebaut, das die Verkehrssituation auswertet und auf den großen Autobahnanzeigen immer den idealen Weg anzeigt. Wenn dann beispielsweise die A 7 gesperrt sei, werde man frühzeitig umgeleitet. Dafür würden Zählschleifen auf den Fahrbahnen eingebaut, „das wird mehr Effizienz in das vorhandene Netz bringen“, sagt Butenschön.
Verkehr Hamburg: Hohe Preise und Materialknappheit bringen Probleme
Neben den Personalengpässen hat auch die Autobahn Gesellschaft Probleme mit gestiegenen Preisen und Materialknappheit: „Wir hatten Probleme bei Materialien für Lärmschutzwände, da sind wir von Holz notgedrungen auf Aluminium umgestiegen, weil Aluminium zu bekommen war, Holz nicht“, sagt der Direktor.
Was aber noch gravierender sei, seien die Probleme bei der Beschaffung von Lkw für den Schneeräumdienst. „Die sind bestellt, aber haben unheimlich lange Lieferfristen, etwa anderthalb, zwei Jahre. Da muss man sich dann zu helfen wissen. Das ist auch ein Vorteil einer bundesweiten Gesellschaft, dass wir auch mal vom Starnberger See, wenn die einen aussortieren, diesen übernehmen können.“ Manche Länder hätten in den vergangenen Jahren nicht mehr so intensiv in den Fuhrpark investiert. Man warte auf 13 Neufahrzeuge, etwa 40 seien im Einsatz.