Hamburg. Journalist Hajo Schumacher und Expertin Katrin Hinrichs räumen mit Vorurteilen auf. Warum das Vorspiel auch ein Hauptgang sein kann.
Bei dem einen geht es um Rechtsmedizin und Kriminalfälle, bei dem anderen um unser Sexualleben. Immer im Wechsel finden Sie an dieser Stelle zwei unserer erfolgreichsten Podcasts.
Heute geht es bei „Ich frage für einen Freund“, dem Sex-Podcast für Erwachsene mit Journalist Hajo Schumacher und der Sexualtherapeutin Katrin Hinrichs um etwas, das in Deutschland nach Angaben von Statistikern durchschnittlich etwa fünf bis zehn Minuten dauert: das Vorspiel.
Sexualität: Vorspiel zu Unrecht schlecht beleumundet
Katrin Hinrichs seufzt: „Ich befürchte, viele Leute sind schneller unterwegs.“ Und auch wenn nicht vorausgesetzt werden kann, dass jede und jeder bei Umfragen wie dieser ehrlich antwortet, ist Journalist Schumacher überrascht. Er hätte den Liebespaaren hierzulande etwas mehr Ausdauer zugetraut: „Das ist doch nur etwa die Dauer eines Roland-Kaiser-Songs.“ Darüber, dass das Vorspiel völlig zu Unrecht schlecht beleumundet ist, sind sich die Experten einig. Warum das so ist, wollen sie in dieser Folge herausarbeiten und gleichzeitig mit ein paar Mythen aufräumen.
„Ich höre in meiner Praxis oft, dass Menschen sagen, jetzt muss ich mich da auch noch abrackern“, sagt Katrin Hinrichs. Für viele Paare sei das Vorspiel nur eine Schanze zum Sex. Zum Penetrationssex, wohlgemerkt, denn der sei für zahlreiche Männer und Frauen immer noch der „richtige“ Sex. „Und dabei kommen idealerweise beide Partner gleichzeitig zum Höhepunkt“, ergänzt Schumacher ein altes wie großes Missverständnis.
"Es kämpft sich schlecht mit einer Erektion“
Weil Vorstellungen wie diese noch immer weit verbreitet sind, bedarf das Vorspiel dringend der Rehabilitation. Zuallererst sei einmal Lockerlassen angesagt. Denn wer sich unter Druck gesetzt fühlt, hat keine Lust mehr. „Wer sich gestresst fühlt, sollte erst einmal in einen entspannten Modus kommen. Denn im Stress ist der Körper auf Kampf, flüchten oder erstarren eingestellt. Es kämpft sich schlecht mit einer Erektion“, erläutert Katrin Hinrichs, die eine, für manche vielleicht neue, Information parat hat: „Auch Vorspiel ist schon Sex!“
Um den genießen zu können, sollten sich Paare Begegnungen schaffen, die offen sind, ohne Erwartungsdruck. Und, am besten etwas außerhalb der Routine. Also das Gegenteil von Ihnen vielleicht bekannten Auftaktsätzen à la „Soll ich dir die Schulter massieren?“
Auch ein spielerisches Vorspiel macht Lust
Passend dazu steuert Hajo Schumacher eine Anekdote bei, die illustriert, wie positiv sich das Element der Überraschung auf das Sexleben auswirken kann. „Zwei Paare waren zu einer Motto-Party eingeladen, und in Vorbereitung auf das Fest verbrachten die Paare drei Stunden damit, sich immer wieder neu zu verkleiden, zu schminken, zu lachen, Schaumwein zu trinken und eine gute Zeit zu haben. Manche Kostüme waren auch ganz schön sexy. Später stellten sie fest, dass die Party nicht ansatzweise so toll war wie die Zeit vorher.“
Wer spielerisch mal etwas Neues ausprobiert, überrascht nicht nur Partner oder Partnerin, sondern auch sich selbst. Und wer weiß, vielleicht entdecken Sie ja ganz neue Möglichkeiten, Lust und Genuss zu steigern?
Ein erotisches Drehbruch kann von Vorteil sein
Katrin Hinrichs rät, sich nicht auf bestimmte Praktiken festzulegen, sondern zu schauen, was in der jeweiligen Situation anmacht. Dann könne auch das Vorspiel gewissermaßen auch mal die Hauptspeise sein. „Ich frage für einen Freund, und er sagt, es klappt bei ihm und seiner Partnerin nicht richtig mit dem Vorspiel. Was kann da helfen?“, möchte Schumacher wissen.
Hilfreich sei, so die Expertin, sich zu fragen, was Sex eigentlich für einen ausmacht, welche Bedürfnisse er befriedigt. Für diejenigen, die nun neugierig geworden sind, aber nicht so richtig wissen, wie und wo sie anfangen sollen, hat Katrin Hinrichs einen konkreten Tipp. Sie empfiehlt jeder und jedem, mal ein erotisches Drehbuch zu schreiben. Stößt es beim bevorzugten Gegenüber auf Zustimmung, einfach ausprobieren..
Wie man das Vorspiel aufwerten kann
„Hast du eine Idee, wie man das Vorspiel aufwerten kann?“, fragt Schumacher. „Wie wäre es, einen privaten Chatraum aufzumachen zwischen den Partnern?“, fragt Katrin Hinrichs zurück. „Da kann eine Menge passieren.“ Die Sexualtherapeutin möchte Paare dazu verführen, wieder mehr ins Tun zu kommen. Dabei könnten Komplimente als Türöffner fungieren. Hajo Schumacher steuert noch einen Vorschlag bei.
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„Wie wäre es, wenn ein Mann mal seinen ganzen Mut zusammennimmt und alle Unterhosen, Badehosen und Shorts zu Hause auf einen Haufen schmeißt und sie der Dame des Hauses, die es sich gemütlich macht, vorführt? Sie darf entscheiden, was rausfliegt und was bleiben darf. Das kann lustig sein, denn vermutlich werden manche Stücke ziemlich unterschiedlich beurteilt. Außerdem wird nebenbei Schrank oder Schublade leerer, und man erfährt, was der oder die andere wirklich gut findet. Und es animiert zum offenen Gespräch. Alles in allem könnte es als Vorspiel dienen.“
Sexualität: "Es braucht Mut und Offenheit"
Die Expertin ist begeistert. „Eine super Idee, aber das ist schon etwas für Fortgeschrittene, denn es braucht eine Menge Vertrauen und Offenheit, um ehrlich zu sein.“ Aber eine solche Beziehung ist die beste Basis für ein Liebesleben, das beide erfüllt und glücklich macht.